18 Gänsehaut Stories
Mann mit weißen Haaren, in den Augen Wahnsinn, ein geladenes Gewehr schußbereit in der Hand, stand mitten in der Küche, während zwei Burschen, mit Äxten bewaffnet, die Tür nicht aus den Augen ließen.
Im dämmrigen Küchenwinkel konnte man zwei Frauen erkennen, die mit dem Gesicht zur Wand auf den Knien lagen.
Wir stellten uns vor. Der Alte lehnte sein Gewehr an die Wand und ordnete an, daß man mir ein Zimmer richte. Dann, als sich keine der Frauen rührte, sagte er schroff zu mir: »Wissen Sie, mein Herr, heute nacht sind es zwei Jahre her, daß ich einen Mann getötet habe. Im vergangenen Jahr ist er hier erschienen, um mich zu rufen. Heute erwarte ich ihn wieder.« Und er fügte hinzu – ich mußte darüber beinahe lächeln –: »Wir sind etwas beunruhigt.« Ich versicherte ihm, daß es mir gelegen komme, ihm heute nacht gegen die Angst des Aberglaubens beistehen zu können. Ich begann, allerlei Geschichten zu erzählen, und es gelang mir, den Alten etwas zu beruhigen.
Neben dem Eingang lag ein alter, fast blinder Hund. Er schlief mit der Schnauze zwischen den Vorderpfoten. Es war einer jener Hunde, die einen irgendwie an einen Menschen erinnern, den man gut kennt.
Trotz meiner Bemühungen, die Leute zu beruhigen, fühlte ich sehr wohl, daß die Angst sie umklammert hielt, und immer, wenn ich meine Erzählungen unterbrach, lauschten sie auf die Geräusche draußen.
Ich wurde es müde, weiter diesem unvernünftigen, abergläubischen Gehabe mit zuzusehen, und verlangte nach meinem Zimmer, als der Alte auf einmal seinen Stuhl zurückstieß und erneut nach seinem Gewehr griff. Verwirrt stammelte er: »Da ist er. Da ist er!«
Die beiden Frauen fielen in der Ecke wieder auf die Knie und verbargen das Gesicht in den Händen. Die Söhne langten nach den Äxten. Ich wollte sie noch einmal beschwichtigen, als der Hund plötzlich erwachte, seinen Kopf hob, den Hals streckte, mit seinen fast erloschenen Augen in die Flammen des Kaminfeuers blickte und in ein schauerliches Geheul ausbrach. Alle Augen richteten sich auf das Tier. Es verharrte unbeweglich, auf die Pfoten erhoben, wie von einer Erscheinung gebannt, und begann wieder gegen etwas Unsichtbar-Unbekannt-Schreckliches anzuheulen. Das Fell des Tieres sträubte sich. Der Waldhüter war bleiweiß im Gesicht geworden und schrie: »Er riecht ihn! Er riecht ihn! Er war doch dabei, als ich den Kerl tötete.«
Eine Stunde lang heulte der Hund, ohne sich zu rühren. Er heulte und winselte wie in einem Angsttraum. Und die Angst, die schreckliche Angst, ergriff auch mich. Die Angst wovor? Wußte ich es? Nein. Es war die nackte Angst.
Wir hockten da, unbeweglich und aschfarben. Wir warteten auf das Schreckliche, das sich ereignen würde. Wir lauschten gespannt, mit klopfendem Herzen, vom kleinsten Geräusch zu Tode erschreckt. Der Hund begann im Zimmer umherzulaufen, er schnüffelte an den Wänden und zitterte. Dieser Hund machte uns nahezu verrückt. Da warf sich der Bauer, der mich hierher gebracht hatte, auf ihn, öffnete die Tür, die auf den kleinen Hof hinausführte und stieß den Hund dort hinaus.
Sofort verstummte das Tier, und wir tauchten in eine Stille ein, die noch schrecklicher war. Doch plötzlich fuhren wir alle zusammen hoch: Etwas strich an der Hausmauer entlang, die dem Wald zu gelegen war; dann ging es weiter gegen die Tür und schien sie mit zitternder Hand abzutasten. Zwei Minuten hörte man darauf nichts mehr. Wir verloren beinahe die Besinnung. Dann kam es zurück. Es streifte die Mauer und kratzte leise, wie es Kinder mit ihren Nägeln zu tun pflegen. Und da – plötzlich tauchte vor dem kleinen Fenster neben der Tür ein Kopf auf, ein weißer Schädel mit leuchtenden Augen. Ein Ton quälte sich aus seinem Mund, ein
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