1701 - Templer-Mirakel
Suchende und Findende. Wir sind Menschen, die sich zusammengetan haben und die Antwort fanden.«
Ich blieb weiterhin gelassen, als ich fragte: »Und wo haben Sie die Antwort gefunden?«
»Nicht hier!«, erklärte er voller Stolz.
Die Antwort stellte mich nicht zufrieden. Ich zweifelte daran, ob sie der Wahrheit entsprach. Deshalb fragte ich: »Warum bin ich dann hier?«
Er gab mir eine knappe Antwort. »Weil Südfrankreich ein wenig zu weit entfernt ist.«
Ich bekam keine heißen, sondern große Ohren. Auch musste ich schlucken.
Die Überraschungen hörten nicht auf. Plötzlich hatte sich ein anderes Fenster aufgetan, aber ich musste nicht mal zu sehr überrascht sein. Mit Südfrankreich konnte nur die Gegend um Alet-les-Bains gemeint sein, denn dort lebten Godwin de Salier und seine Templerbrüder, und ich stand hier in einer Templerkirche.
Zudem musste ich daran denken, dass ich Godwin nicht erreicht hatte. Niemand wusste, wo er sich aufhielt, was ungewöhnlich war. Auch Sophie war nicht zu sprechen gewesen, und ich brauchte nicht viel Fantasie, um mir da einiges zusammenzureimen.
Eines stand fest: Es gab also eine direkte Verbindung zwischen London und Südfrankreich.
»Überrascht, Mister Sinclair?«
»Ein wenig schon.«
»Es freut mich, dass man auch Sie noch überraschen kann.« Er nickte mir zu. »Ich kann Ihnen sagen, dass es eine perfekte Verbindung zwischen London und Südfrankreich gibt. Man muss auch über die Grenzen der Länder hinweg denken. International und nicht national. Wir sitzen in einem Boot.«
»Und wer rudert?«, fragte ich.
Harding lachte. »Wir geben die Kommandos, das ist doch klar.«
»Wer ist wir?«
»Ein mächtiger Mann, der eine besondere Weitsicht besitzt. Er heißt Pierre Cassel. Er ist Chef eines Fast-Food-Konzerns und hat sich in Frankreich eine gewisse Machtposition aufgebaut. Er ist also sehr nahe am Geschehen. Ich arbeite mit ihm wunderbar zusammen. Gemeinsam haben wir an dem großen Plan gebastelt und ihn zur Perfektion gebracht. Nichts kann uns mehr aufhalten. Das ewige Leben wartet auf uns.«
Schon wieder hatte er dieses Phänomen erwähnt. Ich wusste selbst nicht, ob ich ihn ernst nehmen konnte. Das ewige Leben war etwas Besonderes. Vielleicht auch etwas Beruhigendes. Damit gab man den Menschen Trost. In den Religionen wurde das ewige Leben als Hoffnung gebraucht, und dieser Mann hier sollte einen Weg gefunden haben, um es zu finden? Das war mir schon suspekt. Das konnte ich nicht glauben, und Harding sah mir an, dass ich zweifelte.
»Sie halten alles für übertrieben, was ich sage?«
»Ein wenig schon«, gab ich zu. »Mit Begriffen wie dem ewigen Leben spielt man nicht. Man kann es hier nicht auf der Erde erringen. Jeder Mensch muss sterben. Erst dann wird sich herausstellen, ob es für ihn das ewige Leben gibt. Aber Beweise dafür habe ich noch nie gefunden, so leid es mir tut. Und jetzt kommen Sie und behaupten, das ewige Leben gefunden zu haben oder den Weg dorthin.«
»Sicher, Mister Sinclair. Davon nehme ich auch nichts zurück. Wer von uns weiß schon, was im Heiligen Land alles passiert ist? Damals vor gut zweitausend Jahren. Dort hat sich eine Menge ereignet. Nicht alles ist an die Öffentlichkeit gelangt, und man weiß auch nicht alles über das, was einige Jahrhunderte später bei den Kreuzzügen geschah. Die Templer haben vieles gesehen und viel erlebt und sie haben nicht alles preisgegeben. Es gibt Geheimnisse, die sie für sich behalten haben und die erst jetzt ans Tageslicht kommen.«
»Und Sie glauben tatsächlich, ewig leben zu können?«
»Sonst stünde ich nicht hier.«
»Und wie? Was hat das Heilige Land damit zu tun, von dem Sie sprachen?«
»Es ist die Geburt und der Tod gewesen. Eine Zeit, in der viel geschah. Auch noch nach dem Tod. Das haben die Templer später entdeckt, unter anderem Ihr Freund de Salier.«
»Geht es um diesen Extrakt?«
»He, Sie wissen ja schon etwas.«
»Sonst stünde ich nicht hier.«
Harding lachte. »Das ist wohl wahr. Und es ist auch wahr, dass dieses Geheimnis eines bleiben soll. Nur wenige Auserwählte sollen davon Kenntnis haben. Ich gebe zu, dass Sie die Spur schon recht gut verfolgt haben und einer Lösung nahe gekommen sind. Das kann ich leider nicht zulassen.«
Das Gespräch spitzte sich zu. Irgendwie hatte ich damit gerechnet und war auch nicht überrascht. Dieser Harding war nicht eben mein Freund, obwohl er jetzt lächelte, wie ich im Licht meiner Lampe erkannte. Es war das Lächeln des
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