1730 - Das Schlangengrab
Bestimmt auch ein Inder oder Pakistani. Davon ging der Reporter aus.
Er wusste nicht, ob er sich bemerkbar machen sollte, damit der Fremde sich umdrehte. Bill hielt sich noch zurück, denn es war besser, wenn die andere Seite zuerst reagierte. Das tat sie. Der Mann drehte sich langsam um. In der Dunkelheit wirkte es beinahe wie ein Schattenspiel, und als Bill ihn anschaute, da erlebte er so etwas wie ein schnelles Herzklopfen.
Das Gesicht des breitschultrigen und kräftigen Mannes lag im Dunkeln. Dennoch sah der Reporter die dunkle Haut, was für ihn keine besondere Überraschung war.
Aber etwas ganz anderes durchfloss ihn. Er hatte den Eindruck, dass ihm der Mann nicht fremd war. Er konnte ihn auch nicht einordnen und zermarterte sich in diesen Sekunden verzweifelt sein Gehirn.
»Hallo, Bill…«
Jetzt zuckte der Reporter zusammen. Der Mann kannte ihn. Und auch dessen Stimme war ihm irgendwie vertraut. Er dachte fieberhaft nach, konzentrierte sich auf das Gesicht und erkannte ihn immer noch nicht.
Dann kam der Mann näher.
Die Spannung in Bill stieg. Seine Sicht besserte sich, und plötzlich kam ihm der erlösende Einfall. Ihm war, als hätte eine Explosion alles weggerissen.
Er kannte den Mann.
Einer, der tatsächlich ein Inder war und Mandra Korab hieß…
***
»Nein«, flüsterte Bill Conolly. »Nein, das kann und darf nicht wahr sein! Unmöglich…«
Der Mann blieb stehen. »Meinst du?«
Bill schüttelte den Kopf. »Das kann doch nicht wahr sein! Du bist es tatsächlich, Mandra?«
»Seit meiner Geburt.«
Bill winkte ab. »Aber du bist verschwunden. Du bist verschollen. Möglicherweise sogar tot…«
»Sorry, aber ich lebe.«
»Und bist jetzt hier in London.«
»Ja.«
Bill hatte sich damit abgefunden. Er legte den Kopf zurück und nickte danach. »Okay, das nehme ich an. Du bist demnach in London. Klar, du stehst ja vor mir. Aber weiß auch John Sinclair von deinem Besuch? Hast du ihn informiert?«
»Nein, ich habe noch keinen Kontakt mit ihm gehabt.« Mandra lächelte jetzt. »Aber das wird sich ändern.«
Der Reporter dachte wieder normal. »Ich kann mir denken, dass du wegen der Ausstellung gekommen bist – oder?«
»Es geht mir um das Schlangengrab.«
»Dachte ich mir fast. Und was ist damit?«
»Ich möchte nicht, dass es in falsche Hände gerät. Nur so viel will ich sagen, Bill. Ich war es, der dieses Schlangengrab finden wollte, es an seinem Platz allerdings nicht vorfand. Ich musste dafür nach London reisen, um es zu finden.«
»Dann hat man es praktisch gestohlen?«
»Kann ich bestätigen. Aber ich will nicht, dass es in die falschen Hände gerät, die mit diesem Kunstwerk sehr viel Unheil anrichten können. Das ist leider so.«
»Ja, verstehe. Ich habe ja mit dem Professor gesprochen und kam ebenfalls zu dem Schluss, dass mit diesem Kunstwerk etwas nicht stimmt. Ich habe etwas über die Göttin Kali gehört, und das lässt bei mir immer auf etwas Negatives schließen.«
»Das ist noch harmlos ausgedrückt.«
»Und jetzt bist du hier, um dieses Kunstwerk wieder zurückzuholen, denke ich mir.«
Mandra hob die breiten Schultern. »Das weiß ich nicht genau. Ich will nur, dass es kein Unheil anrichtet. Es ist die Darstellung einer Legende, und es gibt nicht wenige Menschen, die stark daran glauben. Aber so etwas ist nichts Neues.«
»Wer waren denn die beiden Männer mit den goldenen Gesichtern? Kannst du mir das sagen?«
»Diener des Schlangengrabes oder der Göttin. Du kannst es dir aussuchen. Sie wollen hier zeigen, welche Macht sie haben. Sie sind so etwas wie die Wächter des Schlangengrabs und bestimmt nicht zimperlich, wenn es darum geht, ihre Ziele durchzusetzen. Das hast du erleben dürfen. Sie hätten dich bestimmt getötet.«
»Und warum? Nur weil ich mit dem Professor Sarweti ein Interview geführt habe?«
»Ja, auch das. Sie wollen keine Fremden in die Nähe ihres Heiligtums lassen.«
Bill musste lachen. »Und was ist mit dem Professor? Gehört der auch zu ihnen?«
»Ich kann es dir nicht sagen, denn über seine Rolle bin ich mir noch nicht klar.«
Der Reporter fasste zusammen. Er sprach mit Flüsterstimme. »Es steht also fest, dass dieses Schlangengrab eine Gefahr darstellt? Liege ich da richtig?«
»Ich kann dir nicht widersprechen.« Der Inder wandte den Blick ab. »Man hat dich gesehen, sei bitte vorsichtig, ich kann nicht überall sein. Die Diener der Schlange werden versuchen, die Ausstellung zu verhindern.«
»Und was machst du?«
»Ich bleibe
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