18 - Eine Taube bringt den Tod
Arglist oder gar Schmeichelei. »Wenn wir für dich und Bruder Eadulf einen Übersetzer benötigen, finden wir bestimmt jemand, der Bruder Metellus in dieser Hinsicht ersetzen kann.«
Fidelma verzichtete nur ungern auf Bruder Metellus, denn seine Sachkenntnis über das Umfeld war ihr eine große Hilfe. Dennoch stimmte sie Riwanon zu. Um Verständigungsfragen war ihr weniger bange; die meisten hier sprachen eine Form des Lateinischen ebenso fließend wie ihre eigene Sprache.
»Du hast recht, Riwanon. Ich darf nicht nur an mich denken. In Ordnung, Bruder Metellus soll sich auf den Weg zur Abtei machen.«
Erleichtert sah Bruder Metellus Fidelma und Eadulf an.
»Nicht lange, und wir sehen uns wieder. Ihr bleibt bis zur Ankunft von König Alain gewiss auf Brilhag, und ich dürfte schon davor zurück sein.«
Er ging, und auch Riwanon erhob sich. Sie wollte mit ihrer Kammerzofe im Burggelände ein paar Schritte gehen. Budic murmelte so etwas wie, er wolle nach den Pferden sehen, und verschwand ebenfalls.
»Wie weiter?«, fragte Eadulf Fidelma.
»Ich werde noch einmal mit Iuna reden.« Eadulf machte Anstalten, sie zu begleiten, aber sie wehrte ab. »Du bleibst hier. Vermutlich ist sie ohne einen Zeugen eher bereit, auf meine Fragen zu antworten. Ich will versuchen, etwas über ihren Streit mit Abt Maelcar herauszubekommen.«
»Tu, was du für richtig hältst«, erwiderte Eadulf, »wenngleich ich davon überzeugt bin, dass sie nicht mehr durchblicken lassen wird als vorhin.«
»Du glaubst gar nicht, wie viel einem Menschen herausrutscht, wenn er sich dagegen stemmt, auf Fragen zu antworten«, erklärte Fidelma trocken. Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging zur Tür, die in die Küche führte.
Eadulf rückte sich einen der Armsessel vor dem Feuer zurecht und nahm sich Zeit, die Dinge in Ruhe zu überdenken. Im Grunde genommen hatte er schon weit schlimmere Situationen erlebt, und trotzdem empfand er die jetzige als eine der beklemmendsten. Lag es daran, dass sie in einem fremden Land waren, dessen Sprache er nicht verstand, in dessen Gesetzen er sich nicht auskannte, was zusammen mit den rätselhaften Ereignissen umso unheilvoller und bedrohender wirkte? Seeräuber – na gut, von denen hatte er in Seaxmund’s Ham, wo er aufgewachsen war, mehr als genug gehört. Das Meer war nicht weit; solange man zurückdenken konnte, waren Fremde an den Ufern gelandet, hatten geplündert und sich auch angesiedelt, und dass darunter auch seine eigenen Landsleute waren, lag erst wenige Jahrhunderte zurück.
Ihn schmerzte, dass Fidelma zwei ihr nahestehende Menschen verloren hatte – ihren Vetter und ihren Freund Murchad, den Kapitän der Ringelgans . Aber so etwas kam vor. Es gehörte zum Leben, und das Leben war brutal. Überfälle auf Kaufleute und ihre Waren, auch das war ihm nicht neu. So etwas passierte eben. Selbst die Ermordung von Äbten geschah nicht selten. Mehrfach hatte er Fidelma begleitet, wenn sie den frühzeitigen Tod von Prälaten aufklären sollte.
Woran lag es also, dass er das hier alles als bedrückend und bedrohlich empfand? Er kam nicht dazu, die Dinge weiter zu durchdenken, denn die Tür, durch die Fidelma nur kurz zuvor entschwunden war, wurde aufgerissen. Etwas atemlos und mit hochrotem Kopf stand Fidelma im Türrahmen und rief ihm zu: »Eadulf, komm rasch, ich brauche dich!«
Er sprang auf und eilte zu ihr. »Worum geht es? Was ist passiert?«
»Ich habe Iuna und Iarnbud gesehen. Erst sprachen sie lebhaft miteinander, und jetzt haben sie gemeinsam die Burg verlassen. Komm, wir müssen wissen, wohin sie wollen.«
»Iuna und der alte Heide? Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie sich zu dem hingezogen fühlte.«
»Mach schon. Sie gehen sehr schnell. Nicht, dass sie verschwunden sind, ehe wir sie eingeholt haben.«
Eadulf verbiss sich weitere Bemerkungen und folgte Fidelma, die ungeachtet der aufgeschreckten Bediensteten, die dort ihren Pflichten nachgingen, durch die Küchenräume hastete und weiter zu Vorratsräumen, wo sie vor einer Tür stehen blieb und sie vorsichtig aufmachte.
»Ich konnte Iuna nicht finden und fragte eines der Küchenmädchen. Sie sei in dem Raum hier, hieß es. Die Tür stand offen, und ich hörte erregte Stimmen. Iuna redete heftig auf Iarnbud ein. Offenbar stritten sie sich. Dann schlug eine Tür am anderen Ende des Raums zu. Ich wartete einen Moment, machte dann die hintere Tür auf, die zu den Klippen oben am Meer führt, und sah die beiden den Pfad zum Ufer
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