18 - Das tödliche Gebot: Thriller (German Edition)
schnell aufgestiegen.
Mit zweiundvierzig Jahren habe er sich an die Spitze der St. Petersburger Bande gesetzt und in den vergangenen zehn Jahren mit eiserner Faust geherrscht. Dabei habe er seine kriminellen und legalen Geschäfte zu einem Imperium verschmolzen, das ihm mehrere Hundert Millionen Dollar eingebracht habe. Dieser Erfolg habe ihm natürlich Feinde beschert, eine Menge Feinde. Und zumindest einer von ihnen sei noch gefährlicher als er selbst.
»Er heißt Omak«, sagte Barnett. »Er ist der Anführer der tschetschenischen Mafia. Sie streiten sich um Drogen- und Waffenschmuggelwege in den Nahen Osten.«
»Das passt«, sagte Monarch, der aus dem Taxifenster sah, während der Wagen die Wohnviertel der Elite von Buenos Aires verließ. »Die Leute, die versucht haben, Belos umzubringen, waren Tschetschenen.«
»Ich hab noch mehr Informationen über Omak und Belos. Ich schicke dir die Datei.«
»Ist sie umfangreich?«, fragte er.
»Wir haben beide schon seit mehreren Jahren auf dem Schirm, über einen Informationsaustausch mit der GRU«, sagte Barnett.
Die GRU war das Zentralorgan des russischen Militärnachrichtendienstes, das Gegenstück zu der Vereinigung des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA mit der Nationalen Sicherheitsbehörde NSA. Es ergab für Monarch durchaus einen Sinn, dass die GRU sich mit den USA über kriminelle Machenschaften austauschte. Und dann blitzte in ihm die Erinnerung an weibliche Zehen auf, die sein Schienbein erkundeten.
Monarch fragte: »Ist seine Geliebte Iryna ebenfalls aktenkundig?«
»Nicht, dass ich wüsste. Warum?«
»Ich versuche nur, alle Puzzleteile zu begreifen.«
»Die Schweizer Polizei interessiert sich für dich«, sagte Barnett.
»Lassen die mich deshalb beschatten?«
»Ich habe keinen Zugang mehr zu solchen Informationen.«
»Wie viel wissen die Schweizer?«
»Nicht genug, um dir einen Strick daraus zu drehen.«
»Gibst du mir Bescheid, wenn es so weit ist?«
»Vielleicht«, sagte Barnett und legte auf.
20
Es war fast zehn Uhr abends, als Monarch am Rand des Elendsviertels Villa Miseria aus dem Bus stieg, mit einer Sporttasche am Arm, die 335000 Dollar enthielt. Das Elendsviertel sah schlimmer aus denn je. Der Gestank war unerträglich.
Bolivianische und paraguayische Musik tönte aus den offenen Fenstern der Lehmhütten und Wellblechläden. Die Luft stank nach Urin, Kot und Fäulnis. Monarch wurde schwindlig von den Erinnerungen, die die Gerüche in ihm weckten. Säuglinge schrien. Hühner regten sich auf ihren Schlafplätzen in den Bäumen über spärlich beleuchteten Straßen. Eine Frau schalt laut ihren Mann aus. Ein Mädchen führte ein Schwein an der Leine.
Die Kleine war mager und ausgezehrt, ihre Augen entzündet. Sie bot sich Monarch für fünfzig Pesos an. Er lehnte ab. Händler riefen ihre Waren aus: Zigaretten, Alkohol, Lebensmittel, was immer er wollte. Irgendwo plärrte ein Radio oder Fernseher, kommentierte die Details eines Fußballspiels. Je tiefer Monarch in das Elendsviertel vordrang, desto näher kam er der Quelle des Gestanks, der sich ins Unermessliche steigerte.
Als er um eine Ecke bog, entdeckte er zwei Jungen, etwa elf Jahre alt, in zerlumpten, schmutzigen Kleidern. Sie hockten an eine Mauer gelehnt, rauchten kurze Zigarettenstummel und ließen die Köpfe hängen. Der eine redete wirres Zeug, der andere erbrach und lachte dabei.
Monarch blieb vor den beiden stehen und fragte: »Wo ist euer Zuhause?«
Der Junge, der sich eben noch bespuckt hatte, fand das komisch. »Du stehst davor«, schnaubte er.
»Eltern?«
Der andere, der Unsinn geredet hatte, sagte jetzt: »Haben wir nicht.«
»Was raucht ihr da?«, wollte Monarch wissen.
»Paco, Mann, was denkst du denn?«
Paco war ein übles Abfallprodukt der Kokaingewinnung, eine blassgelbe Paste, die mehr Kerosin als Kokain enthielt. Paco war billig und machte sehr schnell abhängig. Außerdem schadete die Droge dem Gehirn.
»Hast du Geld, Mann?«, fragte der Junge, der sich bespuckt hatte.
Monarch dachte an das Vermögen in seiner Tasche und sagte: »Sicher, kommt mit.«
»Bist du so ein Perverser?«, fragte der andere.
»Ich denk nicht dran«, sagte Monarch.
Er zerrte die beiden auf die Füße. Einen Moment lang standen sie auf wackeligen Beinen da. »Wie heißt ihr denn?«, fragte er.
»Juan.«
»Antonio.«
»Kommt mit, ihr beiden«, sagte Monarch und ging weiter die Straße entlang.
»Paco gibt’s dort hinten«, sagte Antonio und deutete in die
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