1728 - Luzifers Botin
erste Hürde hatte sie überwunden. Auch die weiteren würden sie nicht aufhalten können…
***
Lars Jenkins gehörte zu den Menschen, die den Beruf des Lehrers trotz des Stresses noch gern ausübten. Allerdings hatte er sich für die unteren Klassen entschieden, da ließen sich die Kinder noch leiten, und das war für die späteren Jahre wichtig.
Zudem war er ein Mensch, der den Genüssen des Lebens durchaus zugetan war. Er war froh gewesen, dass die Schüler so schnell eingeschlafen waren, und deshalb wollte er den Abend noch mit der einen oder anderen Flasche Bier genießen, die er mitgebracht und in einen Kühlschrank gestellt hatte.
Drei Fläschchen hatte er sich gegönnt. Bei diesem schwülen Wetter bekam man einfach Durst, das hatten auch die Kinder erleben müssen und dementsprechend viel getrunken.
Wer viel trinkt, muss öfter mal zur Toilette. Das erlebte Lars Jenkins an diesem Abend. Allerdings befand sich die Toilette auf der anderen Seite des Flurs. Er musste aufstehen, das Zimmer verlassen und die wenigen Schritte gehen.
So wälzte er sich aus dem Bett, um in die offenen Schuhe zu schlüpfen. Dunkel war es nicht im Raum. Man konnte von einer grauen Dämmerung sprechen. Das Fenster war nicht geschlossen, und durch das Viereck drang zum Glück die etwas kühlere Nachtluft.
Noch zwei Tage bis zur Rückfahrt, auf die sich Lars Jenkins freute.
Der Boden unter seinen Füßen bestand aus Holz. Die einzelnen Bohlen meldeten sich, als sie sein Gewicht verspürten, und dieses Knarzen war so laut, dass Steve Proud, der Kollege, erwachte und sich aufrichtete.
»He, was ist los?«, fragte er mit verschlafener Stimme.
»Nichts.«
»Wieso?«
»Ich muss nur mal für Königstiger.«
»Das kommt vom Saufen.«
»Kann sein.«
»Dann viel Spaß. Und denk dran – tritt näher ran, er ist kürzer, als du denkst.«
»Du musst nicht immer von dir auf andere schließen.«
Steve Proud brummte nur etwas. Er war danach sofort wieder eingeschlafen, was Jenkins auch hörte, als er kurz an der Tür stehen blieb.
Eine Taschenlampe wollte er nicht mitnehmen. Auf der Toilette gab es Licht, und den Flur konnte er praktisch mit einigen Schritten überqueren.
Trotzdem hielt er noch mal inne. Und das tat er vor der Toilettentür, denn er hatte etwas gehört. Nicht aus der Toilette, sondern von der rechten Seite her, wo sich der Bereich des Eingangs befand.
Es war auch nichts, was ihn unbedingt gestört hätte. Er vernahm nur die Stimmen zweier Frauen. Ob sie leise redeten, wusste er nicht, jedenfalls verstand er kein Wort.
Er wusste, dass Kate Hamilton noch im Haus war. Der Kollege hatte sie nach dem Duschen noch getroffen. Jetzt schien sie Besuch bekommen zu haben.
Er öffnete die Holztür und gelangte in einen größeren Raum, der von einer Urinrinne beherrscht wurde. Das war eine Nostalgie, die ihm nicht gefiel, zudem empfand er den Geruch nicht eben als angenehm. Er wollte hier auch keine Wurzeln schlagen und entleerte seine Blase. Dabei nahm er sich vor, eine solche Nostalgiefahrt nie mehr zu machen. Als er sich die Hände wusch und sich dabei im Spiegel betrachtete, wiederholte er den Schwur akustisch.
An einem Handtuch aus kratzigem Stoff trocknete er sich die Hände ab und verließ die Toilette.
Lars Jenkins war noch immer verschlafen. Er trat in den Flur, ging nach vorn, gähnte und wollte nur in sein Zimmer zurück. Doch irgendwie schaute er nach rechts und dorthin, wo der Schlafsaal mit den Kindern lag.
Eine Sekunde später glaubte er, in einem Traum gefangen zu sein, denn was er mitten im Gang sah, war eine Person, die zwar wie ein Mensch aussah, doch Flügel auf ihrem Rücken mit sich trug.
Und so sahen nur Engel aus…
***
Lars Jenkins dachte erst mal nichts. Er schüttelte den Kopf, danach wischte er über seine Augen, weil er nicht glauben wollte, was er sah. Das Bild blieb bestehen.
Es gab die Frau mit den Flügeln auf dem Rücken, und sie stand nicht weit von der Eingangstür zum Schlafsaal entfernt, als wollte sie diese Tür öffnen.
Das tat sie nicht. Sie wartete. Gesehen hatte sie den Lehrer nicht, da er sich in ihrem Rücken aufhielt. Aber sie musste ihn gespürt haben, denn dieses Warten kam ihm unnatürlich vor.
Auch als eine gewisse Zeitspanne vergangen war, wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Er hätte sie ansprechen können, nur wusste er nicht, welche Worte er wählen sollte. Diese Gestalt kam ihm völlig unnatürlich vor. Es war auch kein abgesprochener Spaß, um die
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