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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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als er dort grau in der grau­en Mor­gen­däm­me­rung stand! Ich blick­te nach Lan­de­mär­ket hin­über; es war Licht in dem Bäcker­la­den, und ein Torf­bau­er stand drau­ßen und band sei­nen Pfer­den die Fut­ter­sä­cke un­ters Maul. Ich schiel­te halb ängst­lich in mein Zim­mer, al­lein al­les war in ge­wohn­ter Ord­nung. Mein hoch­leh­ni­ger Arm­ses­sel, mein blin­der Ra­sier­spie­gel, mein gicht­brü­chi­ges al­tes So­fa, – al­les stand auf sei­nem Plat­ze, ja selbst die Tü­te mit dem Pu­der­zu­cker lag noch im Fens­ter, und die Flie­ge surr­te dar­in. Ich fühl­te, daß ich wach sei, und daß der Tag graue. Rasch sprang ich von der Fens­ter­bank her­ab und woll­te mich wie­der ins Bett le­gen, als mein Fuß an et­was Har­tes und Schar­fes stieß. Ich bück­te mich, um es auf­zu­he­ben, tas­te­te im Halb­dun­kel auf der Die­le um­her und er­faß­te einen lan­gen, dür­ren, halb ver­mo­der­ten Arm, des­sen stei­fe Fin­ger ein zu­sam­men­ge­roll­tes Blatt Pa­pier um­krampf­ten. Ich tas­te­te wei­ter und er­faß­te einen zwei­ten, der eben­falls ein zu­sam­men­ge­roll­tes Pa­pier zwi­schen den Fin­gern hielt. Jetzt be­gann ich an mei­nem Ver­stän­de zu zwei­feln. Ich wuß­te, daß, was ich ge­se­hen, ei­ne Fol­ge mei­ner er­hitz­ten Fan­ta­sie, ein Traum sei, der ge­gen sein En­de hin den Cha­rak­ter ei­ner Sin­nes­täu­schung an­ge­nom­men ha­be. Ich wuß­te, daß ich wach, daß das Gan­ze ei­ne Hal­lu­zi­na­ti­on sei, und doch la­gen hier fes­te, un­wi­der­leg­li­che Be­wei­se des Ge­gen­teils vor. Ich glaub­te wirk­lich, ich sei im Be­grif­fe, wahn­sin­nig zu wer­den, und mit fie­bern­der Hast öff­ne­te ich die Pa­pi­er­rol­le. Dort stand nur das Wort ›Söl­ling‹.
    Ich er­griff das zwei­te Pa­pier und roll­te es auf; dort stand: ›Nan­sen‹.
    Noch hat­te ich die Kraft, ein drit­tes zu er­grei­fen und zu öff­nen; dort stand: ›Siem­sen‹; aber im sel­ben Au­gen­bli­cke stürz­te ich schon wie be­sin­nungs­los zur Er­de.
    Als ich wie­der zu mir kam, stand Niels Daae ne­ben mir mit ei­nem ge­leer­ten Wasch­gus­se, des­sen In­halt noch vom So­fa her­ab­troff, auf das er mich ge­legt hat­te.
    »Hier, trin­ke das«, sag­te er mit schmei­cheln­dem To­ne, »dann kommst du schon wie­der auf die Bei­ne. Es ist ein vor­treff­li­cher Co­gnac; ich nahm sel­ber erst einen Schluck da­von.«
    Ver­stört blick­te ich mich um und nipp­te an dem Gla­se, des­sen kräf­ti­ger In­halt schnell mei­ne Le­bens­geis­ter er­mun­ter­te.
    »Was ist ge­sche­hen?« frag­te ich mit mat­ter Stim­me.
    »Ach, ei­gent­lich nichts von Be­deu­tung«, er­wi­der­te Niels Daae. »Du bist nur im Be­griff ge­we­sen, dir selbst durch ei­ne klei­ne Koh­len­stoff­ver­gif­tung das Le­ben zu neh­men. Es sind auch ver­wünscht schlech­te Klap­pen, die hier an den al­ten Ka­chelö­fen auf der Re­genz sit­zen. Der Sturm heu­te nacht muß sie zu­ge­schla­gen ha­ben, wenn du nicht selbst so ge­ni­al ge­we­sen bist, sie zu schlie­ßen, ehe du zu Bett gingst. Wä­re ich ei­ne Stun­de spä­ter ge­kom­men, klei­ner Siem­sen, so wä­rest du so weit auf der Rei­se zu Sankt Pe­ter mit den Gold­schlüs­seln ge­we­sen, daß ein al­ter Co­gnac dich nicht mehr hät­te zu­rück­ru­fen kön­nen. Nimm noch einen klei­nen Schluck!«
    »Wie bist du her­auf­ge­kom­men?« frag­te ich, mich auf­rich­tend.
    »Auf die ein­fachs­te und na­tür­lichs­te Wei­se von der Welt«, ant­wor­te­te Niels Daae. »Ich hat­te die­se Nacht die Wa­che auf dem Hos­pi­ta­le; aber weil ich ziem­lich viel Punsch bei Lars Ma­thie­sen ge­trun­ken hat­te, schlief ich mehr, als ich wach­te, und fand es da­her pas­send, mich ge­gen die Mor­gen­stun­de fort­zu­schlei­chen. Als ich nach Krystal­ga­den heim­ging, kam ich an der Re­genz vor­bei und sah dich hier ritt­lings in bloßem Hem­de auf der Fens­ter­bank sit­zen und den Nacht­wäch­ter durch das Ge­schrei ›Feu­er, Mord­jo!‹ oder der­glei­chen alar­mie­ren. Es ge­lang mir end­lich, Jen­sen dort un­ten auf­zu­klop­fen, und durch sein Fens­ter kam ich in die Re­genz. Es ist auch ei­ne son­der­ba­re Ma­nier, sich in bloßem Hem­de mit­ten auf die Die­le zu le­gen!«
    »Wo

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