1729 - Kristallbrand
Zeichen. Der Mausbiber winkte feixend und teleportierte.
*
In der Hauptleitzentrale der TYRONA herrschte betroffenes Schweigen.
Die Triebwerke des Rochenschiffes versagten. Sie beschleunigten den Raumer nicht mehr auf Überlichtgeschwindigkeit.
Atlan, Ronald Tekener und Dao-Lin-H’ay untersuchten die Sensoren in den Lehnen ihrer Sessel, soweit dies möglich war. Ebenso wie der Triebwerksbereich waren sie versiegelt. Es schien keine Möglichkeit zu geben, sie in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Eine Reparatur war nur den Ayindi möglich. Doch da keine Ayindi an Bord waren, wollte sich niemand mit diesem Gedanken abfinden.
„Ob uns Paunaro helfen kann?" fragte die Kartanin.
„Mit ihm können wir nicht rechnen", erwiderte Atlan. „Während deiner Ruhepause vor einer Stunde ist er mit der TARFALA gestartet. Vielleicht kommt er bald zurück. Aber ich bezweifle, daß er die TYRONA reparieren kann."
Nina Kessel stand hilflos am Rande des Geschehens. Sie hätte sich gern in irgendeiner Weise nützlich gemacht, doch sie verstand noch weniger von der zentralen Lenkungseinheit des Rochenschiffes als die Unsterblichen.
Dao-Lin-H’ay stellte ihre Bemühungen ein.
„Das hat wenig Sinn", stellte sie fest. „Irgend etwas in den Schaltungen hat sich verändert, so daß unsere Befehle nicht mehr korrekt beim Triebwerk ankommen. Irgendwo ist die Informationsbrücke zum Triebwerk unterbrochen, aber wir wissen ja nicht einmal, wie die Informationen von hier zum Triebwerk gelangen. Wie also sollten wir irgend etwas reparieren?"
„Du meinst, wir machen uns nur etwas vor, wenn wir nach dem Fehler suchen?" fragte Tek.
„Klar. Genau das meine ich."
Atlan ließ sich in seinen Sessel sinken. Wieder versuchte er, die TYRONA auf Überlichtgeschwindigkeit zu bringen. Es gelang ihm nicht.
Das Rochenschiff befand sich auf einem Kurs, der es an der Sonne und den Planeten vorbei in den freien Raum führte. Die Gefahr einer Kollision bestand nicht. Dafür rückte eine andere Gefahr immer näher: Die Schneeflocke, die sich zunächst vor ihnen zurückgezogen hatte, bewegte sich nun auf sie zu.
„Hast du eine Idee, Muscel?" fragte Atlan.
Nina erschrak. Mit einer ruckartigen Bewegung warf sie ihr rotbraunes Haar, das locker gewellt bis auf die Schultern herabreichte, in den Nakken zurück. Als es wieder nach vorn sank, schob sie es mit sanfter Hand zur Seite. Dabei überlegte sie fieberhaft. Sie wollte irgend etwas Sinnvolles sagen, doch ihr wollte nichts einfallen.
„Du bringst Muscel in Verlegenheit", mahnte Ronald Tekener. Der Narbengesichtige stand neben seinem Sessel. Das Lächeln, das ihn berühmt gemacht hatte, glitt über seine Lippen. Es war kühl und distanzierend und keineswegs Ausdruck von Belustigung. „Sie ist eine hervorragende Schützin und als Nahkämpferin unübertroffen, aber du darfst keine technischen Überraschungen von ihr erwarten, wo wir selbst mit unserem Latein am Ende sind."
„Ich spreche kein Latein", erwiderte sie beherrscht, „aber eine Idee habe ich vielleicht doch."
„Dann heraus damit", forderte der Arkonide sie freundlich auf. „Laß dich von Teks Sprüchen nicht beeindrucken."
Sie blickte auf die Projektionen, die ihnen den Weltraum zeigten. Mit bloßem Auge war zu erkennen, daß die Schneeflocke näher gekommen war.
Die Bedrohung wuchs.
„Ich finde, wir sollten zunächst rekonstruieren, was geschehen ist, bevor die Sensorsteuerung versagte", schlug sie vor. „Dieser Schwarm aus Kristallstücken raste auf uns zu. Tek hat geschossen, und die Kristalle explodierten. Die Schneeflocke zog sich von uns zurück, und diese seltsame Projektion war bei uns in der Zentrale. Das passierte alles gleichzeitig. Danach verspürte ich eine Erschütterung. Mir war, als ob der Boden unter meinen Füßen gebebt habe."
„Gut beobachtet", lobte die Kartanin.
„Du meinst, da könnte ein Zusammenhang bestehen?" fragte Tek.
„Das wäre immerhin möglich", meinte Atlan. Er ließ sich in seinen Sessel sinken. „Noch einmal: Die Schneeflocke zog sich zurück. Die Projektion erschien bei uns in der Zentrale. Der Kristallschauer raste auf uns zu. Tek hat geschossen."
„Danach war der Spuk vorbei", stellte der Mann mit den Lashat-Narben fest.
Er zeigte nicht die geringste Spur von Nervosität, obwohl sich die Schneeflocke immer schneller näherte und auf den Ortungsschirmen weitere Schwärme von kleinen Kristallen sichtbar wurden, die ebenfalls Kurs auf die TYRONA hielten. Von diesen
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