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1703 - Todesbezirk der Abruse

Titel: 1703 - Todesbezirk der Abruse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erreicht.
    Mit dem Ellbogen zerschlug der Techniker die Sicherungsscheibe, dann preßte er den dicken roten Knopf in die Fassung. Durch diese Notschaltung wurde der Reaktorblock sofort zum Stillstand gebracht; er war für den äußersten Notfall und das komplette Versagen der Syntron-Steuerung gedacht.
    Während das Zucken der Entladungen sich abschwächte, ging plötzlich wieder das Licht an, die Bordkommunikation setzte ein - ein Mißklang gräßlicher Geräusche, wie Carl Liramm sie nie zuvor gehört hatte. Krachen und Scheppern, ein schrilles, in den Ohren schmerzendes Zischen, gellende Rufe und Schreie aus allen Lautsprechern, dazwischen die unverkennbare Stimme der Bordsyntronik, die offensichtlich unsinnige Kommentare zum besten gab.
    Carl Liramm war Experte genug, um sofort zu wissen, daß die ODIN schwerstens getroffen worden war; das Ausmaß der Schäden war einstweilen überhaupt noch nicht zu übersehen.
    Er wandte den Blick nach oben. Zwanzig Meter über ihm krallte sich Tonya an den stählernen Verstrebungen fest. Sie hatte die Zähne zusammengebissen, um nicht vor Angst und Entsetzen zu schreien.
    „Festhalten, Tonya!" brüllte Carl Liramm in die Höhe. „Ich hol' dich da herunter!"
    Noch hatte die künstliche Schwerkraft nicht wieder eingesetzt. Theoretisch hätte Tonya Carls Manöver nachmachen können. Aber sollte ausgerechnet während der wenigen Sekunden, die der Flug durch die Luft andauerte, die Schwerkraft wieder aktiv werden, würde sie in den sicheren Tod stürzen.
    „Ich bin in Ordnung!" rief Tonya herunter; ihre Stimme zitterte. Carl konnte sehen, daß ihre Haare einen feuchten roten Schimmer aufwiesen, wahrscheinlich war sie am Kopf verletzt.
    „Bitte nicht", murmelte Carl Liramm und kämpfte mit den Tränen.
    „Bitte nicht noch einmal ..."
    Die Schwerkraft kehrte mit unglaublicher Wucht zurück. Carl wurde mit unwiderstehlicher Gewalt auf den Boden gedrückt, und er begriff sofort, was sich abspielte. Mertus Wenig ließ die ODIN beschleunigen - ohne Andruckabsorber oder künstliche Schwerkraft.
    Er beschleunigte zwar mit minimalen Werten - bezogen auf die Leistungsfähigkeit der Triebwerke. Aber der Antrieb der ODIN war darauf berechnet, daß die Beharrungskräfte von der Bordmaschinerie abgefangen wurden. Das war jetzt nicht der Fall, und so schlugen einige gungemildert durch und setzten den Menschen zu.
    „Wahnsinn!" stieß Carl Liramm hervor.
    Es war ein Manöver, geboren aus der reinen Verzweiflung. Wer bisher an Bord keinen festen Halt gefunden hatte, wurde jetzt mit ungeheurer Wucht auf den Boden und gegen die Wände geschmettert; Verletzte und sicher auch Tote waren die unvermeidliche Folge.
    Wenn Mertus Wenig ein solch brutales Manöver startete, dann mußte es um die ODIN äußerst schlecht bestellt sein, dann stand das Schiff kurz vor der endgültigen Vernichtung.
    Carl Liramm blickte nach oben. Tonya hing schlaff und reglos zwischen den Stahlstreben. Carl konnte Blut herabtropfen sehen.
    Einige schrecklich lange Minuten blieb der Beschleunigungsdruck konstant, dann setzte wieder die Schwerelosigkeit ein. Die ODIN hatte sich offenbar vom Gegner absetzen können.
    Carl Liramm zögerte keinen Augenblick. Diese Gelegenheit mußte genutzt werden.
    Er stieß sich ab, streckte die Arme nach vorne und flog wie ein menschliches Geschoß hinauf zu Tonya. Er fing die Landung ab, krallte sich fest.
    Tonya war bewußtlos, ihr Gesicht blutverschmiert. Ein Griff an den Hals, an die Schlagader. Sie lebte noch, ihr Herz schlug schnell und kräftig.
    Carl packte Tonya mit dem rechten Arm und stieß sich abermals ab. Er brauchte nur eine halbe Sekunde, dann hatte er den Boden erreicht. Er verstauchte sich den Knöchel dabei, aber was zählte das in diesem Augenblick?
    Vorsichtig - die fehlende Schwerkraft brachte alle Bewegungen durcheinander - legte er Tonya auf dem Boden ab. Ihr Gesicht war eine Schreckensmaske aus Weiß und Rot.
    Carl tastete mit den Fingerspitzen behutsam ihren Kopf ab. Er fand zwei Platzwunden, aber nichts, was auf schwere Verletzungen hindeutete.
    Selbst wenn ihn jemand hätte sehen können, wäre es ihm egal gewesen, daß Tränen über sein Gesicht liefen.
    Langsam ebbte das akustische Chaos ab, die Alarmsirenen verstummten, entweder weil es keinen Grund mehr für Alarm gab oder weil jemand den infernalischen Lärm einfach abgestellt hatte. Aus den panischen Schreien und Rufen war ein Stöhnen und Wimmern geworden.
    „Ruhig, Tonya, ganz ruhig!" flehte Carl Liramm

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