1750 - Die Zeitmühle
große Lücken, die einen Blick auf das Haus freigaben, in dem die Zimmer lagen. Über einen langen, geschützten Weg war es zu erreichen, so wurde der Gast auch bei Regen nicht nass.
Eine gemütliche Atmosphäre empfing uns nach dem Eintreten. Die Zimmer waren vorbestellt. Dagmar fragte sicherheitshalber, ob es eine Nachricht für sie gegeben hatte.
Das war nicht der Fall, und so konnten wir zu unseren Zimmern gehen. Auf dem Weg dorthin fragte ich: »Hast du dir etwas anderes überlegt, oder bleibt es bei unserem Plan?«
»Es bleibt dabei. Wir statten Eike Peters einen Besuch ab. Er wird schon auf uns warten.«
»Gut.«
Wir mussten eine Außentreppe hoch gehen, uns dann nach links wenden, wo die beiden Zimmer lagen. Wir wohnten gegenüber. Jeder in einem Doppelzimmer.
Ich machte mich etwas frisch und schaute dann aus dem Fenster. Ja, der Herbst war schon weiter fortgeschritten. Die Bäume sahen aus, als warteten sie darauf, ihr buntes Kleid endlich verlieren zu können. Nach ein paar kräftigen Stürmen würde es so weit sein.
Es klopfte, dann betrat Dagmar mein Zimmer. »Können wir starten?«
»Klar.«
»Super. Ich habe mit Eike Peters gesprochen. Er wartet auf uns. Den Weg zu seinem Haus hat er mir beschrieben.«
»Das ist gut.« Sich in dieser Gegend zu verfahren, und das noch als Fremder, war kein Spaß.
Auch jetzt fuhr Dagmar Hansen wieder. Auf der Fahrt sprach sie noch mal ein bestimmtes Thema an.
»Ich wundere mich noch immer darüber, dass Harry sich mit seinem Kollegen verabredet hatte und nicht zu ihm gekommen ist. Das ist sonst nicht seine Art.«
»Er wird es nicht gekonnt haben, Dagmar. Sie haben ihn unterwegs abgefangen. Wie auch immer.«
»Ja, das ist möglich. Abgefangen und verschleppt. Aber wohin, frage ich dich.«
»Wir finden es heraus.«
»Mal sehen.«
Mittlerweile hatten wir Wiesmoor erreicht und rollten über die breite Hauptstraße. Die kleine Stadt machte einen sehr sauberen Eindruck auf uns. Selbst die grauen Wolken änderten nichts an diesem Anblick. Wir mussten irgendwann rechts ab, und deshalb fuhren wir langsamer. Dagmar fand den richtigen Weg, wenig später auch die richtige Straße, und schon bald hielten wir vor dem Haus an, in dem Harrys Kollege wohnte.
Es war eine normale Straße. Die Häuser standen auf recht großen Grundstücken. Bäume zeigten ihr buntes Herbstkleid. Zwei Häuser weiter war ein Mann damit beschäftigt, Laub zusammenzufegen.
Unsere Ankunft war bereits bemerkt worden. Die dunkelgrün gestrichene Haustür wurde geöffnet und ein Mann erschien auf der Schwelle. Es war Eike Peters. Er sah aus, wie man sich einen Norddeutschen vorstellte. Groß, blondes Haar, das allerdings anfing, grau zu werden. Er hatte ein offenes Gesicht, in dem sich die Lippen jetzt zu einem breiten Lächeln verzogen.
»Na, das nenne ich pünktlich«, sagte er und lachte, bevor er Dagmar seine Hand entgegenstreckte und sich noch mal vorstellte, danach war ich an der Reihe, und leicht bewundernd sagte er: »Ein Kollege aus London. Und dann noch von Scotland Yard. Das ist schon was. Ich freue mich, Sie begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen.«
Auch mir gefiel die Art des Mannes, und noch besser gefiel mir der Duft des Tees, der uns im Haus empfing. Zusammen mit dem Aroma von frischgebackenem Kuchen.
»Sie werden bestimmt etwas essen können. Meine Frau ist Weltmeisterin im Backen.«
»Das riecht man«, sagte ich.
Im Wohnzimmer war ein runder Tisch bereits gedeckt. Die hellen Möbel passten in diese Gegend. Durch das Fenster schauten wir in einen Garten, der sich ziemlich weit hinzog.
Eike Peters hatte meinen Blick bemerkt. »Ja, durch ihn ist unser Besuch verschwunden, Herr Sinclair.«
»Sagen Sie bitte John.«
»Okay.«
»Und ich bin Dagmar«, sagte Dagmar Hansen.
Ich fragte: »Was meinen Sie mit Besuch?«
Der Kollege strich durch sein Gesicht. »Zum einen mein Urgroßvater, was ich noch immer nicht fassen kann. Und dann gehe ich davon aus, dass auch Harry Stahl durch den Garten gegangen ist.«
»Und wohin?«
Peters sah mich an und schüttelte den Kopf. »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Die Spuren haben sich jenseits des Grundstücks verloren. Warum Harry nicht ins Haus gekommen und jetzt verschwunden ist, das kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Ihn muss etwas abgelenkt haben«, meinte Dagmar. »Und zwar etwas Wichtiges.«
»Da will ich nicht widersprechen.«
Wir saßen um den runden Tisch herum. Ein Stuhl war noch frei. Allerdings nicht mehr
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