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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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und Hen­ker ums Le­ben ka­men, zu ver­tu­schen.
    Wir ken­nen aber die Na­men meh­re­rer Rich­ter, die To­des­ur­tei­le aus­ge­spro­chen ha­ben und de­ren En­de von grau­en­hal­ten Vi­sio­nen be­glei­tet war.
    Ca­the­ri­ne Cro­we (Die dunkle Sei­te der Na­tur)
     
    Rock Smit­her­son blick­te an der Ecke West­bour­ne Road – Bar­ba­ra Street auf sei­ne Uhr und stell­te er­freut fest, daß er noch ei­ne hal­be Stun­de Zeit hat­te, ehe er wie­der in die Tret­müh­le muß­te.
    Das ro­te Fens­ter ei­ner Knei­pe leuch­te­te in der reg­ne­ri­schen Nacht: er warf einen arg­wöh­ni­schen Blick rund um sich, denn die Vor­schrif­ten un­ter­sag­ten ihm, die Ta­ver­nen in der Nä­he des Schau­plat­zes sei­ner täg­li­chen Auf­ga­be zu be­su­chen.
    »Dog-no­se?« schlug der Schank­wirt, ein di­cker, paus­bä­cki­ger Mann mit Hän­ge­schnurr­bart vor. »Das ist das Rich­ti­ge an ei­nem sol­chen Abend.«
    »Dog-no­se«, ant­wor­te­te Smit­her­son zu­stim­mend.
    Der Di­cke maß sorg­fäl­tig den Gin, den Zu­cker und das hei­ße Was­ser ab.
    »Mor­gen ist es al­so so­weit?«
    »Um acht. Um acht Uhr zehn kommt der An­schlag hin­aus, mehr als zehn Mi­nu­ten frü­her als drü­ben in Ne­w­ga­te.«
    »Hil­ary Chan­ning?« frag­te der Wirt, in­dem er nun für sich ein Glas Gin pur ein­goß.
    »Tat­säch­lich, so heißt er … He, Cuffy, noch ein Glas, und dann fül­len Sie mein fla­ches Fläsch­chen mit Ih­rer Me­di­zin. Es ist ge­gen die Vor­schrift, aber es tut ja je­der. Das geht ei­nem schon an die Ner­ven, wenn man sie so früh ster­ben sieht.«
    »Zwan­zig, ein-, zwei­und­zwan­zig Jah­re, wie?« frag­te Cuffy.
    »Ein­und­zwan­zig ge­nau. Ei­ner von mei­nen ei­ge­nen Jungs ist kaum äl­ter; nun, ver­ste­hen Sie, das greift ei­nem ans Herz, und er sieht auch gar nicht bös­ar­tig aus. Blond wie rei­fes Korn und Au­gen wie’n jun­ges Mäd­chen; wirk­lich ein Jam­mer!« Cuffy nick­te schwei­gend und lang­sam mit sei­nem großen Kopf.
    »Und wenn man be­denkt, daß ihm sein Ver­bre­chen al les in al­lem ein Pfund zwei Shil­ling und ei­ne klei­ne Da­men­uhr ein­ge­bracht hat, die er im Leih­haus für ei­ne hal­be Kro­ne ver­pfän­det hat! Lau­sig!«
    »Ei­ne al­te Stra­ßen­händ­le­rin, die ja doch noch vor Jah­res­en­de ge­stor­ben wä­re, so schwind­süch­tig war sie, schrei­ben die Zei­tun­gen«, füg­te Cuffy hin­zu.
    »Und den hoch­tra­ben­den Bein­amen ›Mus­ter­ge­fäng­nis‹ setzt man uns et­was zu oft vor«, knurr­te Smit­her­son, sei­nem ei­ge­nen Ge­dan­ken­gang fol­gend. »Wenn es wirk­lich das wä­re, müß­te man Jack Ketch drau­ßen las­sen mit dem aus­drück­li­chen Be­fehl, sei­ne Kno­ten in Ge­fäng­nis­sen zu ma­chen, die kei­ne Mus­ter­bei­spie­le sind. Es ist schänd­lich! Mus­ter … Pah, die Kalk­milch und das Phe­nol, das man drin­nen ton­nen­wei­se ver­braucht, hin­dern nicht, daß es so schwarz und dre­ckig ist wie die an­de­ren, nur ein biß­chen über­malt. Pfui Teu­fel!«
    Rock Smit­her­son, ers­ter Hilfsauf­se­her im Mus­ter­ge­fäng­nis Penton­ville, haß­te sei­nen Be­ruf nicht mehr als sei­ne Kol­le­gen, aber an den schreck­li­chen Aben­den vor Hin­rich­tun­gen em­pör­te es ihn, einen ge­fes­sel­ten Men­schen ster­ben se­hen zu müs­sen, dem nie­mand in sei­ner höchs­ten Not zu Hil­fe kom­men wür­de, so­gar wenn die ar­me, ei­nem schmach­vol­len Tod be­stimm­te Krea­tur ein Spitz­bu­be war, der das Le­ben sei­nes Nächs­ten ge­ring­ge­ach­tet hat­te.
    »Der Herr hat ge­sagt: du sollst nicht tö­ten!« schloß der Auf­se­her, den ein drit­ter und letz­ter Grog mit Wa­chol­der­schnaps noch emp­find­sa­mer ge­macht hat­te.
    Er ging in flin­kem Tem­po durch die Bri­de Street, denn die halb­stün­di­ge Gal­gen­frist war bei­na­he zu En­de.
    Am Stra­ße­nen­de, wo die Ro­man Road be­ginnt und sich aus wei­tet, ver­deckt die rie­si­ge Ge­fäng­nis­mau­er den Him­mel, an der nur die spär­li­chen Fun­zeln des Rund­gangs sicht­bar wa­ren.
    »Oh! Ver­zei­hen Sie, Sir, ich hat­te Sie nicht kom­men se­hen!« ent­schul­dig­te sich Smit­her­son. Er wä­re fast mit ei­nem Mann in dunklem Um­hang, mit ei­nem breit­krem­pi­gen Hut

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