1778 - Das Wappen der Medusa

Schild in der Hinterhand ließ es sich gut erpressen. Zumindest ein- oder zweimal.
    Die Gedanken füllten seinen Kopf, als er sich auf die Reise machte. Dass er sehr auffällig gewesen war, gab er sich selbst gegenüber zu. Er konnte es nicht mehr ändern, man würde ihn verfolgen, und er wollte so rasch wie möglich ein gutes Versteck finden.
    Bisher war alles gut gegangen. Das musste nicht so weitergehen, deshalb war er noch immer auf der Hut. Er schaute öfter als gewöhnlich in die Spiegel, aber er sah, dass ihm niemand folgte.
    Die Gefahr kam von einer ganz anderen Seite und zwar direkt von vorn. Noch war sie recht weit entfernt, aber gut zu erkennen, denn ihm kam ein Streifenwagen entgegen.
    Er hatte den Wagen gesehen und musste davon ausgehen, dass man auch ihn entdeckt hatte. Klar, das musste so sein. Anders hätte er es sich gar nicht vorstellen können.
    Das war übel.
    Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Er hatte damit gerechnet, noch mehr Zeit zu haben. Pech für ihn. Und trotzdem huschte ein Lächeln über seine Lippen. Ihm war eine Idee gekommen, die er umsetzen wollte, aber dazu brauchte er noch etwas Zeit. Die würde er sich holen.
    Er trat auf die Bremse, sodass sein Wagen mitten auf der Straße zum Stehen kam.
    Jetzt kam es darauf an, wer die besseren Nerven hatte. Und er rechnete damit, dass er es war. Er überlegte, ob er aussteigen oder sitzen bleiben sollte. Nein, das Aussteigen war nicht gut. Das sah zu provozierend aus.
    Er wartete, folgte dem Verlauf der Straße und sah, dass sie in Kurven durch die Landschaft führte. Der Streifenwagen würde ihn bald erreicht haben.
    Die Scheinwerfer blendeten auf. Es war so etwas wie ein Signal, um das er sich allerdings nicht kümmerte. Orson Tangy wollte erst aktiv werden, wenn die Bullen angehalten hatten.
    Noch dauerte es einige Sekunden, dann war es so weit. Und es traf alles so zu, wie er es sich gedacht hatte. Der Streifenwagen stoppte vor dem Wohnmobil, und für einen Moment war die Spannung fast mit den Händen zu greifen. Dann öffneten sich die Türen und zwei Polizisten verließen den Wagen.
    Einer trat vor, der andere hielt sich etwas zurück. Das Spiel war klar, der zweite Beamte deckte seinem Kollegen den Rücken, der jetzt gegen die Scheibe der Fahrertür klopfte.
    Darauf hatte Orson Tangy gewartet. Er ließ die Scheibe nach unten fahren und fragte: »Was gibt es, Officer?«
    »Steigen Sie bitte aus.«
    »Und dann?«
    »Aussteigen.«
    Tangy zuckte mit den Schultern. Er wollte keinen Stress und kam der Aufforderung nach.
    Zwei Augenpaare beobachteten jede seiner Bewegungen. Tangy lächelte leicht spöttisch. Die Papiere trug er bei sich, aber er glaubte nicht, dass es eine normale Kontrolle werden würde. Es konnte auch sein, dass sie den Wagen durchsuchen wollten.
    So war es auch.
    »Gehen Sie rein.«
    »Und dann?«
    »Gehen Sie bitte.«
    »Okay, ich weiche der Gewalt.«
    »Hier wendet keiner Gewalt an, wenn Sie sich vernünftig verhalten.«
    »Aber immer doch. Ich möchte mich nicht mit der Polizei anlegen.«
    Tangy hatte die Tür erreicht und öffnete sie. Von der Seite würden sie einsteigen, was sehr wichtig war. Er drehte sich noch mal um, weil er nach dem zweiten Polizisten Ausschau halten wollte. Er war noch da. Er hielt sich allerdings im Hintergrund auf und telefonierte. Bestimmt mit seiner Zentrale.
    Das passte Tangy nicht. Plötzlich hatte er es eilig. Mit einem schnellen Schritt war er in seinem Wohnmobil verschwunden und zog an einer bestimmten Stelle einen Vorhang zur Seite.
    Etwas lehnte dort an einer Wand.
    Es war das Wappen der Medusa!
    Tangy lachte leise auf, als er es anhob. Mit beiden Händen hielt er es fest und drehte sich langsam mit dem Gegenstand um. Er selbst schaute es nicht an, er blickte darüber hinweg, aber der Polizist glotzte dagegen.
    Sein Gesicht nahm einen anderen Ausdruck an. Es zeigte ein großes Staunen. Er wollte etwas sagen, aber es kam kein Wort mehr über seine Lippen.
    Im Stehen wurde ihm die Stimme genommen.
    Im Stehen verlangsamten sich seine Bewegungen.
    Im Stehen spürte er innerlich einen irrsinnigen Druck. So etwas hatte er noch nie in seinem Leben durchgemacht. Herz und Lunge wurden zusammengepresst. Er wollte etwas sagen oder um Hilfe rufen, aber kein Wort verließ seine Kehle. Nur ein Krächzen war zu hören und es gab noch eine zuckende Kopfbewegung zu sehen, begleitet von einem letzten zischenden Atemzug.
    Dann war es vorbei!
    Vor Orson Tangy stand der Polizist, der noch immer aussah wie ein