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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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»ich wuß­te nicht … In der Tat, man er­zählt sich, und Sie ha­ben doch auch ganz ge­wiß da­von ge­hört, daß es in die­sem Hau­se spukt, und da es mei­nem Freun­de Pont ge­hört – Sie ken­nen Herrn Pont?«
    »Sehr gut«, sag­te der al­te Herr, »sehr gut, aber neh­men Sie doch ein Gläs­chen Co­gnac?«
    »Dann«, sag­te Ana­to­le, »wun­dert es mich nur, daß ich Sie nie­mals dort ge­trof­fen ha­be. Nein, dan­ke, ich neh­me kei­nen Zu­cker in den Co­gnac. – Und wie kom­men Sie hier­hin?«
    »Ei­ne Zi­gar­re?« bot der al­te Herr freund­lich an und schob Ana­to­le das Kist­chen zu.
    »Sehr gern. Nicht wahr, ich sag­te Ih­nen schon, daß ich hier­her ge­kom­men bin, weil man mir er­zählt hat, es spu ke in die­sem Hau­se? … Pont hat es mir üb­ri­gens nicht mit­ge­teilt, daß wir die Nacht zu zwei­en ver­brin­gen wür­den … Ich bin üb­ri­gens sehr er­freut dar­über«, füg­te er hin­zu, sein Glas lee­rend und so­gleich wie­der fül­lend, denn der Co­gnac war vor­züg­lich und Ana­to­le war geis­ti­gen Ge­trän­ken durch­aus nicht ab­hold. »Ha­ben Sie mich viel­leicht hier er­war­tet?«
    »Ja«, sag­te der an­de­re.
    »Nun, ich fin­de, daß Pont mich da­von hät­te be­nach­rich ti­gen kön­nen«, mein­te Ana­to­le, ei­ne Zi­gar­re an­ste­ckend, »wirk­lich, das fin­de ich.«
    »Aber er hat es doch ge­tan«, sag­te der al­te Herr ru­hig.
    »So? Nun, je­den­falls ha­be ich kei­ne Bot­schaft von ihm er­hal­ten – – und, das ist ei­gent­lich et­was pein­lich für mich, denn ich kom­me mir hier bei­na­he wie ein Ein­dring­ling vor …«
    »Aber kei­nes­wegs, ganz ge­wiß nicht.«
    Und der al­te Herr lä­chel­te noch lie­bens­wür­di­ger wie vor­her.
    »Doch, ganz ge­wiß«, er­klär­te Ana­to­le wür­de­voll, »es ist pein­lich – wenn man ein­an­der nicht kennt –« Er mach­te ei­ne Pau­se in der Hoff­nung, daß der an­de­re sich nun vor­stel­len wür­de. Dies ge­sch­ah je­doch nicht und Ana­to­le leer­te, um sei­ne Ver­le­gen­heit zu ver­ste­cken, sein Glas und füll­te es wie­der.
    »Aus­ge­zeich­net«, sag­te er, »ganz aus­ge­zeich­net – aber da wir uns bei­de zum Zwe­cke ei­ner wis­sen­schaft­li­chen Un­ter­su­chung hier zu­sam­men­ge­fun­den ha­ben, er­lau­be ich mir, Sie zu fra­gen, was Sie denn über die Ge­spens­ter­ge­schich­ten den­ken, die man über die­ses Haus er­zählt? Man hat mir be­son­ders von dem spuk­haf­ten Er­schei­nen ei­nes al­ten Dumm­kop­fes, ei­nes frü­he­ren Mie­ters zu be­rich­ten ge­wußt. Ganz ge­wiß ist, daß dies Haus sehr im Ver­ru­fe steht und sich da­her nicht ver­mie­ten läßt. Eben­so steht fest, daß al­le, die es ver­sucht ha­ben, ei­ne Nacht dar­in zu ver­brin­gen, wie das jetzt un­ser Vor­ha­ben ist, es nicht zum zwei­ten Ma­le ge­wagt ha­ben. Aber was ist der Grund all die­ses Ge­re­des? Wes­halb spukt es in die­sem Hau­se und was für ein Geist geht dar­in um?«
    »Ich«, sag­te ru­hig der al­te Herr, Ana­to­le über sei­ne Bril­lenglä­ser weg an­se­hend.
    »Sie«, rief Ana­to­le be­stürzt, »Sie scher­zen wohl?«
    »Nein«, sag­te der al­te Herr, »das ist kein Scherz. Es ist Wahr­heit. Ich bin es, den Sie eben erst den Geist ei­nes al­ten Dumm­kop­fes und frü­he­ren Mie­ters ge­nannt ha­ben.«
    »Teu­fel … Teu­fel auch«, mur­mel­te Ana­to­le, in sein Glas se­hend.
    »Nein«, sag­te der al­te Herr.
    »Wie­so, nein?« frag­te Ana­to­le.
    »Nein, ich bin nicht der Teu­fel; ich bin ein Ge­spenst, wenn Sie so wol­len, ein Phan­tom, ein Schat­ten, ein Geist – al­les, wie es Ih­nen ge­fällt – aber ich bin nicht der Teu­fel.«
    »Das … das ge­fällt mir nicht«, ge­stand Ana­to­le be­un­ru­higt. »Au­ßer­dem ver­ste­he ich nicht – – –«
    Er nahm aber­mals sei­ne Zu­flucht zu ei­nem Gläs­chen Co­gnac.
    »Sie wer­den bald ge­nug ver­ste­hen«, sag­te das Ge­spenst her­ab­las­send. »Ich ha­be vor et­wa fünf­zehn Jah­ren, als ich noch sehr le­ben­dig war, dies klei­ne Haus ge­mie­tet und elf Jah­re dar­in ge­wohnt. Vor vier Jah­ren bin ich ge­stor­ben. Da bin ich na­tür­lich in ei­ne an­de­re Welt ein­ge­tre­ten, in der ich je­doch aus per­sön­li­chen Grün­den nicht dau­ernd blei­ben konn­te.

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