1760 - Tödliche Lockung
noch mal, warum hatte sie dann von diesem Blut gesprochen? Aber ich wusste nicht, welches Blut damit gemeint war. Das konnte das ihre, aber auch das Blut eines anderen Menschen sein. So genau wusste ich das nicht.
Ich wollte nicht aufgeben und startete einen erneuten Versuch, ohne etwas ändern zu können.
Dr. Simmons war an meiner Seite geblieben. Jetzt sah er die Zeit gekommen, sich zu melden.
»Ich denke nicht, dass es Sinn hat, hier weiter zu warten, dass sich etwas tut. Ich denke, dass sie sich in einer anderen Zone befindet, aus der sie dann durch ihre eigene Kraft erwacht. Man muss ihr nur Zeit geben.«
Da hatte der gute Simmons leider recht. Aber galt das auch für eine andere Seite? Zeit? Mittlerweile ging ich davon aus, dass nicht nur hier die Musik spielte, sondern möglicherweise in einer anderen Dimension.
Damit meine ich nicht das Jenseits, sondern noch eine Welt, die davor lag. Das jedenfalls war für mich besser vorstellbar. Möglicherweise spielte auch das Zeitphänomen eine Rolle. Wer konnte das schon alles sagen?
»Haben Sie sich zu etwas entschlossen, Mister Sinclair?«
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Ich werde nicht länger hier im Zimmer bleiben. Kann sein, dass ich störe, wobei auch immer. Ich werde mich vor die Tür setzen und hin und wieder mal nach ihr schauen.«
Der Arzt blickte mich für längere Zeit an, bevor er nickte. »Ja, das ist eine gute Idee.«
»Danke.« Ich warf noch einen Blick des vorläufigen Abschieds auf Purdy Prentiss, dann zog ich mich aus dem Zimmer zurück und setzte mich auf den Stuhl vor der Tür.
Dr. Simmons schaute von oben her auf mich herab. »Ich würde ja gern bei Ihnen bleiben, weil ich das Gefühl habe, dass hier trotzdem noch etwas passiert, aber auch ich habe in der Nacht meine Aufgaben zu erledigen.«
»Das verstehe ich. Lassen Sie sich davon nicht abhalten. Ich komme schon allein zurecht. Nur habe ich mein Handy nicht abgeschaltet und möchte es auch nicht.«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Es kommt auf den Erfolg an. Alles andere ist Nebensache.«
»Danke, dass Sie so denken.« Er nickte mir noch mal zu und ging tiefer in den Gang hinein.
Ja, und was tat ich?
Es war ganz einfach. Ich musste warten, und ich würde warten. Dass nichts passieren würde, daran glaubte ich nicht. Irgendwann würde sich die andere Seite schon melden, das hoffte ich jedenfalls...
***
Blacky besaß auch ein Auto. Einen über zehn Jahre alten Ford Fiesta, der noch immer seine Pflicht tat.
Er fuhr durch die Dunkelheit und auch durch feinen Regen, der einen Film auf die Scheiben legte.
Er saß nicht allein im Wagen. Carmen hatte ihren Platz auf der Beifahrerseite eingenommen. Sie gab sich lässig und siegessicher. Das war an ihrem Lächeln zu erkennen.
Dann meldet sie sich mit leiser Stimme. »Wir werden zwar recht normal parken, was um diese Zeit immer möglich ist. Aber wir nehmen nicht den Haupteingang.«
»Und was tun wir, wenn wir drin sind?«
Die Frau stieß einen leicht zornig klingenden Laut aus. »Muss ich dir das noch sagen? Purdy Prentiss muss sterben, und diesmal wirst du nicht versagen.«
»Ja, schon gut.«
Seine Gedanken bewegten sich in eine andere Richtung. Natürlich war er noch immer von ihr fasziniert und hoffte auf die tolle Belohnung, aber er fragte sich auch, warum Carmen ihre Feindin nicht selbst tötete. Die Chance war für sie ebenso gut oder schlecht wie für ihn. Da musste es irgendwas geben, was sie störte oder ein Geheimnis war, über das sie nicht reden wollte. Blacky traute sich auch nicht, sie danach zu fragen.
Gegen Abend wirkte die Klinik wie ein heller Turm. Da waren fast alle Fenster erleuchtet. Das traf für die Nacht nicht zu. Es war die Zeit des Schlafens mit Dunkelheit in den Zimmern, sodass sich das helle Licht nur um den Eingang herum verteilte und auch die Notaufnahme durch die Helligkeit zum Tage machte.
Es lief alles gut. Es gab keine Probleme, und als sie auf das Gelände der Klinik rollten, fuhr Blacky langsamer. Er hatte einfach das Gefühl, es tun zu müssen, denn er hielt Ausschau nach einem Platz, wo er am wenigsten auffiel.
Carmen zeigte ihm den Weg. Er führte durch das Gelände auf den Anbau zu. Rechts und links standen die lautlosen Gerippe der Bäume. Äste und Zweige glänzten nass, und Carmen legte dem Fahrer ihre Hand auf den Unterarm.
»Stopp...«
Er schrak leicht zusammen. »Wie? Jetzt schon?«
»Fast, mein Lieber, fast. Fahr noch ein paar Meter, dann kannst du nach rechts abbiegen. Wir
Weitere Kostenlose Bücher