18 - Das tödliche Gebot: Thriller (German Edition)
in die Wangen gestopft hatte, legte die dunkle Sonnenbrille auf den Schoß und zog sich die falsche Glatze vom Kopf, die ihn so überzeugend in einen Kahlkopf verwandelt hatte.
»Schauspieler, Señor ?«, fragte der Taxifahrer. Er hatte Monarchs Verwandlung im Rückspiegel verfolgt.
»Hab für einen Werbespot geprobt«, entgegnete Monarch im tadellosen Spanisch der Rio-de-la-Plata-Staaten. »Ich fahre zum Hotel Melia.«
»Das Melia! Ein feines Etablissement, Señor.«
Monarch erwiderte nichts. Es war Vormittag, und die Temperatur lag schon bei fünfunddreißig Grad. Die Gerüche, die durch das offene Fenster zu ihm hereinwehten, waren beklemmend vertraut.
Monarch jedoch beschäftigte die Tatsache, dass er einen Beschatter entdeckt hatte, als er aus der Zollabfertigung gekommen war. Er hatte beim Abflug aus der Schweiz damit gerechnet. Robillard hatte jemanden kontaktiert, um sich über ihn zu informieren, was bedeutete, dass die CIA ihn wieder im Visier hatte. Und tatsächlich, als Monarch die Schwingtür aufgestoßen hatte, war ihm am Zeitungskiosk ein Mann aufgefallen, der eine erloschene Zigarre im Mund und einen Stift hinterm Ohr klemmen hatte. Der Mann hatte den Kopf gesenkt, als er ihn sah.
Als vor der Rolltreppe jemand seinen Koffer gerammt hatte, hatte er zu Recht vermutet, dass ihm eine Wanze angeheftet worden war. Also war er in die Herrentoilette gegangen, hatte die Kabinentür verriegelt und nach der Wanze gesucht, einer winzigen Nadel, die im Stoff seines Koffers gesteckt hatte. Monarch zog sich aus und holte die weiten Kleidungsstücke aus dem Gepäck, dazu die Sandalen, die Glatzenkappe und den falschen Bart, Utensilien, die er bei sich hatte, falls ein solches Ereignis eintreten sollte.
Er hatte den Reißverschluss am Boden des Rollkoffers geöffnet, diverse Pässe herausgefischt, sie in seiner Unterwäsche verstaut, dann Wattebäusche zurechtgeknetet und in seine Wangen geschoben. Er hatte ein wenig Make-up auf das Taschentuch geschmiert und den Saum der Glatzenkappe damit verstrichen. Zuletzt hatte er Hose, Schuhe und Toilettenpapier arrangiert, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, und gewartet.
Dreißig Sekunden später war die Kabine neben ihm frei geworden. Monarch hatte sich auf den Toilettensitz gestellt, sich kurz umgeblickt, und als er niemanden gesehen hatte, war er über die Kabinenwand geklettert. Er hatte die Brille aufgesetzt und sich mit schleppendem Schlurfgang, vornübergebeugt wie von Ischias geplagt, an den Gepäckkarussells vorbei auf die Straße bewegt, wo er ein Taxi herbeigewunken hatte.
Im Wagen rückte Monarch auf die Seite und beobachtete den Verkehr hinter ihnen. Niemand war ihm gefolgt, und so warf er einen Blick aus dem offenen Seitenfenster. Sie fuhren auf der 9 de Julio. Die Gehwege wimmelten von Argentiniern, die durch die sengende Hitze schlenderten.
Als er bemerkte, wie der Fahrer ihn im Rückspiegel musterte, sagte Monarch: »Ein Tag für den Strand.«
»Oder die Berge«, pflichtete der Taxifahrer ihm bei. »Ist Buenos Aires Ihr Zuhause, Señor?«
Monarch warf einen Blick aus dem Fenster. Die Straßencafés waren voller Menschen. Er sah kleine Jungen, die einander den Gehweg entlangjagten. »Ich habe einen Teil meiner Jugend hier verbracht.«
»Welche Gegend?«, fragte der Fahrer.
Monarch zögerte, und sagte dann: »Villa Miseria.«
Der Taxifahrer sperrte vor Ehrfurcht Mund und Augen auf. »Sie sind im Elendsviertel aufgewachsen?«
»Es waren prägende Jahre«, sagte Monarch.
»Und jetzt übernachten Sie im Melia? Das ist eines der vornehmsten Hotels in der Stadt!«
Monarch nickte anerkennend. »Ein Leben kann sich schnell verändern.«
»Wie haben Sie diesen schrecklichen Ort bloß überlebt, Señor? Villa Miseria?«
Monarch entgegnete: »Ich habe gelernt, wie man kämpft, betrügt und stiehlt.«
Der Taxifahrer runzelte die Stirn; dann schaute er in den Rückspiegel, sah, dass Monarch es ernst meinte, und lachte unbehaglich. »Ja, Señor, das mussten Sie wohl.«
Trotz Monarchs Aufzug erkannte man ihn im Melia sofort als Paul Rodríguez aus Santiago de Chile, ein internationaler Handelsvertreter und geschätzter Gast, und gab ihm sein Lieblingszimmer. Monarch bestellte einige Kleidungsstücke, bevor er auf den Balkon hinaustrat, der auf den Hafen und die nahen Berge blickte, die im Dunst lagen. Er griff sich ein Telefon und benutzte eine Telefonkarte, um eine Nummer mit der Vorwahl 703 zu wählen. Virginia. Langley.
Eine Computerstimme
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