18 Gänsehaut Stories
Erde zu verneigen. »Hol’ dich der Teufel!« rief er und begann sich zu bekreuzigen … Aber da widerfuhr seiner Ehehälfte gleichfalls ein Wunder: Sie hatte gerade begonnen, Teig in einem mächtigen Trog zu kneten, da sprang der Trog auf einmal in die Höhe. »Halt! Halt! Wohin willst du?« rief sie. Aber da begann er, die Henkel in die Hüften gestemmt, ehrwürdig in der Stube umherzutänzeln … Ja, lacht nur! Aber unserem Großvater war’s nicht zum Lachen zumute. Vergeblich ging Vater Afanassi im ganzen Dorfe mit Weihwasser umher und suchte den Teufel durch Besprengen aller Straßen zu vertreiben. Es half nichts. Noch lange klagte die Tante meines verstorbenen Großvaters darüber, daß, sobald es Abend wurde, jemand aufs Dach klopfte und an den Wänden kratzte.
Aber das ist noch nicht alles! Jetzt scheint ja auf der Stelle, wo unser Dorf steht, alles ruhig zu sein; aber es ist noch gar nicht so lange her – mein verstorbener Vater und ich haben es noch erlebt –, daß kein ehrenwerter Mensch an der verfallenen Schenke, die noch lange Zeit danach immer wieder von den unreinen Geistern ausgebessert wurde, ohne Furcht vorbeigehen konnte. Aus dem rußigen Schlot schlugen Säulen Qualms empor, die so hoch in die Luft stiegen, daß einem beim Hinaufsehen die Mütze herunterfiel, und aus dem Qualm fielen Kohlen über die ganze Steppe. Und der Teufel – gar nicht nennen dürft’ man den Hundesohn – schluchzte so jämmerlich in seiner Kammer, daß die Aasgeier erschreckt in ganzen Scharen emporstießen und mit wildem Geschrei am Himmel umherschossen.
Die Angst
von
Guy de Maupassant
Guy de Maupassant (1850-1893), einer der großen französischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts und ein Meister der kurzen novellistischen Prosa, schildert in seinen Romanen, Novellen und Kurzerzählungen mit unbestechlichem psychologischen Realismus die gesellschaftliche Wirklichkeit seiner Zeit. Daneben hat auch das Unheimliche Eingang in sein umfangreiches Erzählwerk gefunden, ungreifbare Schemen aus einer phantastischen Wirklichkeit, die mit Maupassants fortschreitender Paralyse immer stärker hervortraten.
Was ich berichten will, trug sich im letzten Winter in einem Wald im Nordosten Frankreichs zu. Die Nacht war zeitig herangebrochen, der Himmel war düster, und ich befand mich auf der Jagd. Als Führer hatte ich einen Bauern bei mir, der auf dem schmalen Pfad nicht von meiner Seite wich. Zwischen den Baumwipfeln sah ich Wolken dahinjagen. Sie schienen auf der Flucht vor etwas Entsetzlichem. Manchmal schien sich der ganze Wald unter heftigen Windstößen zu neigen.
Die Kälte hatte mich gepackt, obwohl ich warm gekleidet war und tüchtig ausschritt. Wir wollten die Nacht bei einem Wildhüter verbringen, dessen Haus nicht mehr weit entfernt sein konnte. Manchmal hob mein Führer den Blick und murmelte: »Schlimmes Wetter!«
Dann erzählte er von den Leuten, bei denen wir einkehren wollten. Der Vater hatte vor zwei Jahren einen Wilderer in diesem Revier erschossen, und seitdem war sein Sinn düster. Die Erinnerung an diesen Vorfall schien ihn nicht loszulassen. Seine beiden verheirateten Söhne lebten mit ihm zusammen in dem Haus, zu dem wir unterwegs waren.
Es herrschte tiefe Finsternis. Ich sah nichts mehr vor mir und nichts neben mir. Die vom Wind gezausten Aste erfüllten die Nacht mit einem ständig anhaltenden Brausen. Endlich bemerkten wir ein Licht, und bald darauf klopfte mein Begleiter an eine Tür. Schrille Frauenschreie antworteten uns. Dann hörten wir eine erstickte Männerstimme, die fragte: »Wer da?«
Mein Führer nannte seinen Namen. Wir traten ein. Das Bild, welches sich uns bot, werde ich nie vergessen.
Ein alter
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