1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
sehen müssen.«
»Gut, dann sind wir uns einig. Nur eines wundert mich und hat mich völlig überrascht. Es war dein Eingreifen und dass es dir mit dem kleinen Pfeil gelungen ist, ihn außer Gefecht zu setzen.«
»Das war nicht der Pfeil, sondern das Gift.«
»Genau. Er hat dagegen nichts ausrichten können. Er hatte kein Gegenmittel, denke ich.«
Die Voodoo-Queen lächelte, bevor sie fragte: »Ist er nicht ein Mensch, John?«
»Das schon.«
»Und zwar ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ich weiß nicht, gegen was er resistent ist, aber nicht gegen dieses Gift, das es auch nur einmal gibt, glaube ich. Es befindet sich in meinem Besitz. Es ist etwas Einmaliges. Solltest du mich nach der Zusammensetzung fragen, dann muss ich leider passen. Ich weiß es nicht. Es ist ein letztes Geschenk meines Meisters gewesen.«
»Und es ist unsere Chance.«
»Wie meinst du das?«
»Ich habe mein Kreuz. Es ist so etwas wie eine Weiße Macht, die sich gegen das Böse stemmt. Es ist uralt und hat die Zeiten überdauert, und mich als seinen Besitzer nennt man auch Sohn des Lichts.«
»Aha.« Sie lächelte und staunte. »Dann bist du praktisch auserwählt, gegen die Truppen der Finsternis zu kämpfen.«
»Ja, so kann man es ausdrücken. Aber so weit würde ich nicht greifen. Das hört sich zu heroisch an. Ich versuche nur, mein Bestes zu geben, und habe trotz allem meinen Optimismus nicht verloren, das gebe ich gern zu.«
»Kannst du denn gewinnen?«
»Nein, nicht wirklich, glaube ich. Man kann das Böse nicht vollends besiegen oder aus der Welt schaffen. Ich habe gelernt, dass es dazugehört. Es ist eben der Dualismus, dem man überall begegnet. Hier das Licht, dort die Dunkelheit. Aber ich kann versuchen, die andere Seite etwas in Schach zu halten. Ganz ausrotten lässt sie sich nicht, und wenn ich nicht mehr sein werde, wird hoffentlich ein anderer kommen und meine Aufgabe übernehmen.«
Marietta hatte schweigend und auch staunend zugehört. »Das ist mir neu«, gab sie zu. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass es jemanden gibt wie dich.«
»Dann kann ich nur sagen, dass uns das Schicksal zusammengeführt hat.«
»So würde ich es auch nennen.«
»Aber wir müssen bei den Tatsachen bleiben«, sagte ich.
»Ich weiß«, erwiderte sie. »Welche Chancen haben wir, um gegen diesen Feind bestehen zu können?«
»Man ist nie chancenlos.« Ich war mit meiner Antwort ein wenig ausgewichen.
»Das denke ich auch. Ist mir jedoch zu allgemein. Du besitzt das Kreuz, mit dem du Matthias in die Schranken weisen kannst, hoffe ich. Dann haben wir noch die Giftpfeile …«
Ich unterbrach sie. »Wie viele befinden sich noch in deinem Besitz?«
»Fünf.«
Für einen Moment zeigte ich mich überrascht. »Die müssten eigentlich reichen, wenn es zum Kampf kommt.« Dann stellte ich meine Antwort selbst infrage. »Allerdings weiß ich auch, wie gefährlich dieser Matthias ist. Luzifer hat ihn mit einer mörderischen Macht ausgestattet. Es wird keine leichte Aufgabe sein, das kann ich dir schon jetzt sagen. Er denkt auch nicht daran, aufzugeben. Ich rechne damit, dass er sich erst einmal von der Giftattacke erholen muss, und wenn er das geschafft hat, werden wir ihn wiedersehen.«
Marietta stimmte mir durch ihr Nicken zu. »Es fragt sich nur, wann das passieren wird.«
»Ich rechne noch mit dieser Nacht. Die meiste Zeit liegt noch vor uns, und ich kann nur hoffen, dass er sich auf mich konzentriert und die unschuldigen Menschen in Ruhe lässt.«
»Ich gehe davon aus.«
»Was macht dich so sicher?«
Die Voodoo-Queen verengte ihre Augen. »Ich kenne ihn zwar nicht so gut wie du, aber ich denke mal, dass er in diesem Fall wie ein Mensch reagiert. Wir haben ihn gereizt. Wir haben ihm seine Grenzen aufgezeigt. Das wird ihn wurmen. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Bewohner hier in Quimlin für ihn zweitrangig sind. Erst sind wir an der Reihe.«
»Das sehe ich auch so.«
Sie hob einen Daumen. »Du hast dein Kreuz, ich die Giftpfeile. Meinst du nicht, dass wir es damit schaffen können, ihm seine Grenzen anzuzeigen oder ihn zu vernichten?«
»Das wäre optimal.«
»Und wir hätten es bestimmt schaffen können, wären uns die Skelette nicht in die Quere gekommen. Sie haben uns abgelenkt, und diese Chance hat Matthias genutzt. Er konnte sich zurückziehen oder die Hölle hat ihn aus der Gefahrenzone geschafft.«
Ich konnte ihr nicht widersprechen und wollte auf das eingehen, was vor uns lag, als ich sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck
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