18 - Eine Taube bringt den Tod
Zügen.
Eadulf verharrte wie angewurzelt, hielt die Tonkugel in den Händen und starrte ihn verwundert an. Wie sehr den jungen Mann die Furcht gepackt hatte, war seiner Stimme anzumerken.
»Leg das Ding auf den Boden, aber sachte!«, befahl er.
Vorsichtig legte Eadulf die Kugel ab.
»Und jetzt weg davon«, wies ihn der Apotheker an. Sobald Eadulf das tat, atmete Heraklius hörbar auf und schien sich zu entspannen. Leider nur für wenige Augenblicke, dann wurde er wütend.
»Wie konntet ihr es wagen, in diese Hütte einzubrechen?«
Fidelma mühte sich, einen versöhnlichen Ton anzuschlagen. »Eingebrochen sind wir nicht«, berichtigte sie ihn pedantisch. »Wir haben die Tür ohne Gewalt geöffnet und sind einfach hineingegangen.«
»Nachdem ihr den Schlüssel aus meiner Apotheke gestohlen hattet«, entgegnete Heraklius und ließ sich nicht auf Wortklaubereien ein. »Das ist mein Reich, und außer mir hat niemand hier Zutritt.«
»Du scheinst etwas zu verbergen zu haben«, antwortete sie mit einem Seitenblick auf die Tonkugeln.
»Nur vor den Augen Herumspionierender und den Händen unbedachter Dummköpfe«, erwiderte er unerbittlich. »Dummköpfe seid ihr nicht, also müsst ihr Spione sein. Spione von der Koulm ar Maro ! Raus hier, und versucht gar nicht erst zu fliehen. Wachposten stehen in Rufweite. Folgt mir zu Lady Trifina.«
Fidelma wechselte einen Blick mit Eadulf und zuckte die Achseln. Ihnen blieb nichts weiter übrig, als sich geschlagen zu geben. Sie verließen die Hütte. Heraklius zog die Tür zu und drehte den Schlüssel im Schloss. Er versicherte sich, dass die Tür fest zu war, behielt den Schlüssel in der Hand und winkte ihnen, durch den Kräutergarten voranzugehen. Stumm wies er ihnen den Weg durch den Küchenbereich zum Hauptkorridor und zur Tür des Gemachs, in dem Fidelma die erste Unterredung mit Trifina gehabt hatte. Ein Krieger stand draußen Wache. Nach kurzer Verständigung mit Heraklius klopfte er an, und der Arzt begab sich hinein. Der Wachmann maß sie mit misstrauischen Blicken.
»Was wird jetzt?«, murmelte Eadulf.
»Wir werden uns anhören müssen, was uns Trifina zu sagen hat«, meinte Fidelma besonnen. »Wir haben keine Wahl.«
Tatsächlich dauerte es nicht lange, und der Arzt öffnete die Tür und ließ sie herein. Trifina stand vor der Feuerstelle. Man sah ihr an, dass sie verärgert war. Sie sagte etwas zu Heraklius, der sich knapp verneigte, hinausging und die Tür hinter sich schloss. Sie begab sich zu einem Tisch und goss Rotwein in einen Becher. Nachdenklich schaute sie ihn einen Moment an und bot ihn Fidelma mit fragendem Blick. Die schüttelte den Kopf. Sie wiederholte die Geste bei Eadulf, und der trat näher und nahm den Becher. Er sagte sich, wenn dir jemand Wein anbietet, will er dich nicht umbringen … jedenfalls nicht auf der Stelle. Trifina schenkte sich selber ein und wies mit der freien Hand auf die Armsessel vor ihr. Fidelma nahm Platz, und auch Eadulf setzte sich. Er fühlte sich wie ein ungezogenes Kind, das Schelte erwartete.
»So also verhält es sich«, sagte Trifina schließlich und wiegte bedenklich den Kopf. »Was soll ich mit euch machen?«
»Dir zu raten, kommt uns nicht zu, Lady«, erwiderte Fidelma leise.
Trifina lachte auf. »Wahrlich nicht. Ihr wandert durch mein Anwesen und schnüffelt umher. Ich meine, ich hätte deutlich gemacht, dass ihr euch auf einer Insel befindet, auf der ihr nichts zu suchen habt.«
Fidelma hielt es für das Beste, unverblümt zu reden. »Es kommt darauf an, ob und was es zu suchen gibt. Ich habe dir dargelegt, dass Riwanon mich beauftragt hat, die Umstände zu ergründen, die …«
»… zum Tode von Abt Maelcar geführt haben. Doch das hat sich auf Brilhag ereignet und nicht hier. Warum also seid ihr hier?«
»Dort, wo ein Mord geschieht, muss sich nicht notwendigerweise auch der Mörder aufhalten«, erwiderte Fidelma.
»Das mag wohl sein«, stimmte ihr Trifina unwillig zu. »Ich nehme an, ihr verdächtigt mich, irgendwie das Geschick des Abts gelenkt zu haben, obwohl ich während des Mords nicht auf Brilhag war.«
»Nichts liegt mir ferner, als dich anzuklagen. Nur würde ich gern rätselhafte Vorgänge ergründen.«
»Habt ihr erwartet, in der Werkstatt von Heraklius eine Lösung zu finden? Er ist unser Arzt, und es steht ihm völlig frei, Experimente durchzuführen, die er zum besseren Verständnis von Kräutern und Heilmitteln benötigt.«
»Heute Nachmittag war
Weitere Kostenlose Bücher