1743 - Die Templer-Gruft
James meinte, dass es nur bedingt damit zu tun haben könnte.
»Und wie ist es wirklich?«
»Das werden Sie jetzt hören.«
Es geschah nicht oft, dass Sir James einen längeren Vortrag hielt. Jetzt war es der Fall und wir waren auch ganz Ohr, denn was Godwin erlebt hatte, fiel aus dem Rahmen. Aber er hatte unserem Chef zahlreiche Informationen geben können und die saugte ich auf wie ein trockener Schwamm das Wasser.
Der Name des Toten Henri Graham.
Kurz nachdem Sir James ihn ausgesprochen hatte, fragte er mich, ob er mir bekannt war.
»Nein, Sir.« Ich wandte mich an Suko. »Was ist mit dir?«
»Nie gehört.«
»Anders wäre es auch ungewöhnlich gewesen«, erklärte Sir James. »Ich habe nachgeforscht, und Sie glauben gar nicht, auf welche Widerstände ich dabei gestoßen bin. Dieser Henri Graham war ein menschliches Phänomen. Er hat es geschafft, sich zwischen allen Fronten zu bewegen. Vergleichbar mit einem Aal, der nicht zu fassen ist.«
»Und was bedeutet das genau?«
»Man kann ihn als einen freiberuflichen Agenten bezeichnen. Das habe ich von unserem Geheimdienst erfahren, was wirklich nicht einfach gewesen war.« Er schüttelte den Kopf. »Dieser Henri Graham war ein Einzelgänger. Er nahm Jobs von verschiedenen Auftraggebern an.«
»Aha...«
Unser Chef schaute mich an. »Wie ich schon erwähnte, dieser Mann war sehr flexibel. Er nahm nicht nur von einem Auftraggeber Jobs an, sondern verkaufte sich an mehrere. Einzelheiten habe ich natürlich nicht erfahren, und ich weiß auch nicht, für wen er gearbeitet hat, als man ihn umbrachte. Jedenfalls hat es einer bestimmten Seite nicht gefallen.«
»Wissen Sie denn, warum er sich mit Godwin de Salier getroffen hat?« Eigentlich hatte ich nicht mit einer konkreten Antwort gerechnet, aber Sir James überraschte uns.
»Das kann ich Ihnen beiden sagen. Graham hat sich mit dem Templer getroffen, weil er ihm ein Foto zeigen wollte. Was er auch getan hat. Das Foto hat de Salier mir beschrieben, er wollte es eigentlich mailen, doch das hat nicht geklappt. So kann ich es Ihnen nicht präsentieren.«
»Aber Sie kennen das Motiv?«
»Ja, das ist mir bekannt. De Salier hat von einer mit Gebeinen gefüllten Templer-Gruft gesprochen, wobei die alten Knochen nicht das Wichtigste dort waren. Es ging hier um das Prunkstück der Gruft. Das kann man ohne Weiteres so sagen.« Er saugte die Luft durch die Nase ein. »Es ist eine goldene Rüstung.«
Suko und ich hatten die Ohren gespitzt. Ich hatte mir so meine Gedanken gemacht, und Suko sicherlich auch, doch mit einer goldenen Rüstung hatten wir nicht gerechnet.
»Und Sie haben sich nicht verhört, Sir?«
»Nein, John, das habe ich nicht.«
Ich nahm es also hin. Und ich ahnte schon, dass diese Rüstung sehr wertvoll war, was wohl nicht allein an dem Material lag.
»Was könnte denn diese Rüstung mit Henri Graham zu tun haben?«, fragte Suko.
»Eigentlich nichts. Bis auf die Tatsache, dass er sie in der Gruft entdeckt hat. Und damit kommen die Templer ins Spiel. Er hat die Gruft entdeckt, was anderen Leuten wohl nicht gepasst hat. Bevor das Wissen vollständig in die falschen Hände geriet, ist man hingegangen und hat ihn umgebracht. Mitten in einer touristischen Szene einer bekannten Stadt. Dazu gehört schon was.«
Der Meinung waren wir auch. In mir stieg sofort eine Ahnung auf, dass wir bald eine Reise antreten würden. Ich konnte mir vorstellen, dass es der oder die Killer auch auf Godwin abgesehen hatten, weil sie davon ausgehen mussten, dass er zu viel von dem Toten erfahren hatte.
»Müssen wir noch etwas wissen, Sir?«
Unser Chef schaute uns an, wandte sich bei seiner Antwort aber an mich. »Ja, da gibt es noch etwas, John. Ich habe meine Beziehungen spielen lassen.« Er räusperte sich. »Wir haben Glück, denn dieser Henri Graham hat seinen offiziellen Wohnsitz hier in London gehabt. Ein Apartment in Belgravia, nicht eben preiswert, aber er wurde ja gut bezahlt.«
»Und da sollten wir uns mal umschauen«, folgerte ich.
»Das dachte ich mir.«
»Weiß das auch Godwin de Salier?«
»Ich habe nicht mehr mit ihm gesprochen, doch er weiß, dass ich Sie informieren wollte, und ich habe ihm gesagt, dass Sie sich mit ihm kurzschließen würden.«
»Das werde ich tun.«
»Dann bin ich gespannt, was dabei herauskommt.«
Es war praktisch ein Abschiedssatz. Wir erfuhren noch die genaue Anschrift des Toten, dann verließen wir das Büro und waren auf dem Flur doch recht nachdenklich.
»Was geht dir
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