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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Ko­sa­ken­mäd­chens zu pres­sen. Und die­ser sel­be Teu­fel – mag doch der Hun­de­sohn vom hei­li­gen Kreuz träu­men! – ritt den al­ten Knaster­bart, daß er ge­ra­de zu die­ser Zeit die Tür öff­ne­te. Korsch stand da wie ein Holz­klotz, sperr­te den Mund auf und muß­te sich an die Tür leh­nen. Der ver­damm­te Kuß schi­en ihn voll­kom­men be­täubt zu ha­ben. Er kam ihm lau­ter vor als der Schlag ei­nes Mör­ser­stö­ßels auf ein Brett, mit dem zu un­se­rer Zeit die Bau­ern in Er­man­ge­lung von Pul­ver und Flin­te den Fest­schmaus zu Eh­ren Jo­han­nes des Täu­fers be­glei­ten. Als er wie­der zu sich ge­kom­men war, nahm er sei­ne Na­gai­ka aus Ur­vä­ter Zei­ten von der Wand und woll­te sie schon auf den Rücken des ar­men Pe­ter nie­der­sau­sen las­sen, da er­schi­en auf ein­mal Pi­dor­kas sechs­jäh­ri­ges Brü­der­chen Iwasj, kam er­schreckt her­bei­ge­lau­fen, um­schlang sei­ne Bei­ne mit den Händ­chen und schrie: »Va­ter, Va­ter, schlag den Pe­trusj nicht!« Was war da zu ma­chen? Ein Va­ter­herz ist nicht von Stein: Er hing die Na­gai­ka an die Wand und führ­te ihn lei­se aus dem Zim­mer hin­aus. »Wenn du dich je­mals wie­der hier im Hau­se se­hen läßt oder auch nur am Fens­ter, so hö­re, Pe­trusj: Bei Gott, dein schwar­zer Schnurr­bart ist da­hin und auch dei­ne Ko­sa­ken­lo­cke, die du dir dop­pelt ums Ohr wi­ckelst – ich will nicht Te­ren­ti Korsch sein, wenn sie nicht von dei­nem Schä­del Ab­schied nimmt!« Bei die­sen Wor­ten ver­setz­te er ihm einen leich­ten Stoß in den Nacken, so daß Pe­trusj Hals über Kopf hin­aus­flog. So weit hat­ten sie es mit dem Küs­sen ge­bracht. Ein schwe­rer Kum­mer über­fiel un­ser Täub­chen; da­zu ging noch im Dor­fe das Ge­rücht um, zu Korsch ins Haus käme ein gold­be­la­de­ner Po­le mit Schnurr­bart, Sä­bel und Spo­ren, des­sen Ta­schen so klirr­ten wie der Klin­gel­beu­tel, den un­ser Meß­ner Ta­ras täg­lich in der Kir­che um­ge­hen läßt. Nun, man weiß ja, wo­zu man einen Va­ter be­sucht, der ei­ne schwarz­äu­gi­ge Toch­ter hat. Ein­mal schlang Pi­dor­ka die Ar­me um ih­ren Bru­der Iwasj: »Iwasj, mein Lieb­ling, bes­ter Iwasj! Lauf zu Pe­trusj, mein gol­de­nes Kind, rasch wie ein Pfeil vom Bo­gen schnellt, und er­zähl ihm al­les: Ich möch­te sei­ne grau­en Au­gen lieb­ko­sen und sein wei­ßes Ant­litz küs­sen, aber das Schick­sal will es nicht. Man­ches Tuch ha­be ich mit mei­nen hei­ßen Trä­nen be­netzt, mir ist so bang und so schwer ums Herz. Mein eig­ner Va­ter ist mir feind und zwingt mich, dem un­ge­lieb­ten Po­len in die Ehe zu fol­gen. Sag ihm, man be­rei­te schon die Hoch­zeit vor, doch es soll kei­ne Mu­sik auf un­se­rer Hoch­zeit ge­ben, und nur die Küs­ter wer­den plär­ren, statt daß Zi­ther und Schal­mei er­klin­gen. Und nicht wer­de ich mit mei­nem Ge­mahl zum Tan­ze ge­hen, son­dern hin­aus­tra­gen wird man mich aus dem Hau­se. Dun­kel und düs­ter wird mein en­ges Haus sein – aus Ahorn­bret­tern wird es ge­zim­mert sein, und statt ei­nes Schlo­tes wird ein Kreuz auf dem Dache stehn!«
    Wie ver­stei­nert und oh­ne sich von der Stel­le rüh­ren zu kön­nen, hör­te Pe­trusj das un­schul­di­ge Kind Pi­dor­kas Wor­te nach­lal­len. »Dacht’ ich Un­glück­li­cher nicht schon dar­an, in die Krim oder ins Tür­ken­land zu zie­hen, mir Gold zu er­beu­ten und mit vie­len Gü­tern be­la­den zu dir zu­rück­zu­keh­ren, du mei­ne Schöns­te? Doch es soll­te nicht sein. Ein bö­ser Blick hat uns ge­trof­fen. Wohl wer­den wir Hoch­zeit fei­ern, mein teu­res Fisch­lein du, aber kein Küs­ter wird auf un­se­rer Hoch­zeit sin­gen – statt ei­nes Po­pen krächzt mir zu Häup­ten ein schwar­zer Ra­be, das wei­te Feld wird mein Haus und die graue Wol­ke mein Dach sein; mei­ne grau­en Au­gen hackt der Ad­ler aus; der Re­gen wird mir die Ko­sa­ken­kno­chen bleich wa­schen, und der Sturm­wind wird sie aus­trock­nen. Doch was tu ich? Wem klag’ ich was vor? Gott hat’s wohl so an­ge­ord­net! Ver­lo­ren ist ver­lo­ren!« – Und stracks zog er in die Schen­ke.
    Die Tan­te mei­nes se­li­gen Groß­va­ters war nicht we­nig er­staunt, als sie Pe­trusj in der Schen­ke sah, und da­zu noch zu ei­ner Zeit, wo ein

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