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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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du nicht willst, daß dir dein Zie­gen­hals mit ei­nem hei­ßen Ster­be­ku­chen ver­kleis­tert wird!« Was konn­te man mit die­sem Gott­ver­damm­ten an­fan­gen? Va­ter Af­a­nas­si er­klär­te nun je­den, der mit Bassa­wr­juk ver­keh­ren wür­de, für einen Röm­ling und für einen Feind der Chris­ten­kir­che und des gan­zen Men­schen­ge­schlechts. In dem­sel­ben Dor­fe hat­te auch ein Ko­sak na­mens Korsch einen Ar­bei­ter, den die Leu­te Pe­ter Hei­mat­los nann­ten, viel­leicht des­halb, weil er we­der sei­nen Va­ter noch sei­ne Mut­ter kann­te. Der Kir­chen­vor­stand hat­te zwar ge­sagt, sie wä­ren schon in sei­nem zwei­ten Le­bens­jahr an der Pest ge­stor­ben; aber die Tan­te mei­nes Groß­va­ters woll­te es nicht wahr­ha­ben und war aus al­ler Kraft be­müht, ihm El­tern auf­zu­drän­gen, ob­gleich der ar­me Pe­ter sich ge­ra­de­so­viel um die­se Fra­ge küm­mer­te, wie wir um den vor­jäh­ri­gen Schnee. Sie be­haup­te­te, sein Va­ter be­fin­de sich jetzt noch in der Sa­po­ro­ger Ge­gend, sei in Ge­fan­gen­schaft bei den Tür­ken ge­we­sen, ha­be Gott weiß wel­che Qua­len er­dul­den müs­sen, und ha­be nur durch ein Wun­der, als Eu­nuch ver­klei­det, Reiß­aus neh­men kön­nen. Die schwarz­braui­gen Mä­dels und die jun­gen Weibs­leu­te scher­ten sich we­nig um sei­ne Ver­wandt­schaft. Sie äu­ßer­ten nur, wenn man ihm einen fei­nen Rock – et­wa einen neu­en Schu­pan – an­zö­ge, einen ro­ten Gür­tel um­leg­te, ei­ne neue Müt­ze aus schwar­zem Lamm­fell mit ei­ner schmu­cken Kap­pe auf­setz­te, ihm einen tür­ki­schen Sä­bel an die Sei­te schnall­te und in die ei­ne Hand einen lan­gen De­gen und in die an­de­re ei­ne hübsch ein­ge­faß­te Pfei­fe gä­be – dann wür­de er al­le an­dern Bur­schen in die Ta­sche ste­cken. Aber der ar­me Pe­trusj be­saß al­les in al­lem nur einen ein­zi­gen grau­en Kit­tel, der mehr Lö­cher hat­te, als man­cher Ju­de Du­ka­ten in der Ta­sche. Doch das wä­re noch nicht schlimm ge­we­sen, was schlimm war, war viel­mehr dies: Der al­te Korsch hat­te ein Töch­ter­chen, ei­ne Schön­heit, wie ihr sie wohl kaum je ge­se­hen habt. Die Tan­te des se­li­gen Groß­va­ters pfleg­te zu er­zäh­len – und ihr wißt ja, ein Weib wird, mit Ver­laub zu sa­gen, eher den Teu­fel küs­sen, als ei­ne an­de­re schön nen­nen –, daß die run­den Bäck­chen des Ko­sa­ken­mäd­chens so frisch und glän­zend wa­ren wie die al­lerz­ar­tes­te ro­te Mohn­blu­me, die sich in Got­tes Tau ge­ba­det hat und nun auf­leuch­tet, ih­re Blätt­chen aus­brei­tet und sich vor der auf­ge­hen­den Son­ne putzt. Wie schwar­ze Schnür­chen, die die Mäd­chen heut­zu­ta­ge bei den Hau­sie­rern in den Dör­fern für ih­re Kreu­ze und Schmuck­du­ka­ten kau­fen, so zart schwan­gen sich die Brau­en über ih­ren Au­gen, als spie­gel­ten sie sich in ih­rem kla­ren Kris­tall. Ihr Münd­chen, nach dem der gan­zen jun­gen Welt von da­mals der Mund wäs­ser­te, schi­en wie ge­schaf­fen für die Ge­sän­ge ei­ner Nach­ti­gall. Ihr Haar, schwarz wie Ra­ben­fit­ti­che und weich wie jun­ger Flachs (denn da­mals floch­ten es die jun­gen Mäd­chen noch nicht zu klei­nen Zöpf­chen, durch die sie sich jetzt hüb­sche bun­te Bän­der­chen zie­hen) fiel in vol­len Lo­cken auf den gold­be­stick­ten Über­wurf her­ab. Ei, da soll mich doch Gott von der Kan­zel nie wie­der das Hal­le­lu­jah sin­gen las­sen, wenn ich sie nicht auf der Stel­le ab­küs­sen möch­te, und wenn auch der al­te Wald auf mei­nem Schä­del schon so ziem­lich grau ist und mei­ne Al­te sich mir an die Sei­te hef­tet, wie ein Star ins Au­ge. Na, wenn ein Bursch und ein Mä­del nah bei­ein­an­der woh­nen … ja, da wißt ihr schon, was draus wird. Man konn­te stets in al­ler Herr­gotts­frü­he den Ab­druck der Stie­fe­lei­sen auf der Stel­le se­hen, wo Pi­dor­ka mit ih­rem Pe­trusj ge­stan­den hat­te. Korsch hät­te im­mer noch nichts Schlim­mes ge­ahnt, aber einst – und das kam durch nichts an­de­res als durch die List ei­nes Teu­fels –, da fiel es Pe­trusj ein, oh­ne sich ge­nau­er im Flur um­zu­se­hen, so­zu­sa­gen von gan­zer See­le einen Kuß auf die ro­si­gen Lip­pen des

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