1738 - Der alte Raunach
sich leicht zu Tgoriny hinüber. „Hältst du es für richtig, hier so offen zu sprechen?" zischelte er. „Bestimmt werden wir ständig überwacht."
„Das eben denke ich nicht", gab der Vatachh zurück. „Sie glauben sich so vollkommen sicher, daß sie das nicht tun werden. Was ich schon vorher über diese Fremden erfahren habe ist bisher alles eingetreten: Sie verhalten sich fast freundschaftlich, suchen das Gespräch, üben Zurückhaltung. Nach alldem bin ich sicher, daß es für sie eine Moralverletzung darstellen würde, uns heimlich abzuhören."
„Nun gut. Selbst wenn du dich irrst, verlieren wir nichts dabei."
Tgoriny wandte sich wieder an die Mannschaft. „Was auch immer die Tabuverbrecher mit uns vorhaben mögen, wir sollten ihnen dazu keine Zeit mehr geben. Wir sollten uns schnellstmöglich einen Plan überlegen, wie wir dieses Schiff übernehmen können. Wenn wir es schaffen sollten, es einigermaßen unbeschädigt zur Damurial zu bringen, um so besser."
„Was soll mit den Fremden geschehen?" warf Dag-Rorn ein. „Willst du sie etwa alle töten?"
„Nein, dazu besteht keine Veranlassung", antwortete Tgoriny. „Es genügt, wenn wir sie überwältigen und betäuben oder auch nur ruhigstellen. Sie haben vermutlich genügend Beiboote an Bord, in denen wir sie aussetzen können. Wir werden sie hier zurücklassen, bevor wir uns auf den Weg machen. Auch wenn sie Tabuverbrecher sind, können wir den Vorteil nicht ausnutzen und sie dem Gericht ausliefern. Ihre Freunde werden nichts unversucht lassen, um sie zu befreien. Und wir kennen die Schiffseinrichtungen nicht so gut, daß wir uns auf eine waghalsige Flucht oder gar eine Raumschlacht einlassen können. Wenn wir sie freilassen, werden sie uns sicher ziehen lassen."
„Du übersiehst dabei, daß wir uns innerhalb eines Schutzfeldes befinden", wandte ein Gish ein.
„Wir müssen einen Vorwand erfinden, um zu starten", sagte Tgoriny sofort. „Auch darüber habe ich bereits nachgedacht. Wir könnten Perry Rhodan ein Geschäft anbieten: sicheres Geleit zur Damurial und die Anhörung vor Gericht. Wenn wir erst das Schutzfeld hinter uns haben, tritt der Befreiungsplan in Aktion. Wir müssen die Zeit, in der sie mit dem Flug und den Sicherheitsvorkehrungen beschäftigt sind, nutzen, um an Waffen zu kommen. Der Rest geht dann ganz leicht."
„Der Anfang geht immer ganz leicht", erklang in diesem Moment eine hohe, angenehm singende und sehr vertraute Stimme vom Eingang her.
Entsetzte Stille trat ein.
Wie ertappte Kinder drehten sich die Anwesenden zu Pi-Poul Thean um, der dort ganz ruhig stand. Niemand wußte, wie lange er schon anwesend war und unauffällig zugehört hatte.
Dies war eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften: Trotz seiner Position verhielt er sich meistens zurückhaltend und unauffällig. Er brauchte keine pompösen Auftritte wie viele andere Theans. Niemand hatte ihn je seine Stimme erheben gehört.
Er sprach wohl heiter, manchmal auch erzürnt, meist jedoch sehr ruhig - und niemals laut. Das hatte er nicht nötig.
„Ich verbiete euch, irgendwelche Aktionen zu planen, seien sie nun gewaltfrei oder nicht", fuhr der alte Raunach fort. „Solange ich keine Zustimmung gebe, werdet ihr nichts auf eigene Faust unternehmen."
*
Die Stille hielt an. Viele schauten betreten zu Boden.
„Wir wollten dich nicht hintergehen, ehrwürdiger Thean", brachte Tgoriny schließlich hervor. „Ganz im Gegenteil, wir wollten dich heraushalten. Damit es keine Repressalien gegen dich gibt, wenn wir scheitern sollten."
„Das weiß ich, Tgoriny, doch hebt das meinen Tadel nicht auf", erwiderte Pi-Poul.
Die Krieger wichen zur Seite, als er zwischen ihnen hindurchging, zu einem bequemen Sessel, auf dem er sich langsam niederließ. Er fühlte sich im Moment keineswegs erschöpft, ganz im Gegenteil. Er hatte traumlos geschlafen und anschließend in aller Ruhe nachgedacht. Aber er mußte in diesem Augenblick seine Position klar und deutlich herausstreichen.
„Ich verstehe eure Gedanken und Gefühle", fuhr der Thean fort.
„Glaubt mir, auch ich wünsche mir nichts sehnlicher als die sofortige Rückkehr zu den Unseren. Aber das sind Wünsche, die derzeit nicht umzusetzen sind. Überlegt doch mal: Weswegen sind wir überhaupt aufgebrochen? Um etwas über die Ayindi herauszufinden. Wir haben Tausende von Gefährten und Freunden verloren und sind dem Geheimnis keinen Schritt näher gekommen. Zunächst schien es ganz so, als wäre unser Unternehmen
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