18 - Eine Taube bringt den Tod
König Alain und zeigte sich nur mit Mühe beherrscht. Die meisten im Saal ahnten, in welche Richtung ihre Beweisführung ging und welchen Namen sie nennen würde.
Fidelma sah zu Riwanon auf.
»Budics Geliebte bist du, Lady, und es hat mich in der Tat sehr verwundert. Warum warst du so schnell bereit, mich, eine Fremdländische, die kaum Ahnung von eurer Sprache hatte, mit der Klärung des Mordes an Abt Maelcar zu betrauen? In dem Haus, unter dessen Dach auch du dich aufhieltest, war ein Mord geschehen. Die Außenwelt erwartete von dir als Königin, in irgendeiner Form zu handeln. Nichtstun und Stillhalten hätten Argwohn erregt. Wahrscheinlich hast du nicht damit gerechnet, dass ich, als Fremde in eurem Land und eurer Sprache nicht mächtig, irgendetwas herausbekommen könnte.«
Trotzig reckte Riwanon den Unterkiefer, während Budic verwegen genug war, Fidelma abermals herauszufordern.
»Wo ist, bitteschön, dein Beweis? Iarnbud hat am Strand von Govihan sein Leben ausgehaucht. Willst du das Wort eines toten Mannes geltend machen? Taran aus Pou-Kaer, der Kapitän der Koulm ar Maro , liegt auf dem Grund des Morbihan. Die paar Überlebenden können nicht sagen, wer sich hinter der ›Taube des Todes‹ verbirgt. Wen willst du noch heranziehen, um dein Lügenmärchen glaubhaft zu machen?«
Fidelma sah ihn fest an.
»Du vergisst, das Iarnbud in seinem Boot Iuna hatte, um sie zu Heraklius, dem Arzt, zu schaffen, in der Hoffnung, dass er für das Gift in ihrem Körper ein Gegenmittel wusste. Iuna war am Leben, als beide Govihan erreichten.«
In der Halle hielt man den Atem an. Nur das Knistern des Feuers war zu hören.
Jäh sprang Budic mit gezücktem Schwert auf, sein Stuhl fiel nach hinten über. In rasender Wut stürzte er sich auf seinen Vater. Er war zwar schnell, aber Bleidbara war schneller und traf zielsicher mit seinem Dolch die Hand, die das Schwert hielt. Budic schrie vor Schmerz auf und ließ die Waffe fallen. Dann sprang des Königs Leibwache hinzu und überwältigte ihn. Im Nu stand auch neben Riwanon ein Wachposten. Bleich und am ganzen Körper zitternd saß sie zusammengesunken auf ihrem Stuhl.
Schwankend erhob sich König Alain.
»Mein Sohn hat durch seine Tat gestanden.« Seine Stimme klang ergriffen, und er geriet ins Stocken. Dann sah er hinunter zu Kaourentin, dem bretat . »Ich denke, die gegen Macliau, Sohn des Lord Canao, erhobene Anklage kann für null und nichtig erklärt werden. Mein Sohn wird für alle Verbrechen, die er begangen hat und die gegen mich und mein Volk gerichtet waren, auf der Grundlage unserer Rechsprechung zur Verantwortung gezogen.« Voller Bitterkeit wandte er sich an Riwanon. »Hast du dem, was du gehört hast, etwas hinzuzufügen?«
Mit unterdrücktem Schluchzen schüttelte sie kaum wahrnehmbar den Kopf.
»Dann wisse, dass auch dir die Folgen für deine Teilhabe an dieser Verschwörung nicht erspart bleiben.«
Budic und Riwanon wurden von den Wachen aus dem Saal geführt. Mit nach wie vor ergriffener Stimme sagte der König nun: »Ich danke dir, Fidelma aus Hibernia. Gott sei Dank hat Iuna überlebt und kann Zeugnis ablegen, andernfalls hätte mein Sohn weiterhin versucht, seine Unschuld zu beteuern.«
»Ich fürchte, ich war mit den Tatsachen etwas sparsam«, erwiderte sie mit traurigem Lächeln. »Es stimmt, dass Iuna am Leben war, als wir sie auf Govihan ans Ufer zogen, und dass Heraklius sie versorgte. Aber sie war nicht in der Lage zu sprechen und starb, ehe sie etwas sagen und ihre Schuld bekennen oder Budic für ihren Tod verantwortlich machen konnte. Lediglich meine Schlussfolgerungen, die sich logisch ergaben, sind Budic und Riwanon zum Verhängnis geworden. Für schuldig haben sie sich zu guter Letzt auf ihre Weise bekannt.«
König Alain betrachtete sie lange und ernst. Sinnend nagte er an seinen Lippen, ehe er sich mit einem Stoßseufzer zu einer anerkennenden Bemerkung aufraffte.
»Du bist eine kluge Frau, Fidelma aus Hibernia. Riwanons größter Fehler war, deine Fähigkeiten zu unterschätzen und zu glauben, mangelnde Kenntnis unserer Sprache wäre deinen Nachforschungen hinderlich.«
Fidelma dankte mit einer nur angedeuteten Verneigung des Kopfes.
»Man hat mich immer gelehrt, vincit omnia veritas – nichts geht über die Wahrheit.«
EPILOG
Unter vollen Segeln lehnte sich die Ringelgans in den Wind. Die Brise strich durch die Takelung und ließ die Rahen leise stöhnen. Vom auf und nieder
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