18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin
gehört -, daß er einen Schwarzen nicht vom anderen unterscheiden könne, für ihn sähen sie alle gleich aus. Das war alles!«
»Kompliment", sagte Lennet. »Sie sind ja wirklich ganz schön kaltblütig! Trotzdem: Ich glaube, Sie sind sich absolut nicht im klaren darüber, wie schwierig meine Aufgabe jetzt wird, wo Sie hier aufgetaucht sind. Am besten, ich verstecke Sie irgendwo und...« In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und eine harte Stimme kommandierte: »Runter mit der Waffe, oder du bist ein toter Mann! Und du, Kleine - Hände hoch!« Lennet und Graziella gehorchten sofort. Gross kam herein. Er hatte seine MAC 50 in der Hand. Hinter ihm im Flur standen Sosthene mit einem Colt und Poli, der offensichtlich unbewaffnet war.
»Hab ich dich erwischt, Bengel!« schrie Gross und hielt Lennet seine Pistole unter die Nase. »Du bist mir ja ein feines Früchtchen! Judoka - daß ich nicht lache! Bist doch nicht so schlau, wie du gedacht hast, he? Hast wohl schon gemeint, du könntest mich für dumm verkaufen? Aber ich bin auch nicht von vorgestern! So nicht - nicht mit mir! Einmal kurz am Arm gezerrt und - peng der Boss knallt mit der Nase auf den Teppich! Das gefällt dir wohl, was? Aber der Boss hat Augen im Kopf, er hat sehr wohl gemerkt, daß du, anstatt ein Frühstück für alle zu machen, wie du versprochen hattest, eine halbe Stunde einfach verschwunden bist! Und dann die Sache mit Poli, der in den Aufenthaltsraum gekommen ist, sich die Knöchel gerieben hat und irgendwas von einer Schwarzen gefaselt hat, die ihm eins über die Rübe gegeben und ihn gefesselt hat! Er hat eine halbe Minute gebraucht, um die Knoten aufzukriegen. Ich hab sofort gewußt, daß du da irgendwie die Hand im Spiel gehabt hast, Pichenet. Was hast du dazu zu sagen?« Als Lennet hörte, daß Poli für die Fesseln nur dreißig Sekunden gebraucht hatte, warf er Graziella einen ironischen Blick zu. Die Wangen des Mädchens wurden dunkel, und Tränen der Wut traten in ihre Augen.
Lennets Gedanken überstürzten sich. Was sollte er nun tun? Noch niemals hatte der Erfolg eines Auftrags so sehr von seiner Geistesgegenwart abgehangen wie jetzt.
»Immer schön ruhig bleiben, Fremdenlegion", sagte er sanft und freundlich. »Tut mir leid,, daß Poli ein ,Aua' an seinen kleinen Händchen und Füßchen hatte, aber wenn ich nicht gewesen wäre, dann hätte er dort jetzt Handschellen oder Ketten. Du mußt nicht weinen, Poli! Das gleiche gilt übrigens für Sie, Boss: Ohne mich säßen Sie jetzt bestimmt schon in Untersuchungshaft. Und wie ich die Bullen kenne, würden sie sicher nicht nur killekille an Ihrem Kinn machen!«
»Was redest du da für einen Quatsch?«
»Überhaupt keinen Quatsch. Herr Gross, Sie sind ja vielleicht ein hervorragender Unteroffizier, aber wie man so einen Auftrag wie unseren hier von Anfang bis zum Ende gut hinkriegt, davon haben Sie nicht den blassesten Schimmer. Überlegen Sie doch mal: Was wäre wohl passiert, wenn die Bullen das Mädchen in dem Koffer gefunden hätten?«
»Unter lebenslänglich wären wir wohl kaum davongekommen", sagte Poli nachdenklich.
»Gut, daß wenigstens die Guillotine abgeschafft ist", seufzte Sosthene. »Ist sie doch, oder?«
»Vielleicht hast du sogar recht, Kleiner", gab Gross widerwillig zu. »Ich hatte mir auch schon überlegt, was wir mit den Polizisten machen sollten, falls es soweit gekommen wäre.«
»Na, sehen Sie", trumpfte Lennet auf, »und deshalb hab ich gedacht, es wäre gescheiter, wenn ich das Mädchen raushole und statt dessen die Kartoffeln reinlege. Die flogen sowieso nur unordentlich da unten im Lagerraum rum. Die Kleine war noch ohmächtig, und da hab ich sie hier in die Kabine geschleppt und unter die Koje in den Bettkasten gelegt. Das war vielleicht nicht so bequem für sie, aber viel sicherer. In einen Schrankkoffer mit Löchern guckt jeder Polizist, in den Bettkasten einer unbenutzten Kabine nicht unbedingt!«
»Und dann?« wollte Gross wissen.
»Offenbar ist die junge Dame früher aufgewacht, als wir dachten. Sie ist dann wohl losmarschiert, ist auf Poli gestoßen und hat ihm ein paar Takte die Meinung gegeigt. Ich wollte eigentlich nur mal nachsehen, ob sie noch nicht das Zipperlein hatte vom langen Liegen in der engen Kiste - und da habe ich sie hier getroffen. Frei! Da habe ich meine Pistole gezogen, um sie in Schach zu halten. Dann sind Sie reingekommen und hätten beinahe alles zunichte gemacht. Ich hab den Verdacht, Sie lesen zu
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