1707 - Das Rätsel der toten Bücher
werden wir ja sehen, was er sagt.«
»Du gehst allein!«
Ihr Ton hatte sich geändert. Den letzten Satz hatte sie wie einen Befehl ausgesprochen, und das gefiel Johnny überhaupt nicht. Wie ihm auch die gesamte Szene nicht gefiel, die er hier erlebte. Sie war einfach zu unnormal. Er hatte damit seine Probleme, und er war sich sicher, hier keinen normalen Menschen vor sich zu haben. Niemand stellte sich in die Kälte und tat so, als wäre sie gar nicht vorhanden. Das war schon ungewöhnlich, und dafür gab es auch keine normale Erklärung.
Johnny hatte Raum zwischen sich und der Frau gelassen und die Person nicht angefasst, plötzlich aber spürte er das Bedürfnis. Er wollte einfach wissen, wen er vor sich hatte, und gab sich einen Ruck. Danach ging er vor. Er wartete darauf, dass Teresa zurückweichen würde, doch das tat sie nicht. Sie blieb stehen und Johnny stoppte dicht vor ihr, ohne sie allerdings zu berühren.
Sie sagte nichts mehr.
Auch Johnny schwieg. Er sah sie nur an. Er konzentrierte sich dabei auf das Gesicht und entdeckte noch immer keinen Atem vor ihren Lippen, was ihn noch stärker irritierte. Jetzt zögerte er auch, sie anzufassen. Die Berührung konnte etwas in die Wege leiten, was er möglicherweise bereuen würde.
»Hol die Bücher!«, flüsterte sie.
»Nein, nicht ich allein. Nur mit dir zusammen!«
»Das würde ich dir nicht raten.«
Johnny überwand sich selbst. Er gab keine Warnung ab, sondern stieß seinen rechten Arm vor, um die Schulter der Frau zu treffen. So wollte er sie aus dem Weg räumen.
Er traf – und spürte keinen Widerstand. Durch den Schwung wurde Johnny nach vorn getrieben und verlor leicht den Überblick. Dafür bekam er den harten Tritt mit, der seine Beine traf.
Johnny schaffte es nicht, sein Gleichgewicht zu halten. Zudem trat er auf eine glatte Stelle und fiel zu Boden. Seine Reaktionsfähigkeit war perfekt. Er rollte sich ab und nahm dem Aufprall die Wirkung.
Auf dem Bauch blieb er liegen. Gedanken rasten durch seinen Kopf, doch er wusste nicht mehr, an was er genau dachte. Er hatte die Gestalt namens Teresa unterschätzt, das war sein Pech gewesen.
Er hörte über und neben sich fremde Laute. Das stachelte seine Neugierde an, und er gab sich den nötigen Schwung, um sich auf die Seite zu drehen.
Das schaffte er beim ersten Anlauf und hatte so einen freien Blick.
Teresa war noch da.
Aber sie sah nicht mehr so aus, wie er sie erlebt hatte, denn sie war dabei, sich zu verändern …
***
Johnny kam sich vor, als wäre er von einem Eispanzer umfangen. Er konnte und wollte nicht glauben, was er da sah.
Teresa war keine Frau mehr. Sie wurde zu einem anderen Wesen. Eine Mutation. Ihr Kopf veränderte sich zuerst. Es hatte den Anschein, als würde er zerplatzen, aber das geschah in Wirklichkeit nicht. Es kam nur zu einer Veränderung, denn der sich in die Breite ziehende Kopf setzte sich aus verschiedenen Teilen zusammen. In einer schleimigen Masse bildeten sich schreckliche Fratzen, die sich aus Tiergesichtern und dämonischen Gestalten zusammensetzten. Es war ein wildes Durcheinander, als hätten sich mehrere Geschöpfe der Hölle zusammengetan, um einen Menschen durch ihren Anblick zu schocken.
Johnny lag auf dem kalten Boden und rechnete mit dem Schlimmsten. Er konnte den Blick nicht abwenden.
Er wartete auf den Angriff, der auch folgte. Der Körper blieb dabei normal, als sich die Gestalt zu ihm nieder beugte und zwei klauenartige Hände nach seinem Kopf fassten.
Johnny war zu langsam. Auch hätte ein Wegdrehen keinen Sinn gehabt, denn Teresa war schneller. Sie packte zu, und ihre Finger verkrallten sich in Johnnys Haar unter der Mütze.
Er wurde in die Höhe gerissen und verspürte einen wahnsinnigen Schmerz an seinem Kopf. Die Schädelplatte brannte und schmerzte auch noch, als die Hände ihn zur Seite schleuderten und wieder losließen.
Ein weiterer Angriff erfolgte nicht.
Jetzt lag er auf dem Boden, war weich gefallen, weil er in einem Schneehaufen gelandet war.
Er lag auf dem Rücken. Er hörte sich atmen. Aus dem halb geöffneten Mund drang ein wildes Keuchen, und es verging Zeit, bis er wieder zu sich fand.
Der Schmerz auf seinem Kopf ließ etwas nach. Er hatte Johnny Tränen in die Augen getrieben und für eine unklare Sicht gesorgt, was sich jetzt allmählich besserte.
Er sah, dass Teresa nicht verschwunden war. Sie stand in seiner Nähe. Nicht mehr als Monster, sondern als normale Frau, die in ihrer äußerlichen Harmlosigkeit nicht zu
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