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1780 - Der brennende Mond

Titel: 1780 - Der brennende Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der seligmachenden Kraft ihre innere Leere aufzufüllen. Süchtig war sie statt dessen geworden, sie hatte den weiten Weg nach Hirdobaan gemacht, und nun saß sie gefangen in diesem Bereich, der sich Endreddes Bezirk nannte.
    Sie konnte nicht entkommen. Keiner konnte das.
    Den ganzen Tag hieß es: Repariere! Repariere und bring uns den göttlichen Endredde zurück.
    Erania Elbers glaubte, daß die Hamamesch mit ihren Waren nur deshalb in die Milchstraße gekommen waren, um neues Reparaturpersonal zu rekrutieren.
    Kein Wunder. Wer einen so starken suggestiven Zwang aussandte, daß grobe Klötze wie Grolfo daran zugrunde gingen, hatte neues Personal wohl ständig nötig.
    „Erania! Warte!"
    Da war er schon wieder, der Quälgeist.
    Sie hatte natürlich eine Lampe dabei, aber Erania schaltete sie nicht ein, weil er sie dann sofort gesehen hätte. Wenn sie Grolfo abschütteln wollte, mußte sie im Dunkeln in den Karst.
    Level 11, genannt Skeat, war eine Irrläuferwelt. Skeat hatte keine Sonne mehr, seit der Planet vor vielen Millionen Jahren aus ihrem Schwerefeld hinausgeschleudert worden war. Allein der Sternenhimmel spendete Licht.
    Sie konnte Grolfo als wankenden Schatten gegen die dunkle Kantinenwand erkennen.
    „Warte doch! Erania!"
    Quälgeist, Quälgeist...
    Repariere ... Setz die Anlagen instand, damit der göttliche Endredde zurückkehrt und uns seinen Frieden und das Leben bringt...
    Erania setzte vorsichtig Schritt an Schritt, immer vom Regionalkarussell und vom Trichterturm weg. Hier würde Grolfo sie nicht vermuten. In den Wüsten und Gesteinsformationen, die den Standort umgaben, hatten eifrige Reparateure nichts mehr zu suchen. Wer Endredde wecken wollte, der gehörte in den Untergrund. An die Maschinen und toten Positroniken, mit unermüdlichem Einsatz, bis die Hände bluteten und bis man nicht mehr auf den Beinen stehen konnte.
    „Nicht mehr ich, nie mehr", murmelte Erania.
    Und wußte doch, daß sie die Stimme im Kopf nur kurze Zeit würde ignorieren können.
    Sie tappte weiter nach draußen. Es war warm. 16 Grad und ein bißchen, so wie auf jedem Level.
    Grolfos Stimme entfernte sich. Sie hoffte, daß sie ihn jetzt los war und daß er nicht mehr wiederkommen würde.
    Erania Elbers hockte sich auf einen roten Stein.
    Sie stammte aus dem Solsystem, deswegen hatte sie mehrere Male den Mars besucht, bevor er durch jene planetare Mißgeburt namens Trokan ausgetauscht worden war. Skeat war wie der Mars: eine Wüste in Rot.
    Von ihrem steinernen Hocker aus schaute sie erschöpft über Fels und Spalten. Und plötzlich blieb der Blick an einer seltsamen Formation hängen, die halb in den Schatten verborgen lag.
    Repariere ... Repariere ...
    Im Dunkeln erinnerte die Formation an ein Domino-Spiel für Riesen, an eine durcheinander- und übereinandergewürfelte Kultstätte, die aus magischen schwarzen Quadern bestand.
    Sie tastete über ihren Gürtel, ohne hinzusehen. Mit der linken Hand fischte sie die kleine Lampe heraus, die Grolfo für sie gebastelt hatte.
    „Ist da jemand?" rief sie sehr gedämpft.
    Keine Antwort.
    Sie glaubte, durch den Karst einen Schatten huschen zu sehen. Wahrscheinlich Einbildung - weil sie zuwenig geschlafen hatte. Der Schatten wanderte im Höllentempo von links nach rechts, über die gesamte Strecke ihres Gesichtskreises. Nein, Einbildung, Dummheit, schwache Nerven.
    Erania schaltete die Lampe ein. Sie schob den matten Lichtkegel langsam über die Domino-Formation. Eckige, schwarze Kästen, alle so groß, daß ein Mensch hineingepaßt hätte ...
    Erania Elbers begriff, daß sie Särge vor sich hatte. Es waren mindestens hundert.
     
    *
     
    Sie brauchte ein paar Minuten, bis sie sich überwunden hatte. Obwohl sie keine besonders mutige Person war, kam Erania mit einer hölzern wirkenden Bewegung auf die Beine und näherte sich den Kisten. Sie sahen alle gleich aus. Es gab keine Namensschilder, keine Verzierungen, nur die nackten grauen Platten. Wenn sie wissen wollte, wer oder was sich im Inneren befand, mußte sie einen Deckel öffnen. Was, wenn hier die Opfer begraben lagen, die das unmenschliche System in Endreddes Bezirk schon gefordert hatte?
    „Dumme Spekulation!"
    Sie sagte die Worte laut vor sich hin. Erania brauchte das, um wieder Mut zu fassen.
    Sie tastete nach einem der Deckel, hielt sich gegen den erwarteten Gestank die Nase zu - und blickte erschrocken auf ein glitzerndes Augenpaar.
    Repariere. Schließ die Augen, denk nicht nach. Und suche nach Endredde.
    Im Inneren

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