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1771 - Der Tempel der Mondgoettin

Titel: 1771 - Der Tempel der Mondgoettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dem Gift auf den Boden werfen und die Ampullen zertreten. Im Geiste stellte er sich vor, wie er es tun würde, und er befahl seiner Hand, sich zu öffnen. Doch sie blieb geschlossen. Mit aller Kraft konzentrierte er sich auf die Hand, sosehr er sich aber auch abmühte, sie gehorchte ihm nicht.
    Ich entferne mich weiter vom Ufer! erkannte er. Immer weiter. Aber wohin treibt es mich?
    „Geh jetzt!" befahl der Oberpriester.
    Thorga-Thze senkte demütig den Kopf und verließ den Raum. Als sich die Tür hinter ihm schloß, wurde es dunkel um ihn, und er nahm seine Umgebung nur noch wie durch schwarze Schleier wahr.
    Er setzte die Füße voreinander und ging weiter. Er wollte nicht gehen. Er wollte stehenbleiben, doch seine Beine bewegten sich, als hätten sie einen eigenen Willen.
     
    *
     
    Assyn-Stey beugte sich vor und packte Michael Rhodan am Arm, so daß alle den Armreif sehen konnten.
    „Und du solltest mir sagen, was das zu bedeuten hat!" brüllte der Vista-Cryper, der außer sich vor Zorn war.
    „Ich verstehe dich nicht", gab der Galaktiker zurück.
    Assyn-Stey riß ihm mit einer wütenden Bewegung den Armreif herab, bog ihn auseinander und preßte ein Stück Metall heraus, wo er mit vier durch Edelsteine dargestellte Augen geschmückt wurde. Darunter wurde ein großes Auge sichtbar, das ständig seine Farbe zu wechseln schien. Es sah aus wie das Auge der Mondgöttin Na-Ethyn, das sie buchstäblich auf Schritt und Tritt im Tempel anstarrte, wohin sie sich auch wandten.
    Michael hatte das Gefühl, von einem eisigen Windhauch gestreift zu werden. Er sah das Spitzentuch, das am Handgelenk aus seinem Ärmel lugte, und er hörte den Degen an seiner Seite klirren.
    „Was um alles in der Welt geschieht hier?" fragte er leise.
    Er riß sich den Degen von der Seite, zog das Taschentuch aus dem Ärmel, nahm das Halstuch ab und schleuderte den Dreispitz in die Ecke. Dann rieb er sich das Handgelenk, an dem er den Armreif getragen hatte. Es war heiß und schmerzte, aber das kam sicher nicht von dem brutalen Griff Assyn-Steys.
    Ein Schleier zerriß vor seinen Augen, und er fühlte sich auf seltsame Weise befreit. Ihm war, als kehre er aus einem Traumland zurück in die Realität, und ihm wurde klar, daß irgend etwas sein Ich eingeschränkt hatte.
    „Genau das möchte ich von dir wissen", sagte der Vista-Cryper. „Dieses Zeug kenne ich nur zu gut. Man hat versucht, mich damit zu beeinflussen, und beinahe wäre es gelungen, wenn ich es nicht genommen und ins Meer geschleudert hätte!"
    „Mäßige dich", forderte Coram-Till. „Michael Rhodan ist kein Verräter. Kein Galaktiker hat ein Interesse daran, Streit in unsere Reihen zu tragen. Im Gegenteil. Die Galaktiker wollen, daß wir uns einigen, und das sollten wir tun."
    „Und wer sagt dir, daß das stimmt?" fuhr Assyn-Stey ihn an. „Was macht dich so sicher, daß Rhodan nicht versucht hat, mich mit diesem Zauberzeug zurechtzubiegen, so daß ich mich seinen Plänen füge? Woher weißt du, ob er dich nicht auch mit irgendeinem Mittel beeinflußt?"
    Michael Rhodan blickte auf die Dinge, die er in die Ecke geworfen hatte, und er schüttelte verwundert den Kopf. Er konnte kaum glauben, daß er in jene Zeit zurückgefallen war, in der er als Roi Danton die Rolle eines stutzerhaften Rokoko-Adeligen gespielt hatte. Ihm war klar, daß er unter den Einfluß einer fremden Macht geraten war, die den Armreif als eine Art Katalysator benutzt hatte, und diese Erkenntnis wirkte zunächst wie ein Schock.
    Doch er erholte sich schnell. Die Situation ließ nicht zu, daß er sich lange mit dem Gedanken an seine eigene Rolle als Stutzer befaßte.
    „Das Auge, das sich unter den vier Edelsteinen verbarg, gibt eine klare und eindeutige Antwort", argumentierte er. „Und wenn du deinen Verstand benutzen würdest, anstatt dich wie ein Wilder aufzuführen, würdest du es auch erkennen."
    „Du wagst es, in diesem Ton mit mir zu reden?" empörte sich Assyn-Stey. Er trat vom Tisch zurück und gab seinen Männern ein energisches Handzeichen. „Wir verlassen Taklott. Für uns ist dieses Treffen zu Ende."
    „Das ist möglicherweise genau das, was der göttliche Dan-Sandin erreichen wollte", sagte Michael ruhig. „Ich hätte nicht gedacht, daß du dich so leicht von ihm manipulieren läßt. Wir sind hierhergekommen, um Einigkeit zu demonstrieren, aber du suchst den Streit. Wir haben uns vorgenommen, gemeinsam gegen die Handelsfürsten zu kämpfen, aber du bist nicht in der Lage, den Plan zu

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