1729 - Totenliebe
besuchen.«
Die Frau lachte. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Elisa ist in ihrem Zimmer und möchte ihre Ruhe haben.«
»Pardon, aber das war sie vor zwei Stunden nicht. Da haben wir uns ja getroffen und miteinander gesprochen. Sie hat mir dann gesagt, wohin ich kommen soll.«
»Und wo wollen Sie Elisa getroffen haben?«
Glenda ging auf das Spiel ein. Sie sagte die reine Wahrheit. »Ob Sie es glauben oder nicht, wir haben uns auf einem Friedhof getroffen.«
Erneut überlegte die Frau. Glenda sah, dass sich ihre Augen leicht verengten, bis sie schließlich nickte und mit samtweicher Stimme sagte: »Wenn das so ist, kommen Sie rein, ich werde Sie dann zu Elisa bringen.«
»Danke sehr.«
Die Kette wurde gelöst und die Tür öffnete sich. Glenda sah die Frau im Licht stehen. Sie trug eine schwarze Stoffhose und einen ebenfalls schwarzen Pullover, der ihr bis über die Hüften reichte. Das dunkle Haar hatte Glenda bereits gesehen, jetzt konzentrierte sie sich auf das Gesicht, das eine Blässe zeigte, als wäre die Haut mit Kreide eingerieben worden. Selbst die Lippen stachen kaum von der übrigen Haut ab.
»Ich heiße übrigens Glenda Perkins.«
»Aha.« Die Frau schüttelte den Kopf. »Seltsam, Elisa hat Sie nie erwähnt.«
»Wir haben uns auch nicht so oft gesehen. Manchmal will es der Zufall, dass sich dies ändert.«
»Das denke ich auch. Ich bin übrigens Harriet Blake. Hat Ihnen Elisa denn etwas über ihr neues Zuhause erzählt?«
Glenda tat, als müsste sie überlegen. Sie wollte nicht zu viel preisgeben und hob die Schultern an. »Eigentlich nicht viel. Sie sprach nur davon, dass sie seelisch etwas durcheinander wäre und sich jetzt erholt.«
»Ja, das tut sie, und ich muss Ihnen sagen, dass sie wahrscheinlich in ihrem Bett liegt und schläft. Sie war ziemlich erschöpft, als sie hier heute Abend ankam.«
Das kann ich mir denken, du falsches Aas!, dachte Glenda, sagte aber nichts, sondern lächelte nur.
»Ich werde auch nicht lange bleiben.«
Harriet Blake überlegte. Oder tat zumindest so. Unter ihrem Blick fühlte sich Glenda unwohl, auch als er so etwas wie gnädig wurde und sie sagte: »Dann kommen Sie mal mit.«
Der Bann war gebrochen. Glenda wusste nicht, ob sie erleichtert sein sollte oder nicht. Das ungute Gefühl blieb, besonders, als die Tür hinter ihr geschlossen wurde.
Glenda Perkins wunderte sich über die Einrichtung, die vor ihr lag. Sie sah die Sitzmöbel, aber auch die Galerie und die beiden Treppenaufgänge. Beleuchtet wurde die Szenerie durch das Licht eines Kronleuchters.
Harriet Blake hatte ihren Blick bemerkt. »Was ist?«, fragte sie. »Stört Sie etwas?«
»Nein, nein, auf keinen Fall. Ich finde es beeindruckend hier. Das muss ich schon sagen.« Sie hob die Schultern. »Dabei hat Elisa immer von einem Kloster gesprochen.«
»Ach, das ist noch ein Relikt von früher. Wir sind auch nicht in ein Kloster gezogen, sondern in ein Haus, das von frommen Frauen bewohnt wurde. Den Beginen. Das liegt schon Jahre zurück. Heute sind wir so etwas wie ein Frauenhaus und kümmern uns um Personen, denen es schlecht ergangen ist.«
»Sehr löblich. Das hat auch Elisa gesagt. Sie fühlt sich hier wohl, und sie hat mich gebeten, mir das alles mal anzusehen, wenn ich sie besuche. Leider hatte ich tagsüber keine Zeit, und so habe ich es einfach mal zu dieser Stunde probiert.«
Die Blake winkte ab. Wahrscheinlich wollte sie lächeln, doch es wurde nur ein Grinsen in ihrem blassen Gesicht. Sie sprach davon, dass es noch nicht so spät war, und führte Glenda auf eine der beiden Treppen zu. Es war damit zu rechnen, dass sie nach oben gingen, doch da irrte Glenda sich. Sie blieben in diesem Bereich, passierten die Treppe und gelangten in einen nicht sehr langen Flur, der von einer Wand endete. Allerdings waren die Türen zu sehen, die rechts und links die Wände auflockerten.
Vor der ersten Tür auf der linken Seite hielten sie an. Die Blake nickte Glenda zu, deren Gedanken abgewandert waren, denn sie fragte sich, ob auch John Sinclair das Haus inzwischen betreten hatte. Wenn, dann hielt er sich gut verborgen.
Mrs Blake klopfte. Dann lächelte sie, nickte Glenda zu und öffnete die Tür.
Die Besucherin blieb hinter der Frau stehen. Gern hätte sie einen Blick in das Zimmer geworfen. Die Blake erlaubte es noch nicht. Erst als sie es für richtig empfand, öffnete sie die Tür weiter. Glenda bekam mit, dass im Zimmer Licht brannte. Es war allerdings sehr schwach und die Lampe stand in
Weitere Kostenlose Bücher