1726 - Die Polizistin
eine Frage habe ich noch.«
»Welche?«
Ich dachte kurz über die Formulierung nach und sagte dann: »Als ich schoss und die Kugel schon unterwegs war, habe ich für den Bruchteil einer Sekunde einen violetten Schein gesehen. Und zwar an deinem linken Unterarm.«
»Tatsächlich?«
»Ich habe mich nicht getäuscht.«
Angela senkte den Blick. Sie schaute dabei auf ihren Arm. »Es ist ein Zeichen, ein Mal, das ich auch nicht kenne.«
»Darf ich es sehen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Sie lächelte und trat zurück. »Weil es dieses Zeichen nicht gibt. Das ist es.«
»Aber ich habe es gesehen.«
»Das ist richtig. Doch jetzt ist es verschwunden.«
»Bitte.«
Sie streckte ihren Arm aus und zog auch den Stoff zurück, damit ich die Stelle sah, wo das von einem violetten Schein umgebene Mal entstanden war.
Jetzt war nichts mehr zu sehen.
Es gab nur die normale Haut und nicht einen einzigen Hinweis darauf, dass dort etwas gewesen sein könnte.
»Ist okay«, sagte ich. »Das Zeichen entsteht also nur zu bestimmten Zeiten.«
»Ja. Aber mehr bei bestimmten Stresssituationen. So haben wir sie erlebt. Oder ich.«
»Verstehe. Und wer hat das Zeichen hinterlassen? Weißt du, woher es kam?«
»Nein, das weiß ich nicht. Aber ich weiß schon, dass es nicht ganz verschwunden ist.«
»Und es ist ein Hinweis auf die andere Macht, die dich in ihren Klauen hält.«
»Das streite ich nicht ab, John.«
»Schon gut.«
Ich musste es akzeptieren, ebenso wie sie es akzeptiert hatte. Allerdings ging ich davon aus, dass sie sich über die Folgen nicht im Klaren war, denn wen sich der Teufel einmal geholt hatte, den ließ er so leicht nicht mehr los. Doch über dieses Thema sprach ich nicht mit ihr.
Stattdessen verabschiedete ich mich.
»Ich freue mich auf morgen, John.«
»Mal schauen, ob es ein Tag der Freude wird.«
»Oder der Aufklärung eines uralten Problems.«
»Das ist auch wahr, Angela…«
***
Als ich die Wagentür aufzog, lag bereits die Dämmerung über der Stadt. Niemand hatte sich am Rover zu schaffen gemacht, und ich startete.
Mit Suko wollte ich noch reden und seine Meinung hören. Als ich zu einem Halt gezwungen war, rief ich ihn an.
»He, wo steckst du denn?«
»Ich bin unterwegs zu dir.«
»Gut.«
»Dann bis gleich.«
Ich fuhr langsam. Meine Gedanken beschäftigten sich mit dem Fall. Was kam da auf mich zu? Hatte ich alles richtig gemacht, oder hätte ich anders reagieren müssen? Der Polizistin keine freie Bahn lassen und sie unter Kontrolle halten. Möglicherweise sogar wegsperren?
Ich wusste es nicht, aber ich würde sie im Auge behalten. Wenn man es negativ sah, dann war sie so etwas wie eine lebende Zeitbombe, die jeden Augenblick explodieren konnte. Ich würde sie in Dartmoor nicht aus den Augen lassen, und ich glaubte zudem daran, dass wir dort die Lösung finden würden.
Ich ließ den Wagen nach gut zwanzig Minuten Fahrzeit in die Tiefgarage rollen und stellte ihn auf meinem Parkplatz ab.
Ich stieg aus, ärgerte mich über die schwüle Luft und fuhr wenig später mit dem Lift nach oben. Der Flur, in dem meine Wohnung lag, war menschenleer. Ich sagte Suko Bescheid, dass ich da war, und ging dann in meine Wohnung, weil ich noch duschen wollte.
Das Wasser erfrischte mich. Ich zog mir andere Klamotten an und wollte die Wohnung verlassen, als mich das Telefon daran hinderte. Ich hob ab und hörte erst ein heftiges Atmen und dann die Stimme eines Mannes, die mir unbekannt war.
»Ach, Sie sind ja doch da, Sir?«
»Darf ich denn fragen, wer dort spricht?«
»Tom Wilcox.«
Ich musste nachdenken. Hatte ich den Namen schon mal gehört?
»Ich bin der Kollege von Angie Fox. Wir haben uns am Busbahnhof gesehen.«
»Stimmt. Jetzt fällt es mir wieder ein. Wie geht es Ihnen?«
Er lachte. »Ich bin für einige Tage krankgeschrieben worden, aber das ist nicht mein Problem.«
»Sondern?«
»Angie Fox.«
»Was ist mit ihr?«
Ein schwerer Atemzug erreichte mein Ohr. »Ich weiß es nicht genau, aber ich habe ein saublödes Gefühl. Sie hat sich verändert, sie ist einfach nicht mehr die, die ich kenne. Da muss etwas in ihr stecken. Und als ich hörte, dass Sie sich mit dem Fall beschäftigen, da war mir klar, dass es – dass es – ich meine, Sie sind ja für Fälle verantwortlich, die außerhalb der Norm liegen.«
»Das ist wohl wahr.«
»Gut.« Er atmete erneut schwer. »Ich wollte auch nur mit Ihnen sprechen, um Sie zu warnen. Wer Kugeln und Messern ausweichen kann, der ist nicht
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