1707 - Das Rätsel der toten Bücher
Leben selbst in die Hand nehmen, auch noch als Student. So etwas ging ihm durch den Kopf, denn es gab genügend Bekannte und Kommilitonen, die diesen Weg bereits gegangen waren.
Nicht, dass er sein Zuhause und seine Eltern nicht gemocht hätte, doch auch sein Vater hatte von einem bestimmten Zeitpunkt an das Elternhaus verlassen und sich auf die eigenen Beine gestellt. Darüber hatte Johnny bereits einige Male mit Bill gesprochen, ohne ihn dabei mit konkreten Plänen zu konfrontieren.
Bei der kleinen Fete war das Thema wieder aufgekommen. Von mehreren Seiten war Johnny gefragt worden, ob er nicht auch in eine eigene Wohnung ziehen wollte. Oder in eine WG mit anderen Leuten zusammen, denn das gehörte heutzutage einfach dazu.
Eine klare Antwort hatte Johnny Conolly nicht geben können. Er hatte nur genickt und auch die Schultern gehoben und so alles in der Schwebe gelassen.
Auf dem Weg nach Hause kehrte dieses Problem zurück. Eine Wohnung zu finden war nicht das große Problem. Er machte sich mehr Sorgen darüber, wie wohl seine Eltern reagieren würden.
Johnny war ein Conolly. Seine Mutter und auch sein Vater waren vom Schicksal heftig gebeutelt worden, denn immer wieder zog es sie in Fälle hinein, die mit der Normalität nichts zu tun hatten. Auch Johnny hatte das von klein auf erlebt. Nicht grundlos war sein damaliger Freund eine Wölfin mit menschlicher Seele gewesen, die sehr auf ihn aufgepasst hatte.
Später hatte die Wölfin Nadine dann eine neue Heimat gefunden. Auf der geheimnisvollen Nebelinsel Avalon, und so war Johnny allein geblieben. Allerdings unter dem Schutz seiner Eltern stehend, die immer wieder in manchen Horror gerieten. Es war eben ihr Schicksal, gegen das sie nichts tun konnten.
Johnny war älter geworden. Er hatte die Gefahren oft genug am eigenen Leib erleben müssen, aber in ihm waren auch der Wille und die Kraft gewachsen, auf eigenen Beinen stehen zu wollen. Er fühlte sich alt und stark genug, und es sollte ja erst mal bei einem Versuch bleiben, wobei ihm schon eine kleine Wohnung vorschwebte, die man ihm angeboten hatte. Sie war möbliert, er musste nicht viel mitnehmen, sich aber in den nächsten Tagen entscheiden. Und er musste mit seinen Eltern reden. Genau davor fürchtete er sich. Er überlegte, was wohl sein Vater sagen würde. Bei seiner Mutter war das klar. Sie würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie von seinem Vorhaben hörte.
Sein Vater Bill würde Verständnis für ihn zeigen. Schließlich hatte auch er sich abgenabelt, aber auch er würde Johnny nicht ohne Bedenken ziehen lassen und ihn an das Schicksal oder auch den Fluch der Conollys erinnern.
Egal, wie die Dinge auch liefen, einfach würde es nicht werden, aber darüber wollte Johnny erst mal nicht nachdenken. Und er hatte auch nicht vor, in dieser Nacht mit seinen Eltern zu reden. Doch lange durfte er damit nicht warten.
Der Bus fuhr nicht bis direkt zum Haus der Conollys. Er hielt nicht in der Straße, sondern in einer der Nebenstraßen. Den Rest der Strecke wollte Johnny zu Fuß zurücklegen.
Außer ihm befanden sich noch vier andere Mitfahrer im Bus. Müde Gestalten, die sich auch dann nicht von ihren Sitzen erhoben, als der Bus stoppte.
Es war die Haltestelle, an der Johnny aussteigen musste. Er schob sich in die Kälte, sah auf den Gehsteigen noch die Schicht aus Schnee liegen, die oben durch einen dünnen Film aus grauem Eis sehr glatt war.
Mit einem großen Schritt ließ Johnny die Fläche hinter sich, fand sicheren Stand und hörte, wie der Bus wieder anfuhr. Die schweren Reifen knirschten dabei im Schnee.
Er drehte den Kopf, um den Abgaswolken zu entgehen, und machte sich auf den Heimweg.
In dieser klaren Winternacht funkelten die Sterne besonders hell. Die Kälte biss in die Haut, und Johnny war froh, dass kein scharfer Wind wehte.
Er streifte die Wollmütze über. Seine Hände verschwanden in den Taschen der gefütterten Jacke, und so machte er sich auf den Weg nach Hause.
Er ging dabei leicht gebeugt. Allerdings nicht wegen seiner schweren Gedanken, sondern weil er auf den Weg achtgeben musste, denn die Gehsteige waren nicht eisfrei.
Auch das Licht der wenigen Laternen kam ihm kälter vor als sonst. Diese Nacht war schon eine besondere, obwohl sie nicht anders wirkte als die Nächte davor.
Aber Johnny hatte ein seltsames Gefühl, das er auch nicht los wurde. Es konnte auch sein, dass es mit seinen Gedanken zusammenhing, die seine Zukunft betrafen. Das spielte alles eine
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