1795 - Der Beißer
einer Schiene und wurde zusätzlich von vier Bremsklötzen gehalten. Ihm passierte nichts, auch wenn der Wagen mal ein wenig schneller fuhr.
Vor der Abfahrt sprach ich noch mit Wanda. Es war wichtig, dass wir uns gegenseitig letzte Instruktionen erteilten, denn ab jetzt musste sich der eine auf den anderen verlassen können.
Ich kannte den Weg, und Wanda versprach, immer hinter uns zu bleiben.
Ich stieg in den Rover, Wanda in den Transporter, und ich schlug die Tür hart zu.
»He, was ist los?«
»Sorry, Suko, sie ist mir aus der Hand gerutscht.«
»Aha. Und sauer bist du nicht?«
»Wie kommst du darauf?«
»Das habe ich deinem Gesicht angesehen.«
»Fahr schon los.«
»Ja, aber du sagst, was du hast.«
Ich winkte ab. »Im Prinzip nichts. Ich komme nur nicht mit einer Frau wie dieser Wanda zurecht.«
Suko lachte. »Ist nicht dein Typ, wie?«
»Stimmt.«
»Was ist sie dann für dich?«
Ich gab eine ehrliche Antwort. »Undurchsichtig ist sie. Da habe ich schon meine Probleme.«
»Kann ich mir denken.«
Ich winkte ab. »Kann sein, dass ich ihr auch Unrecht tue. Jedenfalls hat sie sich bisher sehr um Wladimir gekümmert. Und das ist schon die halbe Miete, wenn nicht die ganze.«
»Richtig.«
Ich ließ das Thema in Ruhe und war froh, als Suko losfuhr.
***
Wir mussten nicht bis über den Motorway 25, der die Millionenstadt wie ein Ring umgibt. Epsom lag ungefähr dreißig Kilometer von der City of London entfernt und war eine kleine Stadt für sich. Sie lag schon im Grünen und auch nicht zu weit von Croydon entfernt. So manches Flugzeug war hier gut zu sehen, wenn es landete. Unser Rover hatte natürlich ein Navi. Das brachte uns in oder an die kleine Stadt, aber nicht dorthin, wo wir wirklich hin mussten. Das Haus lag außerhalb. Dort sollte es eine Straße geben, aber keine offizielle, wie ich an einer Tankstelle erfuhr. Der junge Tankwart war sehr gesprächig.
»Es steht zwar allein, aber es ist komisch.«
»Was denn?«
»Keiner weiß, wem das Haus gehört, es wird aber gepflegt. Hin und wieder werden sogar Menschen darin untergebracht. Die zeigen sich dann nur wenig an der Öffentlichkeit.«
»Kennen Sie den Grund?«
»Nein. Sie denn?«
»Auch nicht.« Ich lächelte mein Gegenüber an, hatte aufgetankt, zahlte die Rechnung und stieg wieder ein.
»Und?«
»Wir können fahren, Suko, und sind bereits auf der richtigen Strecke. Alles kein Problem.«
»Wie schön.«
Euphorisch waren wir nicht. Es blieb nur ein gewisser Optimismus bestehen. Unterwegs hatten wir auch keine Verfolger entdeckt. Alles war sehr ruhig geblieben, und darauf konnte man aufbauen, das war zumindest meine Ansicht.
Wir mussten noch den Rest der Strecke zurücklegen, was kein Problem war. Nahe der Tankstelle war nicht viel los gewesen, und das setzte sich fort. Irgendwann mussten wir von der Straße ab und fuhren auf ein kleines Haus zu, das noch einen Anbau hatte. Er stand im rechten Winkel zum Haupthaus, und an der Seite sahen wir sogar einen Zaun.
Vor dem Bau stoppte Suko den Rover. Wir stiegen beide aus und gingen zum anderen Wagen. Wanda hatte die Seitenscheibe nach unten fahren lassen und beugte sich aus dem Fenster.
»Ist es hier?«, fragte sie.
»Ja«, meinte Suko.
»Nicht schlecht.«
»Wie meinst du das?«
»Die Lage hier. Sogar eine nette Gegend und übersichtlich. Zumindest hier an der Vorderseite.«
»Ja, da haben Sie wohl recht.«
Sie ging nach hinten und öffnete die Doppeltür. In diesem Augenblick wünschte ich mir, dass Wladimir sich aus dem Rollstuhl erhob und erklärte, dass alles nur ein Witz gewesen war.
Als die Tür des Lieferwagens offen war, konnten wir Wladimir losschnallen, was ihm unangenehm war.
»Weißt du was?«, sagte ich zu Wladi.
»Nein.«
»Jetzt gehen wir erst mal hinein, und dann zeige ich dir das Haus, denn hier war auch ich mal vor langer Zeit. Aber das ist eine andere Geschichte.«
»Ist ja nicht schlimm, John. Hauptsache, das Haus ist sauber.« Mit dieser Bemerkung ließ er sich über die Schwelle schieben.
Mit sauber war natürlich nicht der Schmutz gemeint. Er dachte dabei mehr an unsere Feinde, die wir bei aller Harmlosigkeit des Augenblicks nicht vergessen hatten. Und wir vergaßen auch nicht, dass vor uns eine Nacht lag, in der noch so einiges passieren konnte.
Wenn ich ehrlich war und über das Haus nachdachte, dann konnte seine Lage auch tückisch sein. Einsam sowieso, aber wer sich anschleichen wollte, der hatte alle Chancen, dies ungesehen zu schaffen, denn
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