174 - Die Katastrophe von Basajaun
gedankenschnell einen magischen Abwehrschirm. Der Reflex rettete sie.
Die Hellebarde blieb in der Luft hängen, zitterte und fiel dann harmlos zu Boden. Czersky glotzte. Im Unterzeug, mit wirrem Haar und Bart, verquollenen Augen und Beulen und Schrammen, sah er wüst aus. Cocos Knie zitterten. Einen Abwehrschirm zu errichten kostete sie immer viel Kraft, und unbegrenzt hexen konnte sie von der Energie, die es verzehrte, her nicht.
Czersky machte das Zeichen gegen den Bösen Blick.
Er fing an zu brüllen.
„Eine Hex', eine Hex'! Mannen, herbei, packt sie und schafft sie mir vom Hals! Ich hab' eine Hex' beschlafen, und das höllische Feuer wird mir dafür zum Hals herausschlagen!"
Jetzt gelang es Coco doch, ihn zu hypnotisieren. Czersky verstummte. Es war auch die höchste Zeit, denn man hörte Stimmen vorm Zelt, und dann trat der Oberbefehlshaber der Sektion ein, Graf Maximilian zu Stoltzen-Hagenau, der im nahen Städtchen Quartier bezogen hatte und dort wie ein Fürst lebte.
Der Stoltzen-Hagenau war ein kleiner, buckliger Bursche. Er kleidete sich erlesen und schätzte das Kriegshandwerk, solange er seine Unbequemlichkeiten und die blutigen Kämpfe und Gefahren auf andere abwälzen konnte.
„Was schreit Er da, von Czersky?" fragte er. Auch in seiner Ausdrucksweise hob der Graf sich vom Durchschnitt ab. In jener Zeit waren die meisten Offiziere und führenden Persönlichkeiten Adlige, und der gemeine Mann hatte wenig zu melden. „Ist Ihm etwas nicht bekommen?"
Du liebst mich, und du bist mein Untertan, suggerierte Coco dem Hauptmann eilig. Zu mehr reichte die Zeit nicht. Der Lagerprofoß und zwei Pikeniere drangen ein, mit Degen, Hellebarden und Pistolen bewaffnet. Hinter ihnen reckte der kleine Graf den Hals, und sein persönlicher Leibwächter stand dabei, den Flamberg, ein gewaltiges Schwert, in den Händen.
„Ich… ich… ich…“, stotterte der völlig verwirrte Czersky vor seinem Vorgesetzten. Er wußte weder ein noch aus. Coco raubte ihm auch noch die Erinnerung. Czerskys Zorn entlud sich auf den Profoß und die beiden Wachen. „Malefizbuben, ist das eine Art, in meine Schlafstube hereinzuplatzen? Ich lasse euch rädern!"
„Aber Ihr habt doch um Hilfe geschrien, Hauptmann", erwiderte der Profoß. Sein Blick blieb an Coco hängen. „Von einer Hex' habt Ihr gesprochen. Jeder hat es gehört."
„Hier ist keine Hex'“, sagte Czersky. „Wo soll sie denn sein? Nur ich und mein Turteltäubchen, die Dame Zamis." Czersky faßte Cocos Hand und schaute sie verliebt an. Er verdrehte die Augen wie ein Gockel beim Wassertrinken. Die Liebeshypnose schlug bei ihm voll durch. „Noch nie habe ich eine Frau getroffen, die mein Herz so betörte wie sie. Graf Maximilian, Ihr seid mein Zeuge. Ich will Hurerei, Suff und Völlerei aufgeben, das leidige Kartenspiel und die Würfel. Ich, Anton von Czersky, will ein anderes Leben anfangen und von nun an ein besserer Mensch werden. Ich stehe in meinem 38. Lebensjahr, und es ist an der Zeit. Dazu gehört, daß ich mich vermähle, und Coco Zamis soll meine Auserwählte sein. Noch heute soll uns der Pfarrer in Manzell trauen. So wahr mir Gott helfe!"
Dem Stoltzen-Hagenau blieb der Mund offenstehen. Profoß und Pikeniere gafften. Das waren völlig neue Töne von Czersky. Auch Coco war momentan geschockt. Auf diese Wirkung ihres Liebeszaubers war sie nicht gefaßt gewesen. Denn eine Frau von Czersky wollte sie wahrhaftig nicht werden, da wären Asmodi, als er noch lebte, oder Olivaro besser gewesen.
Außerdem liebte Coco Dorian Hunter heiß und innig und war ihm treu.
„Eine Heirat sollte man reiflich überlegen", sprach Stoltzen-Hagenau. „Die kirchliche Trauung verbindet, bis der Tod die Ehe scheidet." So war es Sitte und Brauch. „Schon mancher hat einen überlegten Schritt, in der Leidenschaft binnen kurzem getan, lange und bitter bereut." Stoltzen-Hagenau strich sich wohlgefällig den gefärbten Spitzbart. „Obwohl ich Ihn verstehen kann, Hauptmann. Noch nie habe ich eine solche Schönheit gesehen, und ich bin ein großer Kenner davon." Der Graf runzelte die Stirn. „Doch Seine Hilferufe, Hauptmann, und jetzt die Hochzeitspläne, wie paßt das zusammen?"
In jener abergläubischen Zeit, in der der Hexenwahn furchtbar wütete, mußte man aufpassen. Der Hexenprozeß war grausam. Mit dem Folterverhör begann es und endete auf dem Scheiterhaufen. Wenn nicht schon vorher kurzer Prozeß gemacht und die als Hexe Beschuldigte kurzerhand gelyncht wurde.
Coco
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