1775 - Totenwelt
schüttelte den Kopf. »Leider nein, sie ist zumindest ungewöhnlich.«
»Das können Sie laut sagen, man muss sich zunächst an sie gewöhnen. Dann ist es wie immer, das halte ich auch so, aber dann kam der vorgestrige Abend, da wurde alles anders. Zwei Frauen wollten das Museum besuchen. Außerhalb der normalen Zeiten...«
Suko fragte: »Kannten Sie die Frauen?«
»Nein, die waren mir nicht bekannt. Es waren aber schon zwei tolle Sahneschnitten, wie man so schön sagt. Die eine war blond, die andere hatte ihre Haare rötlich gefärbt, glaube ich. Echt sah mir die Farbe nicht aus.«
»Und die beiden Frauen haben die Ausstellung besucht«, sagte ich.
»Genau. Obwohl ich sie gewarnt habe.«
»Und warum habe Sie das getan?«
Er bekam große Augen und stieß einen Pfiff aus. Dann erfuhren wir, dass er vergessen hatte, uns etwas zu sagen. Das holte er schnell nach und sprach von Totenschädeln, die plötzlich angefangen hatten zu glühen.
Er nickte uns zu. »Ja, in einem tiefen Rot. Nicht alle Schädel, aber einige.«
»Und was haben Sie getan?«, fragte Suko.
»Ich bin abgehauen. Als ich nach draußen lief, traf ich die beiden Frauen, die in das Museum gegangen sind, obwohl ich sie gewarnt habe.«
»Vor den Schädeln?«
»Genau.« Er lachte. »Aber die beiden Frauen hatten keine Angst. Die waren verdammt hartgesotten.«
»Aber Sie hatten Respekt – oder?«
Er lachte mich an. »Und ob ich das hatte. Diese Schädel haben gemacht, was sie wollten. Die haben plötzlich ihre Farbe gewechselt. Sie wurden rot und sie sahen aus, als würden sie in ihrem Innern anfangen zu brennen.«
Ich kam wieder auf die beiden Frauen zu sprechen. »Die Namen der beiden mutigen Personen kennen Sie nicht zufällig?«
Peter Dryer überlegte. Ich rechnete schon damit, dass er den Kopf schütteln und verneinen würde, aber das geschah nicht, er nickte sogar und sagte: »Warten Sie noch einen Moment. Ich habe einen Namen gehört. Einen sehr geläufigen, und ich weiß auch, dass die Blonde damit gemeint war.«
»Wie hieß er?«
»Jane!« Der Mann nickte heftig. »Die Frau wurde mit Jane angesprochen.«
»Aha...«, murmelte ich, während sich in meinem Kopf etwas abspielte. Da meldete sich ein wilder Gedankenstrom, und ich fing wieder an zu fragen. »Den Namen der zweiten Frau kennen Sie nicht?«
»So ist es.«
»Können Sie die zweite Frau denn genauer beschreiben?«
»Ja. Zumindest weiß ich, wie ihre Haare ausgesehen haben. Rötlich. Wie Mahagoni.«
»Interessant.«
Suko hatte zugehört, er meldete sich jetzt. »Hören Sie, Mister Dryer, haben Sie denn herausgefunden, wie die beiden Frauen ihr Ziel erreicht haben?«
»Das habe ich gesehen. Sie sind mit einem Wagen gekommen, einem VW Golf. Ich denke, dass er dort noch parkt, bin mir allerdings nicht sicher. Jedenfalls sind sie dann spurlos verschwunden.«
Ich hatte mich nicht eingemischt. Ich dachte an den Wagen, diesen Golf. Jane Collins fuhr ein solches Fabrikat, und nach diesen Aussagen war ich mir fast hundertprozentig sicher, dass es sich bei den beiden mutigen Frauen um Jane Collins und Serena handelte, die seit Kurzem in Janes Haus wohnte.
Um sicher zu sein, rief ich bei Jane an, während Suko sich leise weiter mit Dryer unterhielt. Bei Jane meldete sich niemand, nicht mal der Anrufbeantworter war eingeschaltet.
Suko hatte mitgedacht und fragte: »Du hast versucht, Jane zu erreichen?«
»Ja, und es hat nicht geklappt. Sie ist nicht da.«
»Das kann ich mir denken.«
Das Thema war für uns zunächst erledigt, denn wir hatten es noch mit unserem Besucher zu tun, dessen Blick mal Suko traf und dann wieder mich.
»Habe ich Ihnen denn weiterhelfen können?«
»Haben Sie«, sagte ich.
Peter Dryer nickte, legte die Hände zusammen und sagte: »Dann bin ich zufrieden. Werden Sie denn etwas unternehmen oder ist Ihnen egal, was ich Ihnen gesagt habe?«
»Auf keinen Fall«, sagte ich.
»Werden Sie die Ausstellung besuchen?«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Dann bin ich froh. Sie ist auch weiterhin geöffnet. Bis zum frühen Abend. Sollten Sie irgendwelche Infos brauchen, melden Sie sich bitte. Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung.«
»Daran werden wir denken«, sagte ich. Dann erkundigte ich mich noch nach anderen Dingen, die unter Umständen wichtig werden könnten. Ich wollte wissen, wer für die Ausstellung verantwortlich war. Mir wurde ein Name genannt, mit dem ich nichts anfangen konnte, den ich aber behielt.
Tagsüber wurden die Schädel nicht
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