1729 - Totenliebe
dass sie in die Höhle des Löwen geraten war. Besonders gut sah das nicht aus für uns.
Von der jungen Frau hatte ich mich abgewendet. Mein Blick fiel auf das Fenster. Es gab keinen Vorhang, der es verdeckt hätte. Ich konnte nach draußen schauen. An der Rückseite dieses Hauses lauerte die Dunkelheit, und die wurde plötzlich von einigen hellen, gelblichen, zuckenden Reflexen unterbrochen. Das war nicht normal.
Innerhalb weniger Augenblicke stand ich am Fenster und schaute nach draußen.
Ich hatte mich nicht geirrt. Es gab Helligkeit dort draußen, und sie stammte von zwei Scheinwerferpaaren, die zu den Autos gehörten, die dorthin fuhren, wo auch die anderen Fahrzeuge standen und geparkt wurden.
Zwei Autos.
Zwei weiße Wagen.
Und zwei Lieferwagen!
***
Kaum standen die beiden Wagen, wurden die Türen der Führerhäuser geöffnet, um die Leute zu entlassen, die in den Autos gesessen hatten. Sechs Männer waren es.
Drei von ihnen hatten in jedem Wagen gehockt. Und jetzt waren sie ins Freie getreten.
Ich dachte an den Überfall auf mich. Ganz genau hatte ich die Typen nicht gesehen, doch ich ging davon aus, dass sie sich unter den sechs Leuten befanden, die allesamt dunkle Kleidung trugen und nur verschieden groß waren.
Sie versammelten sich am Fuß der Treppe. Ich rechnete damit, dass sie hoch kamen, was sie jedoch nicht taten. Sie blieben zunächst beisammen und sprachen miteinander. Dabei wurde ein paar Mal hoch gegen die Mauer gedeutet.
In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken nicht, auch wenn sie sich schnell bewegten. Ich brachte sie nur in eine bestimmte Richtung. Was die Männer genau vorhatten, wusste ich nicht. Ich ging davon aus, dass sie nicht grundlos mit diesen beiden Lieferwagen gekommen waren. Die waren in der Lage, auf ihrer Nutzfläche so einiges zu transportieren.
Auch Menschen…
Frauen, zum Beispiel. Frauen, die sich nicht wehren konnten. Da brauchte ich nur einen knappen Blick nach hinten zu werfen, um es bestätigt zu bekommen.
Es waren sechs Männer, die diesen Bau betreten würden. Ich stand allein, denn was mit Glenda Perkins passiert war, das wusste ich nicht.
Auf den Geist des Templers konnte ich auch nicht rechnen, sondern musste etwas anderes tun.
Noch berieten sie sich. Es konnte auch sein, dass sie auf jemanden warteten, denn ich ging davon aus, dass hier im Haus nicht nur die unter Drogen gesetzten Frauen lebten.
Was konnte ich tun?
Nein, ich war kein Supermann. Zwar hatte ich in den Jahren so einiges hinter mich bringen müssen, doch ich hatte auch gelernt, wo meine Grenzen lagen. Die waren jetzt erreicht. Ich brauchte Unterstützung, und die konnte ich mir nur aus London holen.
Ich holte mein Handy hervor, blieb dabei allerdings schräg neben dem Fenster stehen, um in der Tiefe alles unter Kontrolle halten zu können. Noch standen die sechs Typen zusammen. Einige von ihnen rauchten. Sollten sie, das gab mir Zeit.
Ich rief Sukos Nummer an.
Er meldete sich und seine Stimme hörte sich an, als hätte er noch nicht im Bett gelegen.
»Ich bin es, Suko. Hör einfach nur zu…«
***
Die Eingangstür war verschlossen. Damit hatte Glenda Perkins auch gerechnet. Um sich bemerkbar zu machen, war neben der Tür im Mauerwerk ein Klingelknopf eingelassen worden, den Glenda nach unten drückte und dann wartete, was passieren würde.
Nervös war sie schon. Es war auch keine Schande, es zuzugeben. Dieses Haus machte auf sie keinen einladenden Eindruck. Erst recht nicht in der Dunkelheit.
Geklingelt hatte sie, nur tat sich nichts. Sie drückte noch mal den Knopf und schaute zum Rover hin. John saß noch im Wagen. Er würde einen anderen Weg einschlagen, und sie hoffte, dass sich seiner und der ihre bald kreuzen würden.
Es half alles nichts. Sie versuchte es ein zweites Mal und hoffte, dass ihr jetzt geöffnet wurde. Diesmal musste sie nicht lange warten, denn die Tür wurde aufgezogen.
Allerdings nicht bis zum Anschlag, denn eine Kette hielt sie in einer bestimmten Lage fest.
In diesem Ausschnitt erschien das Gesicht einer Frau. Glenda erkannte nicht, ob sie jung oder älter war. Ihr fiel nur der Haarschnitt auf, der aussah wie ein pechschwarzer Helm.
»Ja, was ist?«
Glenda konnte bezaubernd lächeln, wenn sie wollte. Genau das tat sie jetzt. Und ihre Worte passten sich dem Lächeln an.
»Guten Abend, Madam. Entschuldigen Sie die Störung…«
»Und? Was möchten Sie?«
»Ich bin verabredet.«
»Ach. Mit wem denn?«
»Elisa hat mich gebeten, sie hier zu
Weitere Kostenlose Bücher