18 Gänsehaut Stories
andere zottige Hände nach der Blume aus, und hinter ihm läuft raschelnd etwas von Ort zu Ort. Er drückte die Augen zu, riß am Stengel, und die Blume blieb in seiner Hand. Alles verstummte. Da tauchte Bassawrjuk, auf einem Baumstumpf sitzend, empor: ganz bläulich wie eine Leiche. Er rührte keinen Finger, seine Augen waren starr auf etwas gerichtet, das nur ihm allein sichtbar war; sein Mund stand halb offen, aber er sprach nichts. Ringsum rührte sich nichts. Wie furchtbar war Petrusj zumute! … Aber nun vernahm Petrusj ein Pfeifen, daß ihm das Herz im Leibe erstarrte, und es kam ihm so vor, als ob das Gras summe, und die Blumen sich mit dünnen Stimmchen unterhielten, die wie silberne Glöcklein klangen. Die Bäume donnerten grollend durcheinander … Bassawrjuks Antlitz wurde auf einmal lebendig. Seine Augen funkelten. »Endlich ist sie da, die Hexe«, grunzte er durch die Zähne. »Petrusj, schau, bald wird dir eine schöne Frau erscheinen: Tu alles, was sie dir befiehlt, sonst bist du auf ewig verloren!« Er zerteilte das Dickicht mit einem Knotenstock, und vor ihnen erschien ein Häuschen, das auf Hühnerfüßchen stand, wie es im Märchen heißt. Bassawrjuk schlug mit der Faust dagegen, und die Wand wankte. Ein großer, schwarzer Hund kam winselnd herausgelaufen, verwandelte sich plötzlich in eine Katze und warf sich ihnen entgegen. »Tobe nicht, wüte nicht, alte Teufelin«, rief Bassawrjuk und würzte seine Rede mit so einem Wörtlein, daß sich ein rechtschaffener Mensch dabei die Ohren zugestopft hätte. Da wurde die Katze zu einem alten Weibe mit einem so runzligen Gesicht wie ein gebratener Apfel, und krümmte sich wie ein Bogen; Nase und Kinn gleichen einem Nußknacker. »Welche herrliche Schönheit!« dachte Petrusj, und es überlief ihn kalt. Die Hexe riß ihm die Blume aus der Hand, beugte sich über sie, flüsterte einen langen Spruch vor sich hin und besprengte sie mit einer unbekannten Flüssigkeit. Funken stoben aus ihrem Munde, und Schaum trat ihr auf die Lippen. »Wirf sie hin«, rief sie, indem sie ihm die Blume reichte. Petrusj warf die Blume hin, aber – o Wunder: Die Blume fiel nicht gleich zur Erde, sondern leuchtete lange wie eine Feuerkugel mitten im Dunkel und segelte wie ein Kahn durch die Luft; endlich begann sie sich leise zu senken und fiel so fern von ihnen herab, daß das Sternchen kaum mehr zu sehen war und nicht größer erschien, denn ein Mohnkorn. »Hier!« krächzte die Alte dumpf, und Bassawrjuk reichte ihm einen Spaten hin und rief: »Grabe hier nach, Petrusj! Da wirst du so viel Gold finden, als weder du noch Korsch je geträumt haben!«
Petrusj spie sich in die Hände, griff den Spaten, trat mit dem Fuß darauf und wühlte die Erde auf, einmal, noch einmal, ein drittes Mal, noch einmal … Da stieß er auf etwas Hartes! … Der Spaten klirrte und wollte nicht tiefer in die Erde hinein. Jetzt begannen seine Augen plötzlich ganz deutlich eine kleine, eisenbeschlagene Kiste wahrzunehmen. Schon wollte er sie mit der Hand erfassen, aber die Kiste begann immer tiefer und tiefer in die Erde zu sinken, und hinter sich vernahm er ein Lachen, das dem Zischen von Schlangen glich. »Nie sollst du das Gold erschauen, ehe du nicht Menschenblut herbeischaffst!« rief die Hexe und führte auf einmal ein etwa sechsjähriges Kind vor ihn hin, das mit einem weißen Tuch bedeckt war; sie deutete ihm mit Zeichen an, er müsse dem Kind den Kopf abhacken. Petrusj erstarrte. Ist’s denn eine Kleinigkeit, so mir nichts, dir nichts einem Menschen den Kopf abzuhacken, und dazu noch einem unschuldigen Kinde! Wütend riß er das Tuch vom Kopfe, und was sah er? Vor ihm stand Iwasj! Das arme Kind stand mit gekreuzten Händchen und gesenktem Köpfchen da … Wie ein Rasender sprang Petrusj mit dem Messer auf die Hexe los und erhob die
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