18 Gänsehaut Stories
nehmen; aber auch die schlugen vor einer Hexe das Kreuz. Wenn denen einmal im Traum … na, ich will’s gar nicht erst über die Zunge bringen … was soll man über so was noch Redens machen.
Vor vielen vielen Jahren, ’s werden wohl sicher über hundert sein – erzählte mein Großvater selig –, war unser Dorf noch etwas ganz anderes als jetzt! Da war’s noch ein Weiler, der allerärmste Weiler! Zehn ungetünchte und ungedeckte Hütten lagen mitten im Felde verstreut, und es gab weder einen Zaun, noch einen anständigen Schuppen, in dem man Vieh oder einen Wagen hätte unterstellen können. Und die, die so lebten, das waren noch die Reichen, was aber erst unsereiner von der Brüderschaft der Habenichtse für ein Leben hatte, das läßt sich kaum beschreiben! Ein Loch in der Erde – das war das ganze Haus! Nur an dem Rauch konnte man merken, daß da ein Menschenkind unseres lieben Herrgotts hauste. Ihr werdet nun fragen, warum lebten die wohl so? Armut allein war’s nicht, denn damals war fast jeder ein freier Kosak und hatte sich in fremden Ländern nicht wenig Reichtümer erbeutet; nein, man sehnte sich gar nicht nach einem richtigen Hause. Was trieben sich damals nicht allerorts für Menschen herum: Leute aus der Krim, Polen, Litauer usw. Oft geschah es auch, daß man von den eigenen Landsleuten geschunden wurde. Ja ja, da kam mancherlei vor.
In diesem Weiler nun tauchte zuweilen ganz plötzlich ein Mensch oder richtiger gesagt, ein Teufel in Menschengestalt auf. Woher er kam und zu welchem Zwecke – das wußte niemand. Er soff, vergnügte sich – und auf einmal war er verschwunden, wie wenn er in die Erde gesunken wäre. Dann kam er wieder, wie vom Himmel gefallen, trieb sich auf den Straßen des Dorfes umher, von dem jetzt keine Spur mehr übrig ist, und das vielleicht nicht mehr als hundert Schritte von Dikanka entfernt war, sammelte die ersten besten Kosaken um sich, und dann ging ein Lachen und Singen an: Das Geld wurde nur so ausgeschüttet, und der Schnaps rann dahin wie Wasser. Dann ging er zu den Mädchen und schenkte ihnen Bänder, Ohrringe und Perlen – in vollen Haufen! Freilich, so manches Mädel wurde bedenklich bei diesen Geschenken: Weiß Gott, am Ende waren sie in der Tat durch unreine Hände gegangen. Die leibliche Tante meines Großvaters, die damals auf der heutigen Landstraße von Oposchnjani einen Ausschank hatte, in dem Bassawrjuk (so hieß dieser Teufelskerl) oft zechte, pflegte zu sagen, sie würde um keinen Preis in der Welt ein Geschenk von ihm annehmen. Aber wie konnte man wiederum etwas zurückweisen?
Jedem wurde gruselig zumute, wenn er seine borstigen Brauen runzelte und einen finstern Blick auf einen warf, daß man am liebsten ausgerissen wäre; nahm man aber das Geschenk an, so konnte man schon in der nächsten Nacht einen Gast aus dem Moor, einen mit Hörnern auf dem Kopfe, erwarten. Und der würgte einen, wenn man Perlen am Halse trug, biß einen in den Finger, wenn ein Ring darauf steckte, oder riß einer Frau fast den Zopf aus, wenn sie ein Band darein geflochten hatte. Zehn Schritt vom Leibe mit solchen Geschenken! Eine neue Not aber war es, sie loszuwerden. Man wirft sie ins Wasser – aber der teuflische Ring oder die Perlen schwimmen obenauf und springen einem wieder in die Hand zurück.
Im Dorfe stand auch eine Kirche, die, wenn ich mich recht besinne, dem heiligen Pantelej angehörte. Damals nun waltete in ihr ein Priester namens Vater Afanassi, seligen Angedenkens. Als er gewahrte, daß Bassawrjuk sogar am Ostersonntag nicht in die Kirche kam, wollte er ihn ausschelten und ihm eine Kirchenbuße auferlegen; aber sieh da, er kam kaum mit heiler Haut davon. »Hör mal, Herr!« brüllte ihn jener an. »Kümmere dich lieber um deine Geschäfte, anstatt dich in fremde zu mischen, wenn
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