1750 - Karawane der Verzweifelten
willst du, Homer?"
„Ich muß nach Hirdobaan. Bis vor ein paar Tagen habe ich ein Hamamesch-Warenstück besessen. Und Hanse-Chef bin ich auch nicht mehr. Du kannst dir denken, warum."
„Ja. Ich habe ebenfalls kein Kommando mehr. - Zeig mir dein Warenstück."
„Ich hab's weggeworfen. Aber wie ich sehe, besitzt du dein Exemplar noch."
Adams musterte das sechs Zentimeter breite, flexible Stirnband, das sich in Schläfenhöhe über Umkhetes Kopf zog. Es verfügte über eine umlaufende Datenleiste, die ständig wechselnde Meßwerte zeigte. Innerhalb weniger Minuten erschien alles mögliche von Temperatur bis Luftdruck. Die physikalischen Einheiten waren nicht in Hamsch, sondern in Interkosmo geschrieben.
Irgendwo in der Nähe mußte ein Funkgerät laufen. Das Stirnband brachte nämlich Daten über Sendestärke und Frequenz. Adams schaute sich unauffällig um; erkannte aber nur eine Frau, die völlig offen per Armband-Interkom jemanden anrief.
Keine Agentin. Zufall.
Adams wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Mann gegenüber zu. Umkhete war noch kleiner als er selbst. Über diesen Gedanken mußte er lächeln. Als ob das wichtig gewesen wäre!
„Ein ziemlich seltsames Stirnband. Irgendwie gefährlich?"
Umkhete lachte. „Nein. Das Ding ist von den Hamamesch, ganz richtig. Ich hab's im Basar UARAM gekauft. Am Zentrumskern der Milchstraße gab es die seltsamsten Sachen. Ziemlich viele Stirnbänder mit unterschiedlichen Funktionen. Manche waren direkt unheimlich."
Adams starrte fasziniert auf die Datenleiste. Es sah aus wie ein antiker Flüssigkristallbildschirm, der jedoch aus vielen verschiedenen Feldern bestand - rings um den Kopf angeordnet.
„Kannst du die Datenauswahl beeinflussen?"
„Nein. Und das Ding mißt nicht einmal präzise. Nichts Hyperphysikalisches, nur normales Zeug. Man kann es eigentlich für gar nichts brauchen. Siehst du?"
Born Umkhete legte das Band ab. Die Datenflut erlosch im selben Augenblick. „Jeder kann es ablesen. Nur ich selbst brauche einen Spiegel dazu. Aber ich habe mich so daran gewöhnt, jetzt behalte ich es auf."
„Das Band ist nicht so wichtig", sagte Adams. „Ich möchte wissen, wie du dich fühlst. Gut genug, um als Erster Pilot zu fliegen?"
„Warum diese Frage?"
„Weil ich ein Schiff habe. Ich sagte bereits, daß ich nach Hirdobaan will."
Umkhete wurde blaß. Adams konnte sehen, daß er mit dieser Frage bereits abgeschlossen hatte; und nun kam der Ex-Hanse-Chef und eröffnete ihm eine Chance, die grausame Lücke noch einmal zu schließen.
„Mir geht es bestens, Homer", log er. „Ach was, jedenfalls gut genug."
„Dann bist du dabei."
Adams traf die üblichen Vorsichtsmaßnahmen. Da er es eilig hatte, ließ er Umkhete sitzen, wechselte sicherheitshalber das Viertel und machte sich erneut auf die Suche.
Seine nächste Eroberung war eine Wissenschaftlerin: Tsuni Barois, dunkles Haar, mit einem schlampigen Knoten am Hinterkopf. Sie hatte eine lange Nase, einen schmalen Mund, schwarze Augen. Der ewig berechnende Gesichtsausdruck ließ sie ziemlich gefährlich scheinen.
Ein gutes Gefühl hatte er nicht, wenn er ihr gegenüberstand. Aber sie brachte die fachliche Qualifikation, ebenso wie hinreichende Selbstbeherrschung. Dieser Frau traute er 118 Millionen Lichtjahre zu. Wer konnte schließlich wissen, wozu man eine Wissenschaftlerin ihres Formats noch brauchte?
Der letzte wichtige Mann, den er schließlich auf die TANKSET holte, war ein baumlanger Arkonide. Suaresch sollte sein Chefmediker sein. Ständiges Grinsen im Gesicht.
Durchschaubar, Medikerroutine. Aber fähig.
Mit den übrigen Leuten gab er sich nicht soviel Mühe. Er nahm unter anderem Born Umkhetes Hilfe bei der Auswahl der Besatzung in Anspruch. Das war weniger auffällig, weil Geo Sheremdoc die Suche nach Adams garantiert nicht aufgegeben hatte.
Eine Woche später hatte er alle beisammen. Adams flog seine neuen Leute in mehreren Beiboot-Transporten ans Ziel. Der Treck nach Hirdobaan konnte beginnen.
*
Wer die Nachrichtensendungen verfolgte, kam unweigerlich zu dem Schluß, die gesamte Milchstraße befinde sich in hellem Aufruhr. Dabei waren es nur 18 Milliarden Süchtige. Eine lächerlich geringe Zahl, wenn man sämtliche Bewohner einer Galaxis dagegensetzte. Die andere wichtige Zahl jedoch, die von 118 Millionen Lichtjahren, war und blieb gewaltig. Im Verhältnis dazu stand der Aufwand, den die Süchtigen treiben mußten.
Fernflugtaugliche Raumschiffe gab es nicht in unbegrenzter
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