1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
veränderte. Sie hielt die Augen weit offen und schaute an mir vorbei, als hätte sie ein bestimmtes Ziel.
»Was ist los?«, flüsterte ich.
Marietta hob ihren rechten Arm, drückte ihn etwas zur Seite und deutete an mir vorbei.
Ich fuhr herum. Zugleich hörte ich Sukos Ruf, denn er musste es auch gesehen haben.
Ich war dann der Letzte, der es sah, und kam aus dem Staunen nicht heraus, denn vor uns schwebte – eingehüllt in einen blauen Schleier – der Höllenbote Matthias …
***
Es war keine Halluzination. Er schwebte tatsächlich vor uns, aber nicht dicht über dem Boden, sondern so hoch, dass er eine Dachhöhe erreicht hatte und noch etwas darüber.
»Er ist noch da«, murmelte die Voodoo-Queen. »Wie ich es mir gedacht habe. Aber er ist zu weit entfernt, als dass ich ihn mit einem Pfeil treffen könnte. Er wäre zudem immer schnell genug, um den Pfeilen auszuweichen.«
Matthias tat nichts. Er blieb zwischen Boden und Himmel. Aber ich sah auch, wie er sich plötzlich schüttelte und seinen Mund öffnete.
Und dann lachte er.
Es war ein wildes, schreckliches Gelächter, das er uns entgegenschickte und uns damit klarmachte, dass er noch längst nicht aufgegeben hatte. Er würde weitermachen, darauf mussten wir uns einstellen. Die Erscheinung blieb nicht lange bestehen. Sekunden nur, dann löste sie sich auf, und es war wieder alles wie zuvor. Mit dem einen Unterschied, dass Suko und Mandy Hill jetzt bei uns standen und uns anschauten, als erwarteten sie Antworten auf ihre unausgesprochenen Fragen.
Suko war es, der sprach und dabei nickte. »Ich denke, dass wir noch einiges zu erwarten haben, und das noch in dieser Nacht.«
»Ja«, sagte ich, »darüber haben wir schon gesprochen und können nur hoffen, dass er die Menschen hier in Ruhe lässt.«
»Das meine ich auch.« Suko legte eine Hand um die Schultern der Malerin. »Ich habe mit Mandy geredet. Sie möchte nach Hause. Sie denkt dabei auch an ihren Bruder, der sich dort aufhält und einen grauenhaften Preis hat zahlen müssen.«
»Ja, ja«, stimmte sie Suko zu. »Das ist so. Ich denke an meinen Bruder. Ich will wissen, ob er noch lebt. Und wie er lebt. Vielleicht kann ich ihm helfen.«
Die Idee traf unsere Zustimmung. Hier wurden wir nicht mehr gebraucht. Als ich Mandy Hill sagte, dass wir gehen würden, da konnte sie plötzlich wieder lächeln. Aber es drängte sie auch, eine Frage zu stellen.
»Meinen Sie denn, dass wir es schaffen können, noch etwas für meinen Bruder zu tun?«
Es brachte nichts ein, wenn ich sie belog. Und so blieb ich bei der Wahrheit.
»Das weiß ich leider nicht. Wir können es nur hoffen, das ist alles. Sorry.«
Die Malerin senkte den Kopf. Sie nickte, drehte sich um und presste ihr Gesicht gegen Sukos Schulter. Es war gut für sie, wenn sie weinte und ich konnte nur hoffen, dass wir diesen mörderischen Höllenboten dorthin schickten, wo er hingehörte.
Aber das würde schwer sein, sehr schwer sogar …
***
Als wir das Haus erreichten, hatte sich nichts verändert. Zumindest nach außen hin nicht. Es sah alles noch so aus, wie es ausgesehen hatte, als wir es verlassen hatten. Sogar das Licht brannte im Innern.
Mandy Hill hatte sich in Sukos Nähe gehalten und sogar seine Hand genommen. Dennoch zitterte sie und atmete heftig. Sie drängte sich dabei dicht an meinen Freund, als hätte sie Furcht davor, losgelassen zu werden.
Natürlich hatten wir auf dem Weg zum Haus auch unsere Umgebung nicht aus den Augen gelassen, aber wir hatten keine Spur von einem Verfolger gesehen. Es war eine völlig normale Nacht und sogar recht warm für die Jahreszeit.
Bevor wir das Haus betraten, wollte Marietta einen Blick durch das Fenster werfen. Wenige Sekunden später war alles erledigt. Da meldete sie, dass die Luft rein wäre.
»Das heißt, du hast niemanden gesehen«, sagte ich.
»Genau. Und auch nicht Mandys Bruder.«
»Gut.«
Suko befreite sich von seiner Begleiterin und riet ihr, hinter ihm zu bleiben. Er kam zu mir. Wir wollten das Haus gemeinsam betreten, um gegen alle Überraschungen gewappnet zu sein.
Abgeschlossen war die Tür nicht, die durch Sukos Hand aufgezogen wurde.
Wir betraten das Haus. Es hatte sich nichts verändert. Wir erlebten keine böse Überraschung, bis zu dem Moment, als wir Platz für die beiden Frauen geschaffen hatten, die nicht draußen bleiben wollten. Vor allen Dingen drängte es die Malerin zurück in ihr Haus.
Wir hörten Mandy Hill flüstern, verstanden aber nicht, was sie genau
Weitere Kostenlose Bücher