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1792 - Die Nachtjägerin

1792 - Die Nachtjägerin

Titel: 1792 - Die Nachtjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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meinem Zweitkörper zu tun?«
    »Das möchte ich herausfinden.«
    Ihre Augen verengten sich. »Sie wollen mich locken – oder?«
    »Nicht Sie. Höchstens ihn.«
    »Gut.«
    »Dann sind Sie also einverstanden?«
    »Muss ich das nicht sein?«
    »Nein, ich will Sie zu nichts zwingen.«
    Sie schaute mir in die Augen, um zu prüfen, ob ich es ehrlich meinte, und ich hielt dem Blick stand. Dann lächelte sie.
    »Okay?«, fragte ich.
    »Ja.«
    Mir fiel ein Stein vom Herzen. Das ließ ich mir nicht anmerken und nahm das Kreuz in die rechte Hand, um es ihr zu geben.
    »Bitte«, sagte ich.
    Irina Dark nahm es. Es lag jetzt auf ihrer Hand, und ich war gespannt, ob sich etwas tat. Ich selbst wollte nichts unternehmen, das sollte die andere Seite tun, aber ich fragte mich, ob sie das auch schaffte.
    Irina nickte.
    Dann lächelte sie.
    Wenig später lächelte sie nicht mehr. Da verzogen sich ihre Lippen und sie zuckte mehrmals zusammen.
    Ich wusste, dass es nicht gut war, und wollte ihr zur Seite stehen, als sie aufsprang, ihr Gesicht verzog und einen gellenden Schrei ausstieß.
    Man konnte den Eindruck bekommen, dass sie innerlich brannte. Sie schrie weiter und schüttelte sich dabei. Sie taumelte zurück, und Suko wollte sie auffangen, aber sie schlug ihm mit der freien Hand ins Gesicht.
    Dann brach sie plötzlich zusammen!
    So hart, als wären ihr die Beine weggetreten worden. Als ich in ihr Gesicht schaute, da war es verzerrt. Die Haut schimmerte tränennass, die Augen schwammen ebenfalls im Wasser und zwischen den Lippen hervor drang ein Jammern.
    Ich war schnell genug gewesen. Zusammen mit Suko war es uns gelungen, sie aufzufangen. Jetzt saß sie auf ihrem Stuhl und schaute zu uns hoch.
    Sie war gezeichnet. Das hatte ich nicht gewollt. Aber sie lebte, und alles Weitere war unwichtig.
    Ich nahm ihr das Kreuz wieder weg und steckte es ein. Das Zittern ihrer Hand hörte allmählich auf, aber es hatte auch den gesamten Körper erfasst, der nicht zur Ruhe kam und immer wieder durchgeschüttelt wurde.
    Ich schaute auf Suko. Der schien auf den Blick gewartet zu haben, denn er nickte. »Das ist es dann wohl gewesen, Alter.«
    »Warum?«
    »Schau dir die Kleine doch an. Die ist völlig daneben, und ich frage mich, ob das Kreuz nicht schuld daran gewesen ist.«
    »Ja, das ist es.«
    »Und warum?«
    »Weil etwas in ihr steckt. Der Zweitkörper, der dies nicht ertragen konnte. Auch Zweitkörper sind nicht allmächtig.«
    »Und wo steckt er jetzt? Hast du ihn gesehen?«
    »Nein, Suko. Aber er ist draußen. Er muss draußen sein.«
    »Und? Bringt uns das weiter?«
    »Keine Ahnung. Man muss abwarten. Es kommt jetzt allein auf sie an.«
    Ich gab ihr etwas zu trinken. Sie nahm es dankbar an. Die Flasche war beinahe leer, als sie sie auf den Boden stellte. Sie wischte über die nassen Lippen, bewegte die Augen, sah uns und sonst niemanden.
    »Was haben Sie getan?«, flüsterte sie.
    »Wir haben eigentlich nichts getan. Das ist mein Kreuz gewesen.«
    »Es war so schlimm.«
    »Wie schlimm?«
    »Das Kreuz war die fremde Kraft, die sich gegen mich stellte. Ich konnte mich nicht wehren. In meinem Körper fing es an zu brennen, es war einfach grauenhaft. Ich kam nicht damit zurecht. Ich bin auch jetzt noch völlig fertig. Schmerzen von innen, die rasend waren …«
    »Bitte«, sagte ich mit leiser Stimme, »Sie dürfen sich das nicht so zu Herzen nehmen.«
    »Tue ich aber.« Sie griff nach meinem Handgelenk und umklammerte es hart. »Was ist mit mir passiert? Was hat das Kreuz mit mir gemacht?«
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Es hinterlässt schon seine Spuren, und dann kann es für die betroffenen Menschen sehr brutal werden.«
    »Wie für mich?«
    »Nein, Irina, Sie leben noch. Sie haben alles überstanden. Aber jemand anderer hat große Probleme gehabt.«
    »Das kann durchaus sein, aber ich wusste bisher über meinen anderen Körper so gut wie nichts. Das ist erst in der letzten Zeit so geworden.«
    »Und jetzt ist er weg!«, erklärte Suko. »Sie haben ihn nicht mehr gewollt, und sein Körper hat sich von Ihnen getrennt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ganz einfach. Er hätte sonst bleiben können, was er nicht getan hat. Daraus muss man Konsequenzen ziehen, und nicht nur Sie, sondern auch andere Menschen. Das Kreuz hat ihn verjagt. Er hat seine Stärke gespürt.«
    »Und was ist jetzt?«
    Das war eine gute Frage, auf die ich keine Antwort wusste. Der Zweitkörper hatte sich verabschiedet, das war schon wahr. Aber was hatte er jetzt

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