18 Geisterstories
hin und wieder Verwendung dafür gehabt.
Der Geist von
Frederic Boutet
In Nachschlagewerken und Literaturgeschichten sucht man seinen Namen meist vergeblich, obwohl viele seiner fantastisch-okkulten Erzählungen in Zeitschriften und Magazinen häufig abgedruckt wurden. Persönliche Daten, die Aufschluß über seine Biographie geben könnten, fehlen weitgehend. Eine Auswahl aus seinen unheimlichen Geschichten in deutscher Übersetzung (›Die Dame in Grün‹, 1971) ist inzwischen wieder vergriffen. Dennoch wird man sich seines Namens als Autor beklemmender makabrer Fantasien auch heute noch gern erinnern.
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Es war zehn Uhr abends, als Anatole vor dem verrufenen Hause ankam, in dem es spuken sollte. Er war ein tapferer junger Mann und ganz darauf vorbereitet, den größten Gefahren zu begegnen und das außerordentlichste Abenteuer zu bestehen.
Dank der ihm gemachten Beschreibungen erkannte er das Haus ohne Mühe; es lag in einer kleinen verödeten Straße und war von einem Garten umgeben, dessen hohe Mauern es von den Nachbarhäusern isolierten. Vor der Türe war eine Tafel angebracht, auf der mit großen Buchstaben die Worte: ›Zu vermieten‹ geschrieben standen. Es schien jedoch, als ob keiner geneigt wäre, von dieser Mitteilung Gebrauch zu machen.
»Hier ist es«, sagte Anatole, der ein wenig aufgeregt zu sein schien und alles mit scharfem Blick prüfte. »Hier ist es! Ich werde mir nichts vorschwindeln lassen.«
Er hatte einen Schlüssel zu der über der Freitreppe befindlichen Türe. Er öffnete und betrat den großen Hausflur, auf dem er sich beim Lichte eines Wachsstreich hölzchens behutsam zu einer Steintreppe vorwärts tastete.
»Es soll in dem großen, rechts gelegenen Räume der ersten Etage sein«, murmelte er, während er behutsam die Treppen hinaufschritt. »Dort ist, wie es scheint, der Ort ihres Stelldicheins. Gehen wir also dorthin. Sie irren gewaltig, wenn sie denken, uns mit ihren Taschenspieler- und Gauklerstücken Angst machen zu können.«
Er hatte die erste Etage erreicht und bemühte sich, beim letzten verglimmenden Scheine seines Wachslichtchens die kupferne Klinke einer rechts befindlichen Türe niederzudrücken.
»Herein«, rief ihm da plötzlich aus dem Innern des Zimmers eine freundliche Stimme entgegen.
»Halt, da ist jemand«, murmelte Anatole ganz erstaunt und öffnete die Tür. Das große, höchst behaglich eingerichtete Zimmer wurde durch den hellen Schein eines in einem großen Kamin brennenden Feuers, sowie durch das Licht zweier auf dem Tisch stehender Armleuchter freundlich erhellt. Auf dem mitten im Zimmer stehenden Tische waren Likörflaschen und Gläser aufgestellt, während ein alter, sehr gut gekleideter Herr mit kahlem Kopfe bequem in einem grünen Sessel ruhte und sich die Füße am Feuer wärmte. Er hielt ein auseinander gefaltetes Zeitungsblatt in den Händen und blickte über seine Brille wegsehend, Anatole freundlich entgegen. Neben ihm auf einem Stuhle stand ein hoher Hut, in dem ein Seidentuch und Handschuhe steckten; daneben lag ein Stock mit silbernem Knopfe. Sein Überzieher hing über der Lehne des Stuhles. Der alte Herr rauchte eine Zigarre und blick te den etwas verlegen eintretenden jungen Mann lächelnd an.
»So kommen Sie doch näher, mein lieber Herr Dono re«, sagte er zu Anatole.
Halt, er kennt mich, wer mag das wohl sein? dachte dieser, ein wenig verwirrt nähertretend.
»Setzen Sie sich doch, bitte«, sagte der alte Herr.
»Danke«, und Anatole nahm auf dem anderen vor dem Tische stehenden Sessel Platz, der seiner zu harren schien.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe«, fuhr er fort,
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