1752 - Als die Templer brannten
denen, die es gut mit euch meinen und den rechten Weg gehen...«
Die Heuchelei war nicht mehr zu überbieten. Doch das merkte niemand oder wollte niemand merken. Und so schauten zahlreiche Augenpaare auf die Mönche, die sich noch bemüßigt sahen, ihren Segen zu spenden.
Sie hatten ihre Aufgabe erfüllt und konnten sich jetzt um den zweiten Teil kümmern, denn das Hab und Gut der Verbrannten musste verteilt werden.
Und es gab noch zwei Helden unter den Gaffern. Das waren die beiden Fackelträger, die der Wirt einer Schenke einlud, bei ihm kostenlos trinken zu können.
Gern nahmen die Männer das Angebot an.
Allmählich löste sich die Menge auf. Gesprochen wurde kaum. Die große Euphorie war vorbei, und sie fühlten sich nicht besonders gut. Aber auch sie lockte die Schenke. Zumindest die Männer dachten daran. Der Wein würde ihr Gewissen verwässern, und hinterher konnte sich jeder, der zugeschaut hatte, als Sieger fühlen, obwohl die meisten Gaffer gar nicht wussten, weshalb die beiden Templer gestorben waren. Dafür waren andere zuständig. Sie hatten sich da nicht einzumischen, denn in Zeiten wie diesen war nur das Überleben wichtig.
Irgendwann, der Morgen war bereits angebrochen, schlich eine Gestalt zu der erkalteten Feuerstelle. Niemand störte sie, denn im Ort schlief man noch.
Vor dem ersten Hahnenschrei war die Gestalt wieder verschwunden...
***
Herbst in Südfrankreich!
Kein Nebel, kein Regen, kein erster Frost, dafür ein blauer Himmel, dessen Farbe kaum zu beschreiben war, weil er einfach nicht zu dieser Jahreszeit – November – passte.
Aber in diesem Jahr war alles anders. Während weiter östlich starke Regenfälle wie eine Sintflut vom Himmel fielen und sich diese Unwetter bis nach Italien ausgebreitet hatten, war die Gegend um Alet-les-Bains verschont geblieben. Hier hatte die Sonne für Temperaturen gesorgt, die über zwanzig Grad lagen. Die meisten Menschen freuten sich darüber, aber es gab nicht wenige, die über Kreislaufbeschwerden klagten.
Auch das Templerkloster in der kleinen Stadt Alet-les-Bains wurde vom Schein der Sonne geblendet.
Chef des Klosters war ein Mann namens Godwin de Salier. Er sah sich nicht als Großmeister der Templer an, nein, das wollte er nicht, aber er hatte dieses Kloster im Laufe der Jahre zu einer kleinen Festung ausgebaut, in der auch auf die modernste Technik nicht verzichtet wurde.
In einem Templer-Kloster leben normalerweise nur Männer. Hier war es anders, denn es gab eine Frau, die hier ihre Heimat gefunden hatte. Sie hieß Sophie Blanc und war Godwin de Saliers Gattin. Auch sie wusste um die Gefahren, die oft genug auf die Templer zukamen. Sie hatte schreckliche, aber auch schöne Tage erlebt, und dieser sah so aus, als würde er erneut ein kleines Wunder werden.
Das Ehepaar hatte länger geschlafen, und noch vor dem Frühstück hatte Godwin de Salier mit einem sehr guten Freund telefoniert. Er hieß John Sinclair, war Engländer und lebte in London. Kürzlich hatte er im Elsass aufgehalten, wo er zusammen mit seinem deutschen Kollegen Harry Stahl einen Fall in einer ehemaligen Templer-Komturei gelöst hatte.
Der Kaffee war fertig. Er dampfte bereits in den Tassen, der Tisch war auch gedeckt und das Paar saß sich gegenüber.
Natürlich war Sophie neugierig. »Was hat John gesagt?«
Godwin lächelte. »Er hat alles gut überstanden.«
Sophies blaugraue Augen glänzten. Sie war eine schöne Frau, die manchmal ein wenig ätherisch wirkte. Das weiche Gesicht, die schön geschwungenen Lippen, das seidige Haar, das sie jetzt mit zwei Klammern hochgesteckt hatte.
»Und weiter?«, fragte sie.
Godwin trank erst mal von seinem Kaffee. »Er hat Kontakt mit einem ungewöhnlichen Wesen gehabt.«
»Ach? Womit denn?«
»Mit einem Nephilim.«
Sie schluckte. »Wer oder was ist das denn?«
Godwin musste sich konzentrieren, bevor er die Antwort geben konnte.
»Laut eines Kapitels in der Genesis sind die Nephilim die Nachkommen der mysteriösen Söhne Gottes.«
»Was?«
»Ja, so habe ich es von John erfahren, es sind gefallene Engel, die sich mit Menschenfrauen paarten. Ihre Nachkommen waren die Nephilim.«
Bei Sophie blieb das Erstaunen. »Und die gibt es noch?«
Der Templer hob die Schultern. »Anscheinend schon.«
»Aber der Fall ist gelöst?«
Godwin lächelte. »Genau das.«
»Und John ist schon wieder zurück in London?«
Godwin brach ein Croissant auseinander und träufelte Marmelade auf die Schnittstelle. »Ja. Harry Stahl ist noch
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