174 - Die Katastrophe von Basajaun
Zeichen. Luisas Blick wurde glasig, ihre Haltung locker.
„Reiß dir ein Haar aus", befahl Coco.
Luisa tat es sofort. Mit einem Fingerschnippen löste Coco sie wieder aus der Hypnose. Luisa schaute auf das um ihren Finger gewickelte Haar, fragte, wo das denn herkäme, und ließ es achtlos fallen. Sie hatte keine Erinnerung an die kurze Hypnose.
„Du mußt Czersky ja völlig geschafft haben", sagte sie kichernd zu Coco. „Wie war es denn?" „Erträglich", antwortete Coco, und beide platzten heraus.
Luisa sagte Coco, die Dienstmagd würde das Waschwasser und das Frühstück bringen und im vorderen Raum aufstellen. Sie fragte, ob Coco noch etwas brauche. Coco verneinte. Man wollte sich dann später treffen. Czersky mußte in Kürze aufstehen und seine Pflichten als Hauptmann und Lageroberster erfüllen.
Luisa verschwand. Coco setzte sich aufs Bett und zog die Beine an. Sie legte die Arme um die Knie und dachte nach. Ihr Plan stand fest. Sie mußte Czersky unter ihren Einfluß bringen und dafür sorgen, daß sie im Lager und von den Landsknechten aus keine Gefahr lief. Dann mußte sie baldmöglichst und an einem geeigneten Platz mit Merlin Kontakt aufnehmen und zusehen, daß sie in ihre Zeit zurückgelangte.
So interessant der Aufenthalt in einem Landsknechtlager im Jahr 1629 auch sein mochte, Coco wollte ihn nicht unnötig verlängern. Zwar konnte sie, wenn sie per Beschwörung und Armband in ihre Zeit zurückkehrte, sich den Zeitpunkt auswählen. Sie brauchte im 20. Jahrhundert also keine Zeit zu verlieren und war, selbst wenn sie längere Zeit in der Vergangenheit oder Zukunft verbracht hatte, nicht gealtert. Auch verschwanden Verletzungen durch die Zeitreise.
Coco hätte theoretisch nach einem sehr langen Aufenthalt in der Vergangenheit als alte Frau und mit abgehacktem Arm in den Zeitschacht treten können. Und sie wäre im 20. Jahrhundert in ihrer Zeit, strahlend jung und unverletzt wieder aufgetaucht, vielleicht nur einen Moment nach dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Zeit verlassen hatte.
Die Erinnerung blieb Coco natürlich, und seelisch war sie davon genauso geprägt wie von ihren vielen Abenteuern. Coco, die entartete, undämonische Hexe aus der Schwarzen Familie hatte immer chaotisch und außerhalb der Norm gelebt, soweit es so etwas für ein Mitglied der Schwarzen Familie gab. Sie hatte sich daran gewöhnt.
Manchmal sagte sie sich, daß der Ewige Jude Ahasver ein umherschweifenderes Leben geführt haben konnte als sie. Andererseits bereitete es ihr auch Spaß, sehr oft jedenfalls, und entsprach ihrem Temperament.
Coco wackelte mit den Zehen. Sie hatte noch keine rechte Lust aufzustehen. Jetzt ergab sich wieder ein Problem, nämlich die sanitären Anlagen, die keineswegs dem Standard des 20. Jahrhunderts entsprachen. Die Aborte im Lager stanken zum Himmel. Außerdem befanden sie sich logischerweise außerhalb des Zeltes.
Zwar standen zwei Nachttöpfe unterm Bett, Coco konnte sich aber nicht recht damit anfreunden. Obwohl man sie bei den Verhältnissen wohl benutzen mußte.
In Coco brannte die Ungeduld zu erfahren, was aus Dorian, Martin und Tirso geworden war, und sie wollte sie wiedersehen. Außerdem gab es Probleme mit Castillo Basajaun, deren Schwere Coco aber nicht in ihrer ganzen Tragweite kannte. Sie hatten von Südamerika aus wenig Gelegenheit gehabt, nachzuforschen, und dann war die Verbindung ganz abgerissen.
Czersky regte sich neben Coco, schlug die Augen auf, stöhnte und griff sich an den Schädel. „Hundsblutsapperment!" legte er los. „Mein Kopf zerbirst. Dabei hat mir der Oberstleutnant versichert, der Wein sei erstklassiger Tokaier aus einem Pfaffenkeller. Haben wir denn gerauft?" überlegte Czersky laut, als er seine Beulen fühlte. „Potz, Donner und Schock!"
Plötzlich erinnerte sich Czersky. Er fuhr auf, sah Coco neben sich sitzen und wollte ihr an die Kehle fahren.
„Dir dreh ich den Hals um, du Mensch, du! Dir werde ich's zeigen, dich einem kaiserlichen Feldhauptmann zu verweigern und ihn obendrein noch aufs Haupt zu schlagen, Metze!"
Coco versuchte, Czersky zu hypnotisieren. Doch wegen seines Zorns und weil er ihr nicht genau in die Augen blickte, mißlang es. Coco rollte sich aus dem Bett und warf dem Rasenden einen Stuhl vor die Füße. Eine Hellebarde lag am Boden, und Czersky packte sie in seinem Zorn und warf sie nach Coco.
Die Hellebarde raste auf die in die Ecke gedrängte Coco zu. In letzter Not, weil sie sie anders nicht abwehren konnte, errichtete Coco
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