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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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einen Lumpenhaufen, doch als sie sich bückte, um ihn aus der Nähe zu betrachten, wurde urplötzlich die Tür auf gestoßen und…
    ***
    Auf der Schwelle standen sechs Gestalten mit gezückten Säbeln!
    Suúna sah extrem weiße Augäpfel und Zähne, die in den pechschwarzen Gesichtern geradezu leuchteten, und hörte ein empörtes Schnauben aus mehreren Kehlen.
    Mit einer schnellen Bewegung entledigte sich Suúna des Gewichts auf ihrem Rücken. Noch bevor der Edelstein zu Boden schlug – was die schwarzen Frauen entsetzt aufschreien ließ –, griff sie an: Ihre Linke schoss vor und packte den Kragen der ersten Gestalt. Ihre Rechte drosch auf den Unterarm ein, der den Säbel hielt. Die Wache stieß einen Schmerzensschrei aus und der Säbel fiel mit einem Klirren auf den Steinboden.
    Suúna zerrte ihre Gegnerin über die Schwelle, wirbelte sie herum und umschlang ihren Hals von hinten. Mit der Rechten zog sie einen der an ihrem Gurt baumelnden Dolche.
    Die fünf restlichen Wachen schrien durcheinander und gingen in Stellung, als sie sahen, dass der unbekannte Eindringling ihrer Gefährtin eine Messerspitze an den Hals drückte. Schießen konnte Suúna hier nicht, ohne sich fünf Dutzend Vermummte auf den Hals zu laden.
    »Okee, ihr habt gewonnen«, versuchte es Suúna auf die gütliche Tour. »Behaltet euren Stein und werdet glücklich damit. Ich verschwinde jetzt. Vor dem Tor lasse ich eure Freundin frei. Bleibt, wo ihr seid, und keinem passiert was.«
    Es schien zu funktionieren: Die berobten Gestalten verharrten und ließen ihre Waffen sinken. Suúnas Herz tat einen Sprung. Zwar musste sie das Riesenjuwel aufgeben – vorerst! –, aber zumindest hatte sie eine Chance, hier lebend wieder raus zu kommen.
    Au…! Ein stechender Schmerz durchzuckte plötzlich die Hand, die die Kehle der Geisel umfasste. Er tat so weh, dass Suúna sie mit einem Schrei zurückzog.
    Im gleichen Moment fuhr die Geisel herum. Suúna sah ein grünes Licht in deren weißen Augen blitzen, dann traf sie ein brachialer Kinnhaken, der Myriaden von Sternen vor ihren Augen tanzten ließ.
    Die Wachen vor der Tür schrien und wichen zurück. Suúnas Kinnlade sank herab. Sie war benommen und breitete verdutzt die Arme aus. Schon sah sie beide Fäuste ihrer ehemaligen Geisel – dem Gesicht nach war sie höchstens siebzehn Winter alt – auf sich zukommen.
    Der Schlag, der sie traf, war von solch unmenschlicher Kraft, dass ihr der Dolch entfiel und sie wie ein kleines Kind nach hinten wankte. Klatsch! Klatsch! Klatsch! Beinharte Haken und Tritte, die auch der schwarze Umhang nicht zu dämpfen vermochte, trafen Suúnas Körper an den unmöglichsten Stellen.
    Ihre Beine gaben nach. Halb besinnungslos spürte sie, dass sie mit dem Rücken gegen die Wand knallte.
    Aber das war nicht der Grund für den Schmerz, der sich wie die Spitze eines Eispickels in Suúnas Hirn bohrte. Sie sah – die rasende Fahrt durch die dunstige Umhüllung des Planeten, zerrende Kräfte und die Ablösung vom Wandler, – den vernichtenden Aufprall, das Eintauchen in die Kruste, den Verlust des Kontakts mit den anderen, – das langsame Abkühlen, das Abschwellen der Lähmung, die Verarbeitung der Erkenntnis, allein allein allein zu sein, – die zaghafte Analyse, die aufgrund der Vereinzelung fragmentarisch ausfiel und demgemäß zu keinem befriedigenden Ergebnis führte, – dann das behutsame Abtasten der Umwelt, der Schreck angesichts der klimatischen Verhältnisse, die Verwunderung angesichts der Flora und Fauna, – der langsam keimende Mut, erste Manipulationen, zahllose Fehlschläge, denen ebenso zahllose Frustrationen folgen, – dann wieder das Gefühl des Alleinseins, der Verlorenheit, über Eiszeiten, Tod und Verderben des größten Teils der Flora und Fauna hinweg, – das Warten auf das Heranwachsen neuer Spezies; neue Versuche der Anpassung, ausnahmslos Fehlschläge, und wieder das Warten, Warten, Warten, das endlose Warten auf die Resultate der neuen Versuche und Manipulationen, – der Ausbruch des Irrsinns in den Versuchsreihen, die Verzweiflung und…
    – kleine Erfolge: Bewusstseinskontrolle begabter Primärrassenvertreter, Ausnutzung ihrer körperlichen Kräfte zu eigenem Nutzen, der Aufstieg zur Gottheit (amüsant, aber nicht anders zu erwarten), – Expeditionen, immer neue Erkenntnisse, rasanter Anstieg des Wissen, Analyse ständig neuer Gefahren, – dann, vor kurzem erst: ein fernes Signal vom Wandler, unbändige Freude, aber fast zugleich das Wanken

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