1795 - Der Beißer
draußen gab es genug natürliche Deckungen.
Ich sah mich unten um. Es gab einen Flur, in dem eine Holztreppe nach oben führte. Es konnte sein, dass sich dort der eine oder andere Schlafraum befand. Hier unten gab es praktisch nur ein großes Zimmer, in dem auch gekocht und gewohnt werden konnte. Nur die Toilette mit dem winzigen Bad lag außerhalb.
Die Einrichtung war zweckmäßig. Es gab eine Schlafcouch, einen Tisch, zwei Stühle, eine Glotze ebenfalls, ein Regal und auch einen Einbauschrank, der geschlossen war. Der Teppich auf dem Boden zeigte sich an einigen Stellen zerschlissen. Aber auf so etwas achtete niemand, der sich hierher zurückgezogen hatte.
Suko stand in der Mitte. Er hatte seine Hände in die Seiten gestützt und schaute sich um. Dabei lächelte er und zeigte auch ein Nicken. »Nicht schlecht.«
Ich stimmte ihm zu. »Hier kann man es aushalten.«
»Ja«, meinte auch Wladimir. »Nur für einen Rollstuhlfahrer sind die Türen etwas schmal. Wenn ich mal zur Toilette muss, werde ich Probleme bekommen.«
»Keine Sorge«, meldete sich Wanda, »die bekommen wir auch in den Griff. Ich kenne mich aus.«
»Danke.«
Wanda nickte nur und drehte sich um, weil sie aus dem Zimmer gehen wollte. Wenig später hörten wir ihre Schritte auf der Treppe. Suko verließ das Zimmer ebenfalls, und bei mir sah es fast auch so aus, aber mein Weg führte mich zum Fenster. Es gab nur eines, und das war recht groß. Durch ein Rollo konnte die Scheibe verdeckt werden, aber das ließ ich noch oben. Ich warf einen Blick nach draußen und wusste, dass die noch klare Landschaft bald verschwunden sein würde. Die Dämmerung würde sich nicht aufhalten lassen. Sie hatte den Himmel schon grau gemacht und würde bei der Erde das Gleiche tun.
Der Ort selbst war vom Haus aus nicht zu sehen. Er lag links davon und hinter einer Hügelkuppe versteckt. Wer ungesehen nahe an das Haus herankommen wollte, der konnte sich hinter einem Buschgürtel verstecken, aber auch Niederwald bot ihm Schutz.
Ich drehte mich wieder um.
Wladimir schaute mich an und lachte. Dann fragte er: »Ein böses Spiel, oder?«
»Ja, es ist nicht schön.«
»Und das noch in deiner Heimat. Hätte ich mir auch nicht träumen lassen.«
»Ja, das ist manchmal so. Kann man nicht ändern. Wichtig ist, dass wir den Killer fangen.«
»Ja, den Beißer. So haben wir ihn genannt. Der ist kein Vampir, aber er beißt dir die Kehle auf wie jemand, der zu den Blutsaugern gehört. Ob er unbedingt Blut trinken muss, wissen wir nicht, aber die andere Seite hat so eine perfekte Waffe geschaffen.«
»Meinst du Chandra damit?«
»Bestimmt. Rasputin ist der Boss seiner Erben. Sie aber hat das Sagen, und das kann nicht gut gehen. Die ist brutaler als ein Folterknecht. Das weiß ich, aber irgendwann wird sie mal auf einen Besseren treffen. Das werde ich wohl nicht mehr erleben, doch die Hoffnung stirbt zuletzt.«
»Na, ja, nicht so voreilig. Kann sein, dass wir sie bald erwischen.«
Als Antwort hatte Golenkow nur ein Lachen übrig.
Suko kehrte zurück. Er schob sich über die Schwelle, und sein Gesicht zeigte einen neutralen Ausdruck.
»Nichts«, meldete er, »dort oben ist alles sauber.«
»Wie schön. Und wo steckt Wanda?«
Suko deutete zur Decke. »Sie ist oben geblieben.«
»Und was macht sie da?«
»Keine Ahnung. Sie sprach von einem besseren Überblick. Ob das alles so stimmt, weiß ich nicht, aber in der ersten Etage ist die normale Sicht wirklich besser.«
»Da lässt sie ihren Schützling allein.«
Suko grinste. »Sie weiß ihn ja in guten Händen.«
Auch Wladimir hatte seinen Kommentar gehört. Er beugte sich etwas nach vorn und wandte sich mit einer Frage an uns.
»Was glaubt ihr, wie lange die Chose hier noch andauern soll? Wie lange soll ich hier bleiben?«
»Wladi, das wissen wir nicht.«
»Bis man den Beißer gefunden hat?«
»Möglich«, sagte ich.
»Das kann Monate dauern, wenn überhaupt.«
»Ja, das glaube ich dir. Das musst du nur nicht mir sagen, sondern deiner Partnerin. Karina fühlt sich besser, wenn du hier bist. Das ist nun mal so.«
»Klar, hier bin ich unter Kontrolle. Aber es kommt noch etwas hinzu. Ich fühle mich mehr als Lockvogel. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Killer genau darüber informiert ist, wo ich mich aufhalte. Bei ihm spielen auch Entfernungen keine Rolle. Einmal hat er versagt, ein zweites Mal wird er das nicht.«
»Oder er wartet, bis du wieder in deiner Heimat bist«, sagte Suko.
»Nein, das glaube ich
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