179 - Gefangene der Traumzeit
schnell aus wie die Flüche der Schießenden.
Die Straße wimmelte von Deckung suchenden Menschen und kopflos durcheinander laufenden Frauen. Eine süß duftende Person mit roten Lippen packte Aruula und zerrte sie an einer dunkelroten Ziegelwand entlang.
Zu ebener Erde öffnete sich eine Kellertür. Eine ältlich wirkende Rothaarige winkte. Die Hure, die sie mit sich geschleift hatte, schubste Aruula eine Treppe hinunter und folgte ihr. Die Rothaarige verrammelte die Tür.
Auf der nächtlichen Straße war die Hölle los. Schüsse peitschten durch die Nacht. Trillerpfeifen schrillten. Die Blonde fluchte obszön.
»Hier seid ihr sicher, Mädels.« Die Rothaarige drehte sich um. Bei Aruulas Anblick fiel ihr die Kinnlade herab. »Heiliger Bimbam! Womit verdienst du denn deine Kohle?« Ihr Blick tastete Aruula ab. »Haben die Bullen dich etwa so auf die Straße gezerrt?« Sie schnalzte mit der Zunge und musterte neugierig Aruulas Stiefel. »Manche Kerle sollen ja auf so was stehen… Na ja, solange sie blechen …«
»Die gehört nicht zu uns«, sagte die Blonde. Sie war hübsch, aber mit ihren etwa fünfzehn Lebensjahren zu jung für dieses Gewerbe. »Die ist da nur so rein geraten. Aber sie hat zwei Bullen die Fresse poliert, das hat uns geholfen.«
Aruula schaute sich neugierig um. »Wo bin ich hier?«
»Na, jedenfalls nicht aufm Times Square, Schätzchen.« Die Rothaarige schlang kichernd einen Arm um Aruulas Taille.
»Siehst nicht übel aus. Offen gesagt, ich steh auf Frauen, die…«
Im Hintergrund des gelb gekachelten Raumes ging eine Tür auf. Ein Glatzkopf mit stechendem Blick kam in den Kellerraum gestürmt. Er trug dunkelblau mit hellen Streifen, ein rosa Hemd und einen gleichfarbenen Strick um den Hals.
Er musterte Aruula. »Wer ist denn die Schnalle?« Er klang herablassend. »Na, egal.« Er schaute die Rothaarige an. »Da draußen ist die Kacke echt am Dampfen, Baby.« Er deutete über seine Schulter. »Die Bullen haben ‘n Block weiter ‘ne Satanistenhöhle ausgehoben.« Er spuckte auf den Boden. »Die haben jede Menge Knochen und Schädel gefunden, deswegen sind sie jetzt besonders scharf.« Er zuckte die Achseln. »Das Satanistenpack hat sich verpisst. Ich wette, das FBI rückt gleich mit ‘ner Tausendschaft an und stülpt jeden Keller im Viertel um.« Sein Blick traf Aruula. »Für Nutten interessieren die sich jetzt bestimmt nicht mehr.«
»Aber für Zeugen«, sagte die Blonde. »Da draußen wird nämlich geschossen.«
»Was für ‘ne Scheiße. Ausgerechnet jetzt.« Baby ließ Aruula los und nickte der Blonden zu. »Los, Kitty.« Sie klopfte Aruula auf den Po. »Du auch, Domina. Lass uns die Kurve kratzen.«
Aruula verstand kein Wort. Aber sie wusste, dass Gefahr drohte. Sie war fremd hier. Sie kannte weder die Stadt, noch ihre sonderbar gekleideten und eigenartig sprechenden Bewohner. Erst jetzt fiel ihr auf, dass auch sie beim Sprechen den Mund öffneten, ohne dass ihre Worte zu den Bewegungen ihrer Lippen passten. Was ging hier vor?
Sie setzte sich in Bewegung. Sie passierte als Erste die Tür neben dem Glatzkopf und kam in einen Gang. An seinem Ende befand sich eine Holztür. Gelbes Licht schien einen winzigen Spalt breit darunter hervor.
Aruula öffnete die Tür und spürte einen Luftzug. Er kam von rechts. Der Glatzkopf rief »Vorsicht!«
Aruulas Kopf fuhr herum.
Da war noch eine weitere Tür. Sie stand offen. In ihrem Rahmen erkannte sie Männer, die Waffen auf sie richteten.
Obwohl sie unterschiedlich bekleidet waren, ließen ihre grimmigen Mienen sie irgendwie uniformiert erscheinen.
»Flossen hoch!«
Aruula duckte sich instinktiv, hechtete durch die offene Tür…
***
… und landete auf einem weichen, angenehm duftenden, mit einem weißen Laken bezogenen Bett.
Als sie herumfuhr, um zu sehen, wo Baby und die anderen blieben, hatten sich die Tür und die grimmigen Männer in Luft aufgelöst. Dort befand sich jetzt eine solide Wand.
Aruula schüttelte den Kopf, dann atmete sie erleichtert auf und schaute sich um. Sie war in einem sauberen Schlafgemach. Durch zwei riesige Glasfenster fiel ihr Blick auf einen funkelnden Sternenhimmel. Das Bett stand an einer Wand.
Vor den Fenstern standen ein Sofa, ein Tisch mit einer glänzenden Platte und zwei Sessel. Rechts war ein Kamin, in dem ein Feuer knisterte. Ein Stück weiter eine kunstvoll geschreinerte Tür und links noch eine. Sie stand offen und führte in einen Nebenraum. Für Licht sorgten dicke Kerzen in silbernen
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