1747 - So schmeckt der Tod
die andere Seite uns einen Schritt voraus war, wobei es fraglich war, ob wir ihn je aufholen konnten.
Einen positiven Punkt gab es allerdings. Wir hatten eine Zeugin, die genau wusste, wie die drei Gestalten aussahen. Sie würde uns eine gute Beschreibung liefern. Darauf setzte ich.
So liefen wir wieder zurück in das Haus des Designers, den wir zusammen mit seiner Mitarbeiterin im Büro fanden, wo er sich um die Frau kümmerte.
Als wir eintraten, schaute er hoch. »Haben Sie etwas erreicht?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Sie haben nichts erreicht, das sehe ich Ihnen an. Die andere Seite ist entkommen – oder?«
»Leider«, bestätigte Suko.
Mehr gab es zunächst nicht zu sagen. Wir schauten die Frau mit dem Vornamen Sandra an. Harold Higgins hatte sie provisorisch verbunden und sie dann in einen Sessel gedrückt, in dem sie mehr lag als saß. Sie war sehr blass, aber nicht bewusstlos, denn sie stöhnte leise.
»Der Arzt ist unterwegs«, erklärte Higgins. »Aber hier dauert es immer ein wenig. Wir liegen einfach zu weit vom Schuss.«
»Verstehe«, sagte Suko. »Hat Ihre Mitarbeiterin denn noch eine Aussage machen können?«
»Nein, das hat sie nicht. Ich ärgere mich selbst darüber, aber es ist leider so.« Er wechselte das Thema. »Sie haben auch nichts erreicht, denke ich.«
»Ja, so ist es. Aber wir haben drei Personen gesehen und gehen davon aus, dass es Frauen waren.«
Der Designer nickte uns zu. »Ja, das ist seltsam und auch schlimm, finde ich. Dabei habe ich gedacht, dass ich außen vor bin. Das scheint mir jetzt nicht so zu sein, ich habe vielmehr den Eindruck, dass sie mir an die Wäsche wollten.«
»Das könnte stimmen.«
Higgins gefiel meine Antwort nicht. »Was habe ich denn mit ihnen zu tun? Gar nichts, denke ich.«
»Das sieht die andere Seite vielleicht anders.«
»Und warum, Mister Sinclair?«
Ich hob die Schultern. »Sie werden Sie als Zeugen eingestuft haben. Als einen Mann, der ihnen im Weg steht und...«
Er schlug sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel. »Aber ich habe sie doch gar nicht zu Gesicht bekommen in der Nacht, verstehen Sie das?«
»Ich schon. Aber sagen Sie das mal der anderen Seite. Man will Sie an einer Aussage hindern, und man will vor allen Dingen Blut. Ja, Menschenblut.«
Higgins schüttelte den Kopf. »Furchtbar ist das. Wirklich nur furchtbar.« Er schaute seine Mitarbeiterin an. »Dabei hat sie erst recht nichts getan. Warum wurde sie überfallen?«
Diesmal gab Suko die Antwort. »Das ist meiner Ansicht nach die reine Gier nach dem Blut gewesen. Eine andere Möglichkeit gibt es für mich nicht.«
Harold Higgins senkte den Kopf. »Allmählich glaube ich das auch. Blut, nur immer Blut.« Er deutete auf Sandra. »Ich kann nur hoffen, dass sie nicht zu viel davon verloren hat. Zum Glück konnte ich sie noch verbinden, aber wer weiß schon, wie stark ihr Blutverlust gewesen ist. Ich jedenfalls bin da überfragt.«
Das waren wir auch und konnten nur hoffen, dass der Arzt schnell genug hier war. Und das trat ein, denn wir hörten die Sirene des Notarztwagens.
»Endlich«, flüsterte Higgins und lief aus seinem Büro, in dem wir zurückblieben. Wir fühlten uns nicht eben super, sondern mehr wie Menschen, die eine Niederlage erlitten hatten.
Suko stellte eine Frage, die auch mir auf der Zunge gelegen hatte. »Wer kann uns weiterhelfen?«
»Keine Ahnung. Aber wir werden eine Spur finden, wie auch immer. Ich gehe mal davon aus, dass sich die Halbvampirinnen diese Gegend als Rückzugsgebiet ausgesucht haben.«
»Meinst du, dass sie ihre Aktivitäten eingeschränkt haben?«
Ich wiegte den Kopf und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Das schaffte ich im Flur des Hauses, denn wir wollten die Helfer nicht stören, die sich um Sandra kümmerten.
»Eines will mir nicht aus dem Kopf«, sagte ich.
»Was?«
»Erinnere dich daran, dass Lucas Ball von den schwarzen Kreuzen auf den Stirnen gesprochen hat. Das ist mir neu. Ich weiß auch nicht, was das zu bedeuten hat. Halbvampire hassen Kreuze, das weiß ich. Das habe ich schon bei einem ersten Zusammentreffen mit ihnen erlebt. Warum sieht man auf den Stirnen Kreuze?«
»Keine Ahnung. Es könnte auch möglich sein, dass sich unser Zeuge getäuscht hat.«
Sukos Bemerkung war es wert, dass ich darüber nachdachte. So ganz wollte ich ihm aber nicht zustimmen. »Er mag unter Stress gestanden haben, Suko, aber so etwas saugt man sich nicht aus den Fingern. Ich gehe davon aus, dass es eine Tatsache ist. Er wird
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