1765 - Der Schattenprinz
bist es!«
Er nickte. »Ja, ich bin es. Du hättest meinen Namen ruhig aussprechen können.«
Das tat der Vampir jetzt. Er setzte zweimal an und flüsterte: »Hector de Valois...«
»Genau der.«
»Der Mann mit dem Kreuz!«
De Valois lachte. »Das brauche ich für dich nicht. Ich werde dich auch so vernichten. Außerdem bin ich nicht allein gekommen. Vor der Tür warten Menschen, die ganz wild darauf sind, dich in ihre Hände zu bekommen. Sie haben mir versprochen, dich zu zerstückeln, zu vierteilen, was auch immer.«
»Und du nicht?«
»Nein.«
»Was hast du denn vor?«
»Das ist ganz einfach, ich werde die Stelle an deinem Körper durchbohren, in der ich das Herz weiß. Und wenn ich dort treffe, ist das für dich vernichtend.«
»Und warum willst du das tun? Was habe ich dir getan?«
»Nichts, aber anderen Menschen. Ich hasse Wesen, die Menschenblut trinken. Ja, die hasse ich, und deshalb stehst du auch auf meiner Liste.«
»Ja, du bist gut und hast keine Angst. Ich spüre es sehr deutlich. Möchtest du meinen Vorschlag hören?«
»Eigentlich nicht.«
»Ich sage ihn dir trotzdem.«
»Also gut.«
»Wir beide tun uns zusammen. Du und ich. Ich bin ein Geschöpf der Nacht, du bist tagsüber stärker. Es wäre doch gelacht, wenn wir beide kein gutes Team würden.«
»Möglich.«
»Dann schlägst du ein?«
»Nein, auf keinen Fall. Ich paktiere nicht mit Geschöpfen der Finsternis. Ich bin gekommen, um dich zu vernichten oder um dich zu erlösen. Was du führst, ist kein Leben. Das ist nichts, gar nichts.«
»Ich ernähre mich von...«
»Das weiß ich. Du musst mir nichts sagen. Ich werde dich hier und jetzt ein für alle Mal vernichten.«
»Das habe ich gehört.«
Weitere Worte hörte der Mann nicht, der seinen Degen in der Hand hielt und jetzt sah, wie der Blutsauger zur Seite wich. Er wollte in die Nähe des Fensters gelangen und den Weg nehmen, den er gekommen war. Dass er es auf diese Art und Weise geschafft hatte, war schon ein Rätsel für de Valois.
Der Mann, der mit ihm vor der Tür gelauert hatte, stand noch immer dort. Er traute sich nicht in das Zimmer hinein.
Er wollte etwas sagen, hielt den Mund schon offen, als de Valois einen Schritt nach vorn machte. Der zweite sollte erfolgen, er folgte auch, aber nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte, denn vom Bett her griff Dahlia ein.
Sie hatte ihr Kopfkissen zusammengeknüllt, hielt es mit beiden Händen fest und schleuderte es dem Mann mit dem Degen mitten ins Gesicht...
***
Es sah schon lächerlich aus, wie das Kissen plötzlich auf dem Degen tanzte und zugleich das Gesicht des Mannes verdeckte. Dann stieß die Klinge aus dem dünnen Stoff hervor. Einige Federn trudelten durch die Luft.
Dahlia lachte, als sie die Szene sah. Hector de Valois war abgelenkt. Es würde ihn Zeit kosten, wieder an der richtigen Stelle zu sein, um den Kampf zu gewinnen.
Mit einer wütenden Bewegung der Waffe befreite er sich von dem Kissen. Automatisch huschte er in Richtung Tür, denn er ging davon aus, dass der Blutsauger fliehen wollte.
An der aber stand der zweite Mann. Er war ebenfalls bewaffnet und hatte sich eine alte Lanze geschnappt, deren Spitze einen Film aus Rost zeigte.
Der Vampir tat ihm den Gefallen nicht und lief auf ihn zu. Er tat etwas ganz anderes, was auch den lauernden Hector de Valois überraschte. Der Blutsauger rannte auf eine der Wände zu. Es sah so aus, als würde er dagegen prallen, weil nichts bei ihm darauf hinwies, dass er abstoppen wollte. Das tat er auch nicht. Er sprang plötzlich in die Höhe, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn er hatte sich die Wand als Ziel ausgesucht und huschte sie hoch.
Es war ein Bild, mit dem Hector de Valois nicht gerechnet hatte. Aus weit aufgerissenen Augen musste er mit ansehen, wie der Blutsauger an der Wand hoch und an der Decke entlang lief, als hätte er die Schwerkraft aufgehoben. Er lief auf eine Ecke zu und blieb dort für einen Moment hocken. Von da schaute er nach unten. Seine Pupillen leuchteten auf, und es war eine rötliche Farbe zu sehen.
Von der Tür her meldete sich der Mann. Er sprach schnell und wies in die Höhe.
»Ja, ich sehe es!« De Valois nickte. »Aber ich kann nichts tun. Er muss ja auch wieder runterkommen.«
»Werfen Sie den Degen!«
»Ihre Lanze ist besser!«
»Ja, ja, gute Idee.« Der Mann zögerte nicht länger. Er ging einen Schritt näher und duckte sich leicht, weil er eine besondere Wurfposition einnehmen wollte. In seinen Augen leuchtete es.
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