175 - Ich - Coco Zamis
mußte die Kraft dazu schlummern. Dorian zeichnete mit dem Silberdolch versuchsweise ein magisches Zeichen in die Luft vor der unheimlichen Wand. Ein schauriges Hohngelächter war das einzige Ergebnis, das er erzielte.
„Glaubst du, daß für Basajaun noch Hoffnung besteht, Dorian?" fragte Wagner.
„Solange jemand am Leben ist und noch Mut hat, besteht auch Hoffnung", antwortete Dorian ruhig. „Unsere Crew geht so leicht nicht unter. Laßt uns in den Rittersaal zurückkehren."
Dort waren alle versammelt. Dorian schritt geradewegs auf Ira Marginter zu.
„Wie erklärst du dir, daß die Fresken und Reliefs, die du viele Monate lang restauriertest, jetzt zum Leben erwachen?" fragte er.
„Woher soll ich denn das wissen?" Ira regte sich auf. „Mir ist bei meiner Arbeit, die ich ordnungsgemäß erledigte, nichts aufgefallen. Ich bin unschuldig an dem, was sich hier abspielt."
Dorian betrachtete Ira prüfend. Sein Instinkt, den er in langen Jahren und vielen Leben entwickelt hatte, warnte ihn. Er bemerkte eine schwach dämonische Ausstrahlung bei Ira, die ihm früher nie aufgefallen war. Im nächsten Moment war diese Ausstrahlung wieder verschwunden.
Jeder, der Basajaun betrat oder gar bewohnte, wurde gründlich überprüft, Außerdem hatte sich Ira oft genug in unmittelbarer Nähe von Dämonenbannern und geweihten Gegenständen aufgehalten, die sogar Luguri persönlich zugesetzt hätten. Dorian wurde wankend in seiner Überzeugung, aber sein Verdacht blieb bestehen.
Ira Marginter, die er von früher her kannte und schätzte, schaute ihn treuherzig an.
„Würdest du mich wirklich für fähig halten, euch alle und Basajaun zu verraten, Dorian?" fragte sie suggestiv. „Dann will ich nicht länger hierbleiben und verlasse das Castillo auf der Stelle. Die Bauern werden einer harmlosen jungen Frau schon kein Leid zufügen."
Flindt schlug krachend auf den Tisch und brüllte dazwischen.
„Das fehlte noch! Eher soll Hunter gehen. Ich habe Ira gestern selbst mit dem Kreuz und mit Weihwasser überprüft und für harmlos befunden." Die andern murmelten zustimmend. „Ich glaubte zuerst auch, daß es einen Verräter unter uns gäbe. Aber ich habe meine Meinung geändert. Wir sind eine verschworene Gemeinschaft ohne ein betrügerisches Mitglied. Die schwarze Wand in den Gewölben ist schuld daran, daß dieser Schrecken stattfindet. Wenn wir die Wand durchdringen und beseitigen, was dahinter steckt, hört der Höllenspuk auf."
Dorian betrachtete ihn nachdenklich.
„Vielleicht hast du recht, Abi. Aber ich habe mit dir noch etwas abzuklären. Du hast mich im Stich gelassen und wolltest meinen Tod. In dieser verzweifelten Lage stellst du dich gegen mich. Ich zweifle an deinem Verstand."
Er ging zu Flindt und stellte sich knapp vor ihn hin. Flindt hatte den Helm abgesetzt. Davon abgesehen trug er seine volle Bewaffnung und hob wieder drohend das Zackenarmband. Dorian packte ihn, hebelte ihm den Arm herum und zwang Flindt, der ihm dadurch den Rücken zukehrte, in die Knie. Dorian hatte so schnell zugepackt, daß Flindt ihn nicht abwehren konnte.
Er kniete vor Dorian, der ihm den Arm verdrehte. Flindt war hilflos in diesem Griff des Dämonenkillers.
Dorian schnallte ihm das Armband ab und warf es verächtlich weg, desgleichen das Silbermesser und die Pistole. Dann stieß er Flindt von sich.
„So, Abi, mein Junge, wenn du dich abgeregt hast, kannst du dir deine tolle Kampfausrüstung wieder holen. Einen schicken Anzug hast du da an. Ist er selbstgeschneidert?"
Dorians Hohn trieb Flindt das Blut ins Gesicht. Er stand geduckt da, hielt sich den Arm und brachte kein Wort hervor.
„Wenn du mich noch einmal mit deinem Dämonenkratzer bedrohst, jage ich dich davon, Abi", sagte Dorian. „Mir kannst du keine Angst einjagen. Kerlchen wie dich habe ich schon im Dreißigjährigen Krieg als Frühsport bewältigt. Ich warne dich nicht noch einmal."
Flüchtig erinnerte sich Dorian an eine weitere Episode aus seinem sechsten Leben. Er würde sie sich später genauer ins Gedächtnis rufen. Flindt erstickte beinahe an seinem Zorn. Doch er steckte nicht zurück. Schneid hatte er, das mußte man ihm lassen.
„Du hast mich eben überrumpelt, Dorian, und noch einmal wird dir das nicht gelingen. Ich sage es dir noch einmal hier vor allen ins Gesicht, daß du als Anführer der Dämonenkiller-Crew versagt hast. Ich halte nichts mehr von dir."
„Das kannst du sehen, wie du willst, Abi", sagte Dorian leise. „Ich habe mich nie wie
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