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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Ich bin des­halb hier­hin zu­rück­ge­kehrt; um aber hier in Ru­he blei­ben zu kön­nen, bin ich ge­zwun­gen ge­we­sen, den Leu­ten, die es sich ein­fal­len lie­ßen, hier woh­nen zu wol­len, Angst ein­zu­ja­gen.«
    »Ich … ver­ste­he«, sag­te Ana­to­le.
    »Das wun­dert mich nicht«, sag­te der Geist, »da Sie wirk­lich sehr in­tel­li­gent sind und das ist auch der Grund, wes­halb ich ge­glaubt ha­be, Sie freund­schaft­lich und oh­ne Um­stän­de emp­fan­gen zu kön­nen und daß ich es mir Ih­nen ge­gen­über spa­ren könn­te, mit Ket­ten zu klir­ren und Feu­er­zau­ber wir­ken zu las­sen, mit dem man al­te Wei­ber in Schre­cken ver­setzt. Sie trin­ken aber gar nicht.«
    »Doch, doch«, sag­te Ana­to­le, sein Glas mit ei­ner Mi­schung von Kirsch und Char­treu­se fül­lend. »Aber ver­zei­hen Sie die Fra­ge: Sie sag­ten, Sie hät­ten in der an­de­ren Welt nicht blei­ben kön­nen – aber wes­halb konn­ten Sie dies nicht?«
    »Ich glau­be schon be­merkt zu ha­ben, daß dies ei­ne per­sön­li­che An­ge­le­gen­heit ge­we­sen«, be­merk­te der Geist zu­rück­hal­tend. »Den­noch will ich Ih­nen als Eh­ren­mann un­ter dem Sie­gel der Ver­schwie­gen­heit mit­tei­len, was es da­mit für ei­ne Be­wandt­nis hat. Ich starb al­so, nicht wahr, und man gab mir da na­tür­lich ei­ne Ein­tritts­kar­te für das Pa­ra­dies, denn ich bin mein gan­zes Le­ben lang ein ge­rech­ter und tu­gend­haf­ter Mann von rei­nen Sit­ten ge­we­sen, der sich treu­lich der Wit­wen und Wai­sen an­ge­nom­men hat. So kam ich al­so in das Pa­ra­dies … Und …«
    »Und?« frag­te Ana­to­le, sein Ge­gen­über mit Au­gen an­star­rend, die in­fol­ge des reich­lich ge­nos­se­nen Al­ko­hols sich mit Trä­nen zu fül­len be­gan­nen.
    »Und«, sag­te der lie­bens­wür­di­ge Geist lä­chelnd, »ich fand sehr bald, daß ich es im Pa­ra­dies ein­fach nicht aus­hal­ten konn­te. Es wur­de da im­mer­fort mu­si­ziert, ver­ste­hen Sie wohl, es gab Mu­sik vom Mor­gen bis Abend und vom Abend bis Mor­gen, Mu­sik bei Tag und bei Nacht und al­le­zeit, oh­ne Gna­de und Barm­her­zig­keit. Da­bei im­mer nur klas­si­sche Mu­sik! Wenn man we­nigs­tens mal ei­ne Oper ge­hört hät­te, ach, die schlech­tes­te Oper mit den min­der­wer­tigs­ten Sän­gern, die mei­net­we­gen auch noch falsch ge­sun­gen hät­ten! Es wä­re doch mal ei­ne Ab­wechs­lung ge­we­sen. Da­zu dann erst dies Pu­bli­kum! Es gab nur streng tu­gend­haf­te Leu­te da, de­ren Ehr­bar­keit so in­takt war, daß man da­vor hät­te flie­hen mö­gen – gleich­viel wo­hin. Ich ha­be mich da mei­nes ei­ge­nen tu­gend­haf­ten Le­bens­wan­dels schä­men ge­lernt. Ich ha­be es er­tra­gen, so gut ich konn­te, vier Mo­na­te und acht Ta­ge lang, da ging es nicht mehr und ich ha­be Fer­sen­geld ge­ge­ben. Als St. Pe­trus mir die Him­mels­pfor­te auf­ge­schlos­sen, da ha­be ich ihm wohl an­ge­se­hen, wie gern er mei­nem Bei­spie­le ge­folgt wä­re, und als ich her­aus­ging, sag­te er in trau­ri­gem, neid­er­füll­ten To­ne:
    ›Sie ha­ben ge­nug da­von, was? … Sie ma­chen sich da­von. Ich woll­te nur, daß ich das auch tun könn­te. Die­se ver­damm­te hei­li­ge Mu­sik! Vol­le acht­zehn­hun­dert Jah­re ha­be ich das Ge­du­del nun schon an­hö­ren müs­sen.‹
    Na, und ich bin dann zur Höl­le her­ab­ge­stie­gen.«
    Ana­to­le, der sich ge­ra­de einen in Eis ge­kühl­ten Küm­mel zu Ge­mü­te ge­führt hat­te, spitz­te die Oh­ren. »Nun und ist es in der Höl­le amüsant?«
    »Das will ich mei­nen«, sag­te das Ge­spenst bit­ter, so­gar sehr amüsant. Aber – na­tür­lich – es ist da auch nicht ein Platz mehr frei. Al­les über­füllt. Ich hat­te ei­ne sehr gu­te Emp­feh­lung und ha­be mich be­müht, ei­ne Stel­le als Un­ter­teu­fel zu be­kom­men, aber der Chef des Per­so­nals hat mir ganz of­fen ge­sagt, daß ich nicht dar­auf rech­nen kön­ne. Es ha­ben sich 11 780 212 Kan­di­da­ten vor mir da­zu ge­mel­det, oh­ne von de­nen zu spre­chen, die die ers­ten be­rech­tigts­ten An­sprü­che auf An­stel­lung ha­ben. Es war­ten noch drei Päps­te und sieb­zehn Kö­ni­ge, wo­von zwei Ne­ger sind, dar­auf. Da­mit ist al­les ge­sagt.«
    »Da hast du

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