1734 - Hexenhand
gar kein Interesse an irgendwelchen Klamotten zeigten und einfach nur hin und her gingen.
Plötzlich stand ein Typ vor uns, als wäre der von der Decke gefallen. Er war breit in den Schultern, aber in der Körperlänge hatte man bei ihm etwas vergessen. Er trug einen dunklen Anzug, keine Krawatte, dafür ein Namensschild am Revers.
Er hieß Douglas Moretti und musste den Kopf in den Nacken legen, wenn er in mein Gesicht schauen wollte.
»Was gibt es?«, fragte ich.
»Ach, nicht viel. Ich wollte Sie nur fragen, ob Sie sich hier oben verlaufen haben.«
»Warum?«
»Ich beobachte Sie schon eine ganze Weile. Sie laufen hier herum, schauen sich hin und wieder seltsam um, und da muss man auf den Gedanken kommen, dass Sie nach etwas Bestimmtem suchen.« Er deutete auf sein Namensschild. »Ich bin der Warenhausdetektiv.«
»Das dachten wir uns«, sagte Suko und lächelte. »Sie nehmen Ihren Job auch wirklich ernst. Nur sollten Sie uns in Ruhe lassen. Wir sind nicht zum Vergnügen hier und wollen auch nichts kaufen.«
»Warum sind Sie...«
»Schauen Sie her!«, sagte ich.
Moretti tat es, und er konnte meinen Ausweis gar nicht übersehen. Er starrte ihn an, schluckte und nickte dann.
»Alles klar?«
»Gewiss, Mister Sinclair. Kann ich Ihnen denn irgendwie behilflich sein?«
»Wenn Sie schon hier sind, ja. Wir suchen eine Frau.«
»Aha.«
»Sie trägt einen dunklen Hosenanzug aus Leder. Ihr Haar hat eine braune Farbe.«
Morettis Blicke hatten an meinen Lippen geklebt, es war ja möglich, dass er uns helfen konnte, aber als er den Kopf schüttelte, waren unsere Chancen verschwunden.
»Sie haben sie nicht gesehen?«
»Leider, Mister Sinclair.«
Die nächste Bemerkung kam von Suko. »Diese Suche bezieht sich nicht nur auf die obere Etage hier. Es kann auch sein, dass sich die Person weiter unten aufhält. Das ist doch auch Ihr Revier, nehme ich an.«
»Ja, schon.« Er kratzte an seiner Stirn. »Aber eine Frau in diesem Outfit habe ich nicht gesehen. Zumindest nicht bewusst. Tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht helfen kann, aber soll ich denn die Augen offen halten und Ihnen Bescheid geben, wenn sie auftaucht und ich...«
Ich wollte dem Knaben meine Telefonnummer nicht geben. Deshalb winkte ich ab.
»War nur gut gemeint.« Moretti nickte. »Ich werde schon eine Möglichkeit finden, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, sollte ich die Frau tatsächlich sehen.«
»Das wäre gut, Mister Moretti. Aber geben Sie acht. Sprechen Sie die Frau um Himmels willen nicht an. Keine Bemerkungen, Sie tun das in Ihrem eigenen Interesse.«
»Ja, wenn Sie das sagen.«
»Es ist wichtig.«
»Gut. Dann – dann gehe ich wieder meines Weges.«
»Tun Sie das.«
Der Detektiv deutete eine Verbeugung an und zog davon. Er bewegte sich mit einem wiegenden Gang. Es gibt ja Menschen, die vor Kraft kaum laufen konnten.
»Und was machen wir?«, fragte Suko.
Ich schlug ihm auf die Schulter. »Wir machen weiter.«
»Wo denn? Eine Etage...« Er verschluckte den Rest des Satzes, denn ebenso wie ich hatte er den gellenden Schrei gehört, der mit einem Todesschrei zu vergleichen war...
***
Jeder von uns wusste, dass dieser Schrei etwas mit unserem Besuch zu tun hatte. Es war auch nicht der Schrei einer Frau gewesen, sondern das Brüllen eines Mannes.
Die Richtung hatten wir feststellen können. Der Ort war auch nicht zu weit entfernt von uns. Hinter einigen beladenen Tischen begann die Rolltreppe. Nicht nur wir hatten den Schrei gehört, er war auch anderen aufgefallen, aber keiner außer uns hatte sich auf den Weg gemacht, um der Ursache nachzugehen.
Der direkte Weg war uns versperrt. Wir mussten schon einige Haken schlagen, um das Ziel zu erreichen. Und wir hofften, uns nicht geirrt zu haben.
Wir sahen den Beginn der Rolltreppe und auch die Menschen, die dort standen und entsetzt die fahrenden Stufen hinab nach unten schauten. Was sie dort sahen, bekamen wir nicht mit. Wir hörten sie nur flüstern und sahen auch, dass sie bleich geworden waren.
Suko drängte sie zur Seite, und ich nutzte die Lücke und huschte hindurch.
Es war ein unglaubliches und zugleich auch schreckliches Bild. Wir waren so schnell gewesen, dass wir den Mann sahen, der von einem grünen Feuer umhüllt war. Die Flammen bildeten zwar einen Vorhang, waren aber nicht so dicht, als dass wir nicht hätten sehen können, was dahinter geschah.
Der Mann, der dort brannte, war uns bekannt. Er hieß Douglas Moretti. Erst vor Kurzem hatten wir noch mit ihm gesprochen.
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